A. Bedeutung der Vorschrift
Rn. 1
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
§ 10g EStG erlaubt es, bei bestimmten schutzwürdigen Kulturgütern über zehn Jahre insgesamt 90 % der begünstigten Aufwendungen "wie" Sonderausgaben geltend zu machen. Es muss sich um eigene, inländische Kulturgüter des StPfl handeln, die nicht rein privat genutzt werden, sondern grds in zumutbarem Umfang der Öffentlichkeit oder der wissenschaftlichen Forschung zugänglich sind. Begünstigt sind Investitionen in Herstellungs- und Erhaltungsmaßnahmen, die nach Maßgabe der Bestimmungen der Denkmal- oder Archivpflege erforderlich sind und in Abstimmung mit der dafür zuständigen Behörde durchgeführt werden.
Rn. 2
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Der Sonderausgabenabzug setzt voraus, dass die Kulturgüter nicht zur Einkünfteerzielung eingesetzt oder zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden (§ 10g Abs 2 S 1 EStG). Im Bereich der Einkünfteerzielung kommt ein Abzug als BA oder WK in Betracht, bei Baudenkmalen ggf als erhöhte AfA nach § 7i EStG oder durch eine anderweitige Verteilung des Erhaltungsaufwands (§ 11b EStG). Wenn zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude oder Teile davon als Baudenkmale eingestuft sind, erfolgt der Sonderausgabenabzug nach dem vorrangigen § 10f EStG.
Rn. 3
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Die Vorschrift hat einen Subventionszweck. Sie verschafft dem StPfl durch den Sonderausgabenabzug Liquiditätserleichterungen und soll damit die Bereitschaft fördern, aus Sicht der Denkmal- und Archivpflege und damit im öffentlichen Interesse schutzwürdige Kulturgüter zu erhalten. Der Begünstigungszweck ist iRd Auslegung zu berücksichtigen (s BFH vom 03.06.1997, IX R 24/96, BFH/NV 1998, 155; Pfirrmann in Kirchhof, § 10g EStG Rz 1 (22. Aufl)). § 10g EStG ist Teil der steuerlichen Förderung von Kulturgütern im Privatbesitz und ergänzt die Förderung nach § 7i EStG, § 10f EStG und § 11b EStG.
Rn. 4
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Rechtspolitisch überdenkenswert ist die Beschränkung der Förderung auf mindestens 20-jährigen Familienbesitz bei beweglichen Kulturgütern, wenn keine Verzeichniseintragung vorliegt (§ 10g Abs 1 S 2 Nr 4 EStG). Das Interesse der Öffentlichkeit an der Erhaltung schutzwürdiger Kulturgüter besteht unabhängig von der Dauer des Besitzes des StPfl. Ein Eigentumswechsel kann bei unzureichender Pflege des Kulturgutes durch den Vorbesitzer zudem im öffentlichen Interesse liegen (s Lüdemann in K/S/M, § 10g EStG Rz A 65 (Dezember 2019); Kaligin in Lademann, § 10g EStG Rz 8 (Juli 2012)).
B. Entstehungsgeschichte
Rn. 5
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§ 10g EStG ist durch das StÄndG 1992 vom 25.02.1992 (BGBl I 1992, 297) neu in das EStG eingefügt worden. Damit wurde eine Billigkeitsregelung der FinVerw auf der Grundlage von § 33 EStG abgelöst (s FinMin BdW vom 24.11.1972, BStBl I 1973, 2). Durch das HBeglG 2004 vom 29.12.2003 (BGBl I 2003, 3076) ist die Vorschrift geändert worden. Die zeitlich über insgesamt zehn Jahre gestreckte Abziehbarkeit von früher 100 % der geförderten Aufwendungen wurde ab dem VZ 2004 auf 90 % verringert. Die ursprünglich dagegen geltend gemachten formellen verfassungsrechtlichen Bedenken wurden durch das Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des HBeglG 2004 vom 05.04.2011 (BGBl I 2011, 554) ausgeräumt (s § 10f Rn 3 (Schindler)).
Rn. 6
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Anschließend ist § 10g EStG nur noch geringfügig geändert worden. In § 10g Abs 2 S 2 EStG (Verbot der Doppelförderung) wurde der Verweis auf § 7 FördG im Zuge der Aufhebung des FördG gestrichen und in § 10g Abs 3 S 3 EStG wurde die Schreibweise des Wortes "Behörde" in "Behörden" korrigiert (Art 68, Art 123 Abs 6 BundesRBereinG vom 08.07.2016, BGBl I 2016, 1594).
Mit der Neuregelung des Kulturschutzrechtes durch das KGSG vom 31.07.2016 (BGBl I 2016, 1914) wird in § 10g Abs 1 S 2 Nr 4 EStG nur noch auf das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach § 7 KGSG abgestellt (früher § 1 KultgSchG), weil das vorherige zusätzliche Verzeichnis national wertvoller Archive gemäß § 10 KultgSchG durch das KGSG abgeschafft wurde. In das Verzeichnis nach § 7 KGSG können jetzt auch Archive eingetragen worden, die vom Kulturgutbegriff des § 2 Abs 1 Nr 10 KGSG erfasst werden.
C. Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rn. 7
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§ 10g EStG ist in anspruchsbegründender und in anspruchsausschließender Hinsicht mit anderen Normen verknüpft:
- Für den Sonderausgabenabzug ist in positiver Hinsicht erforderlich, dass die Kulturgüter nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften des Denkmalschutzrechts, des Archivrechts und des sonstigen Rechts oder nach dem KGSG als solche unter Schutz gestellt sind (§ 10g Abs 1 S 2 Nr 1–4 EStG).
- Bei Baudenkmalen oder Gebäuden sowie Gebäudeteilen im sog Ensembleschutz ist § 7i Abs 1 S 1–4 EStG sinngemäß anzuwenden (§ 10g Abs 1 S 3 Hs 2 EStG). Die Baumaßnahmen müssen deshalb zur Erhaltung oder sinnvollen Nutzung des Gebäudes oder Gebäudeteils erforderlich sein. Im Ensembleschutz kommt es auf die Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes an.
- Wenn denkmalgeschützte Gebäude oder Ge...