A. Vertrauensschutz des StPfl (§ 10b Abs 4 S 1 EStG)
Rn. 260
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Der gutgläubige StPfl, der eine Zuwendung zur Förderung eines der in § 10b Abs 1 S 1 EStG genannten steuerbegünstigten Zwecke an einen in der Vorschrift genannten Zuwendungsempfänger erbracht hat, darf grds auf die Richtigkeit der Bestätigungen des Empfängers über die Spenden und Mitgliedsbeiträge vertrauen, sofern im Falle der Richtigkeit der Angaben die Zuwendungen abziehbar wären. Es wird zugunsten des StPfl dessen Vertrauen in eine dem StPfl vorliegende Zuwendungsbestätigung geschützt, die vom Empfänger der Zuwendung stammt (§ 10b Abs 4 S 1 Hs 1 EStG), es sei denn, der StPfl ist bösgläubig (§ 10b Abs 4 S 1 Hs 2 EStG), s Rn 265, oder genießt aus anderen Gründen keinen Vertrauensschutz, s Rn 264. Die Zuwendungsbestätigung, bei der es sich um eine schriftliche oder auch um eine der FinBeh elektronisch übermittelte Bestätigung des Zuwendungsempfängers handeln kann, Kulosa in H/H/R, § 10b EStG Rz 141 (Oktober 2019), muss formell ordnungsgemäß sein. Das FA darf den Sonderausgaben-Abzug nach § 10b Abs 1, 1a o 2 EStG nicht mit der Begründung versagen, die Angaben in der Zuwendungsbestätigung seien nicht zutreffend oder nicht nachgewiesen, Brandl in Brandis/Heuermann, § 10b EStG Rz 140 (Mai 2021). Zudem darf die Steuerfestsetzung nicht nach §§ 173, 175 AO aufgehoben oder geändert werden, wenn der Zuwendungsempfänger das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Spendenabzug bescheinigt hat, diese aber tatsächlich nicht vorlagen oder später weggefallen sind, Seer in Kirchhof/Seer, § 10b EStG Rz 70 (21. Aufl).
Zum Vertrauensschutz bei Vorliegen eines vereinfachten Zuwendungsnachweises nach § 50 Abs 4 o Abs 6 EStDV s Rn 261; zum Vertrauensschutz bei von in EU- oder EWR-Staaten belegenen Zuwendungsempfängern erteilten schriftlichen Bestätigungen s Rn 262.
Rn. 261
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Eine analoge Anwendung des § 10b Abs 4 S 1 EStG hat dann zu erfolgen, wenn die FA gemäß § 50 Abs 4 o 6 EStDV oder aufgrund einer allgemeinen Verwaltungsanweisung den Abzug nach § 10b EStG auch ohne die Vorlage einer Zuwendungsbestätigung gewähren und der StPfl deshalb auf die Ausstellung einer Zuwendungsbestätigung verzichtet hat; dies gilt allerdings nur in den Fällen, in denen der Zahlungsbeleg Angaben über einen steuerbegünstigten Verwendungszweck und die Steuerbefreiung des Zuwendungsempfängers enthält, Kulosa in H/H/R, § 10b EStG Rz 141 (Oktober 2019); aA Brandl in Brandis/Heuermann, § 10b EStG Rz 142 (Mai 2021): der Zuwendungsbeleg muss diese Angaben nicht enthalten. Auch in diesem Fall kommt es für die Gutgläubigkeit auf den Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung an, aA Brandl in Brandis/Heuermann, § 10b EStG Rz 142 (Mai 2021): Gutgläubigkeit im Zeitpunkt der Zuwendung. Nach Auffassung von Seer in Kirchhof/Seer, § 10b EStG Rz 68 (21. Aufl) soll der vereinfachte Zuwendungsnachweis nach § 50 Abs 4 u 6 EStDV hingegen keinen Vertrauensschutz vermitteln, weil § 50 Abs 1 S 1 EStDV zwischen einer Zuwendungsbestätigung und den in § 50 Abs 4, Abs 6 EStDV bezeichneten Unterlagen unterscheidet.
Rn. 262
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Ob § 10b Abs 4 S 1 EStG auch in dem Fall analog anzuwenden ist, dass ein Zuwendungsempfängern mit Sitz in einem EU-/EWR-Staat eine schriftliche Bestätigung über die empfangene Zuwendung erteilt und das FA diese daraufhin als Sonderausgaben berücksichtigt, ist streitig; bejahend Brandl in Brandis/Heuermann, § 10b EStG Rz 140 (Mai 2021); Kulosa in H/H/R, § 10b EStG Rz 141 (Oktober 2019); aA Seer in Kirchhof/Seer, § 10b EStG Rz 67 (21. Aufl); Hüttemann/Helios, DB 2009, 701; Hüttemann, FR 2012, 241. Da der Vertrauensschutz mit der Ausstellerhaftung inländischer Körperschaften nach § 10b Abs 4 S 2 EStG korreliert und ausländische Körperschaften ebenfalls der Haftung nach § 10b Abs 4 S 2 EStG unterfallen (Kulosa in H/H/R, § 10b EStG Rz 141 (Oktober 2019); Heinicke in Schmidt, § 10b EStG Rz 62 (41. Auf), ist § 10b Abs 4 S 1 EStG analog auf Bestätigungen ausländischer Zuwendungsempfänger anzuwenden.
Rn. 263
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Eine Bestätigung ist dann unrichtig, wenn ihr Inhalt in Bezug auf die für den Sonderausgaben-Abzug wesentlichen Angaben nicht der objektiven Sach- und Rechtslage entspricht, BFH v 02.08.2006, XI R 6/03, BStBl II 2007, 8; H 10b.1 EStH 2020 "Spendenhaftung"; Herkens, EStB 2017, 328, 329. Dabei umfasst der Vertrauensschutz neben Art, Höhe und Zeitpunkt der Zuwendung, den Fortbestand der persönlichen Voraussetzungen des Empfängers (Empfangsberechtigung, Befreiung von der KSt, Fortgeltung des KSt-Freistellungsbescheids oder der vorläufigen Anerkennung der Gemeinnützigkeit), die Verwendung der Zuwendung zu einem steuerbegünstigten Zweck sowie die Einordnung als (unentgeltliche) Zuwendung, selbst wenn es sich um ein Entgelt für eine Leistung handelt, BFH v 12.08.1999, XI R 65/98, BStBl II 2000, 65; BFH v 02.08.2006, XI R 6/03, BStBl II 2007, 8; BFH v 26.04.2002, XI R 30/01, BFH/NV 2002, 1029; Heinicke in Schmidt, § 10b EStG Rz 52 (41. Aufl). Auch eine Bestätigun...