Schrifttum:
Schön, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen des SA-Abzugs von KiSt-Erstattungen (§ 10 Abs 1 Nr 4 EStG), DStZ 1997, 385;
Biber, Bemessungsgrundlage für die KiSt – Liquiditätseffekte und Schattenveranlagung, EStB 2002, 112;
Günther, Steuerfolgen bei überzahlter KiSt – volle Auswirkung durch rückwirkendes Ereignis, EStB 2002, 371;
Braun, KiSt in Bayern – Nachforderungen bei glaubensverschiedenen Ehen wegen Eheschließung, DStZ 2004, 122;
Endriss, Der Rücktrag erstatteter KiSt, DStR 2005, 1171;
Walter, Rücktrag erstatteter KiSt – oder: Sollten wir die Kirche nicht im Dorf lassen?, StB 2006, 289;
Eggesieker/Ellerbeeck, Zeitliche Zuordnung von KiSt-Erstattungen, FR 2008, 1087;
Thouet, Rechtswidrige Änderungsbescheide bei KiSt-Erstattungsüberhängen, DStR 2008, 29;
Tiedke/Szczesny, Behandlung von Aufwendungen, die dem StPfl in späteren VZ ganz oder teilweise erstattet werden, FR 2008, 996;
von Arps-Aubert, Praxisprobleme bei der Ermittlung der als SA abzugsfähigen KiSt, DStR 2011, 1548.
A. Allgemeines
Rn. 286
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Nach § 10 Abs 1 Nr 4 Hs 1 EStG ist die gezahlte KiSt als SA abziehbar. Die Abziehbarkeit der KiSt ist verfassungsrechtlich nicht geboten (H/H/R, § 10 EStG Rz 130; Wernsmann, StuW 1998, 317; aA Kirchhof, DStZ 1986, 25). Sie lässt sich jedoch damit rechtfertigen, dass die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften Zwecken dienen, die, wie § 54 AO zeigt, steuerrechtlich förderungswürdig sind (H/H/R, § 10 EStG Rz 130; s auch Schön, DStZ 1997, 385). Dagegen begründet Söhn die Abziehbarkeit der KiSt als SA damit, dass für große Teile der Bevölkerung die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft und die daraus folgende Minderung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Zahlung der KiSt faktisch auf weltanschaulichem, sittlichem oder moralischem Zwang beruht (vgl Söhn in K/S/M, § 10 EStG Rz G 5; Söhn, DStZ 1997, 385).
Ein faktischer Zwang aufgrund einer inneren Verpflichtung führt jedoch nicht zwangsläufig zur Abziehbarkeit entsprechender Aufwendungen (H/H/R, § 10 EStG Rz 130). Hinzu kommt, dass die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft freiwillig besteht und rechtlich jederzeit durch Austritt beendet werden kann (Lindberg in Frotscher/Geurts, § 10 EStG Rz 116).
B. Religionsgemeinschaften iSd § 10 Abs 1 Nr 4 Hs 1 EStG
Rn. 287
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
KiSt sind nur Zahlungen, die die gemäß Art 140 GG iVm Art 137 Abs 6 Weimarer Reichverfassung (WRV) als Körperschaften des öffentlich Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erheben. Die Anerkennung gezahlter KiSt als SA kann von diesem innerdeutschen Rechts- und Verfassungszustand nicht gelöst werden (BFH BStBl II 1975, 708).
§ 10 Abs 1 Nr 4 Hs 1 EStG erfasst allerdings nicht nur inländische Körperschaften. KiSt-Zahlungen an Religionsgemeinschaften, die in einem anderen EU-Staat oder EWR-Staat belegen sind und die bei Inlandsansässigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzuerkennen wären, sind ebenfalls als SA abziehbar (BMF BStBl I 2010, 1311).
Die anerkannten Religionsgemeinschaften sind in der Anlage zu BMF v 16.11.2010, BStBl I 2010, 1311 aufgelistet. Soweit Religionsgemeinschaften zwar in einem EU-Staat oder EWR-Staat ansässig sind, jedoch nicht in der Anlage des oa BMF-Schreibens aufgeführt sind, sind für die fiktive Einordnung als Körperschaft des öffentlichen Rechts die zuständigen Innen- oder Kultusbehörden einzubeziehen (BMF BStBl I 2010, 1311). Im Übrigen können Zahlungen an ausländische Religionsgesellschaften nicht als SA abgezogen werden (vgl BFH BStBl II 1975, 708).
C. KiSt iSd § 10 Abs 1 Nr 4 Hs 1 EStG
Rn. 288
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
KiSt iSd § 10 Abs 1 Nr 4 Hs 1 EStG sind nur Geldleistungen. Die KiSt wird idR als Zuschlagsteuer zur ESt bzw LSt (§ 51a EStG) erhoben. Auch das Kirchgeld, das zB in Nordrhein-Westfahlen von Kirchenmitgliedern, die in glaubensverschiedener Ehe leben, nach dem landesrechtlichen KiStG erhoben wird, ist als SA abziehbar. Steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs 4 AO) zur KiSt, wie zB Zinsen gemäß §§ 233ff AO, können nicht nach § 10 Abs 1 Nr 4 Hs 1 EStG berücksichtigt werden.
Rn. 289
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Keine KiSt sind freiwillige Beiträge, die an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften oder andere religiöse Gemeinschaften entrichtet werden, sog Kirchenbeiträge. Nach R 10.7 Abs 1 EStR 2012 und H 10.7 EStH 2018 sind Kirchenbeiträge der Mitglieder von Religionsgemeinschaften, die mindestens in einem Bundesland als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind, aber während des ganzen Kj keine KiSt erheben, wie KiSt-Zahlungen als SA zum Abzug zuzulassen. Nach R 10.7 Abs 1 EStR 2012 ist der Abzug bis zur Höhe der KiSt zulässig, die in dem betreffenden Land von den als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften erhoben wird. Der höchstmögliche Abzug beträgt 8 % bzw 9 % der festgesetzten ESt auf das um die Beiträge geminderte zvE. § 51a Abs 1 und 2 EStG sind anzuwenden (H 10.7 EStH 2018, vgl auch BFH BStBl II 2003, 281). Voraussetzung ist, dass der StPfl nicht gleichzeitig zur Zahlung von KiSt...