Dr. Carl Ulrich Hildesheim
A. Anwendung der lohnsteuerlichen Vorschriften (§ 100 Abs 5 Nr 1 EStG)
Rn. 28
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
In § 100 Abs 5 EStG sind die Vorschriften aufgeführt, die für den Förderbetrag entsprechend anzuwenden sind. Enumerativ aufgeführt sind
- die Aufzeichnungspflichten beim LSt-Abzug, § 41 EStG
- die Vorschriften zur Anmeldung und Abführung der LSt, § 41a EStG
- die Vorschriften zur Anrufungsauskunft, § 42e EStG
- LSt-Außenprüfung, § 42f EStG
- LSt-Nachschau, § 42g EStG (vgl zum Ganzen auch Eisgruber in Kirchhof/Seer, § 100 EStG Rz 7 (22. Aufl. 2023)).
Zu den Aufzeichnungspflichten gehört das Führen des Lohnkontos. Im Lohnkonto ist nunmehr auch das Vorliegen der Voraussetzungen für den Förderbetrag nach § 100 EStG zu dokumentieren (§ 4 Abs 2 Nr 7 LStDV).
Zu den aufzuzeichnenden Voraussetzungen gehört
- neben der Höhe des Arbeitslohnes (iSv "Geringverdiener")
- der Nachweis, dass mindestens EUR 240 eingezahlt wurden,
- der Altersvorsorgevertrag eine Rente oder einen Auszahlungsplan vorsieht und
- die Vertriebskosten als fester Bestandteil der laufenden Beiträge abgerechnet werden.
Im Ergebnis wird der Altersvorsorgevertrag mit seinen wesentlichen Bestandteilen Teil des Lohnkontos.
Der ArbG hat der Versorgungseinrichtung (Pensionsfonds, Pensionskasse, Direktversicherung) spätestens zwei Monate nach Ablauf des Kj oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Laufe des Kj die für den einzelnen ArbN geleisteten und neben den steuerfreien Beträgen nach § 3 Nr 56 und 63 EStG auch die nach § 100 Abs 6 S 1 EStG steuerfreien Beiträge mitzuteilen (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 LStDV). Unterbleibt die Mittelung und kann die Versorgungseinrichtung auch nicht aus anderen Unterlagen erkennen, dass insoweit steuerfreie Beiträge geleistet wurden, unterliegt die spätere auf diesen geleisteten Beiträgen beruhende Auszahlung der vollen Besteuerung als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr 5 S 1 EStG.
Die Geltendmachung des Förderbetrages kann somit sowohl iRd LSt-Außenprüfung als auch einer LSt-Nachschau von der FinVerw überprüft werden. Der ArbG hat das Recht, bei seinem Betriebsstätten-FA eine Anrufungsauskunft zu stellen. Der ArbN ist zwar im Falle der Ermittlung des Abzugsbetrages nur mittelbar beteiligt, er kann aber ebenfalls die Anrufungsauskunft stellen (s § 42e Rn 18 (Pust)).
Die LSt-Anmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, § 169 iVm § 164 AO, so dass eine Änderung jederzeit möglich ist. Da bei Wegfall der Voraussetzungen keine rückwirkende Korrektur erfolgt, sondern nur jeweils eine in der nächsten LSt-Anmeldung, werden sich in der Praxis Änderungen auf Ermittlungsfehler des ArbG oder Korrekturen durch die FinVerw beschränken. Bei fehlerhaft geltend gemachten Förderbeträgen wird die ursprüngliche LSt-Anmeldung korrigiert.
B. Anwendung der AO (§ 100 Abs 5 Nr 2 und 3 EStG)
Rn. 29
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Der Förderbetrag nach § 100 EStG ist keine Steuer, sondern ein aus sozialpolitischen Erwägungen geschaffener und im EStG kodifizierter Anspruch eines ArbG bei Zahlungen von im Gesetz kodifizierten Beiträgen zugunsten seines ArbN. Aus Vereinfachungsgründen wurde die Verrechnung mit LSt-Zahlungen gewählt, obgleich der Förderbetrag keine Anknüpfung zur LSt hat. Um die Gewährung des Förderbetrages verfahrensrechtlich in die Steuersystematik einzubinden, wurden die Vorschriften der AO per Gesetz für anwendbar erklärt (§ 100 Abs 5 Nr 2 und 3 EStG).
In erster Linie sollen die Vorschriften für die Steuervergütungen auf den Förderbetrag angewandt werden (§ 100 Abs 5 Nr 2 EStG), jedoch mit Ausnahme der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO), da es aufgrund der Anknüpfung des Förderbetrages an die Beitragszahlung des ArbG insoweit keiner Billigkeitserwägungen bedarf. Der Förderbetrag wird in der LSt-Anmeldung geltend gemacht und steht als Annex der Anmeldung automatisch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 168 S 1 AO). Liegt eine negative LSt-Festsetzung vor, zB durch Geltendmachung hoher Förderbeträge, so muss das FA der Steueranmeldung zustimmen (§ 168 S 2 AO).
Rn. 30
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Im Einzelnen sind die Vorschriften zur Außenprüfung (§§ 195–203 AO) für die Prüfung des Förderbetrages anzuwenden. Des Weiteren sind die wesentlichen Strafvorschriften auf den Förderbetrag anwendbar. Dies sind die Vorschriften zur Steuerhinterziehung (§ 170 Abs 1–4 AO) und der Selbstanzeige (§ 171 AO) sowie Nebenfolgen einer Steuerhinterziehung (§ 175 Abs 1 AO) und der Verfolgungsverjährung (§ 376 AO).
Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Förderbetrages, begangen bspw durch das Ausstellen unzutreffender Belege, können eine leichtfertige Steuerverkürzung sein. Die Bußgeldvorschriften gelten auch für Taten im Zusammenhang mit dem Förderbetrag (leichtfertige Steuerverkürzung und Steuergefährdung, §§ 378 und 379 AO), so dass bei der Geltendmachung des Förderbetrages eine hohe Sorgfaltspflicht erforderlich ist. ArbG sollten deshalb die von den ArbN und den Versorgungsträgern vorgelegten Unterlagen genau auf die Voraussetzungen zur Gewährung des Förderbetrages prüfen. Der geschäftsmäßige Erwerb von ...