A. Übersicht über die Vorschrift
Rn. 1
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
§ 11 Abs 1 S 1 EStG bestimmt für die zeitliche Zuordnung von Einnahmen das Zuflussprinzip als allgemeinen Grundsatz und ordnet Einnahmen dem Kj zu, in dem sie dem StPfl zugeflossen sind.
§ 11 Abs 1 S 2 EStG ordnet in Durchbrechung des Zuflussprinzips regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem StPfl kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj zugeflossen sind, dem Kj zu, zu dem sie wirtschaftlich gehören.
§ 11 Abs 1 S 3 eröffnet dem StPfl – in Abweichung vom Zuflussprinzip – die Möglichkeit, Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren beruhen, auf den Zeitraum zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.
§ 11 Abs 1 S 4 EStG bestimmt für Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit die Geltung von § 38a Abs 1 S 2 und 3 EStG sowie § 40 Abs 3 S 2 EStG; dies betrifft den Zuflusszeitpunkt für den laufenden (regelmäßig zufließenden) Arbeitslohn sowie für sonstige Bezüge und den Zuflusszeitpunkt für die auf den ArbN abgewälzte pauschale LSt.
§ 11 Abs 1 S 5 EStG regelt, dass in Bezug auf die Vereinnahmung die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Abs 1, § 5 EStG) unberührt bleiben.
§ 11 Abs 2 S 1 EStG bestimmt für die zeitliche Zuordnung von Ausgaben das Abflussprinzip als allgemeinen Grundsatz und ordnet Ausgaben dem Kj zu, in dem sie geleistet werden.
§ 11 Abs 2 S 2 EStG ordnet für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben die entsprechende Geltung des § 11 Abs 1 S 2 EStG an.
§ 11 Abs 2 S 3 EStG bestimmt, dass Ausgaben, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren geleistet werden, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen sind, für den die Vorauszahlung geleistet wird.
§ 11 Abs 2 S 4 EStG ordnet an, dass die Regelung des § 11 Abs 2 S 3 EStG nicht auf ein Damnum oder Disagio anzuwenden ist, soweit dies marktüblich ist.
§ 11 Abs 2 S 5 EStG bestimmt, dass § 42 AO unberührt bleibt.
§ 11 Abs 2 S 6 EStG bestimmt, dass die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Abs 1, § 5 EStG) auch in Bezug auf die Verausgabung unberührt bleiben.
B. Die Entstehungsgeschichte des § 11 EStG
Rn. 2
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
§ 11 Abs 1 EStG vom 10.08.1925 ging für den Bezug von Einnahmen noch von deren Fälligkeit und nur hilfsweise vom Zufluss aus. Erst § 11 des EStG vom 16.10.1934, RGBl I 1934, 1005, führt die im Wesentlichen noch heute geltende Fassung ein. Das EStRG 1975 fügte lediglich Abs 1 S 3 hinzu, das StEntlG 1999/2000/2002 in § 11 Abs 1 S 4 EStG "und § 40 Abs 3 S 2". Das EURLUmsG vom 09.12.2004, BGBl I 2004, 3310 fügte Abs 1 S 3 und Abs 2 S 3 als Reaktion auf BFH vom 23.09.2003, IX R 65/02, BStBl II 2005, 159 ein. Das JStG 2007 vom 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878 fügte § 11 Abs 2 S 4 EStG ein; nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/2712, 44) als gesetzliche Klarstellung. Die bisherige Regelung in § 11 Abs 2 S 3 Hs 2, wonach die Anwendung des § 42 AO unberührt bleibt, wurde zu § 11 Abs 2 S 5 EStG. Die Regelung in § 11 Abs 2 S 4 EStG ist nunmehr – wortgleich – in § 11 Abs 2 S 6 EStG zu finden.
§ 11 EStG ist gültig idF der Bekanntmachung des EStG vom 08.10.2009, BGBl I 2009, 3366.
C. Anwendungsbereich
1. Persönlicher Anwendungsbereich
Rn. 3
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
§ 11 EStG gilt sowohl für unbeschränkt, wie auch für beschränkt StPfl.
2. Sachlicher Anwendungsbereich
Rn. 4
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Der sachliche Anwendungsbereich des § 11 EStG umfasst nur die zeitliche Zuordnung steuerbarer Einnahmen und steuerlich berücksichtigungsfähiger Aufwendungen, BFH vom 20.09.2006, I R 59/05, BStBl II 2007, 756; BFH vom 07.12.2010, IX R 70/07, BStBl II 2011, 346. Für die ESt betrifft § 11 EStG die stpfl inländischen und ausländischen Einkünfte bei unbeschränkt StPfl; bei beschränkt StPfl hingegen nur die inländischen Einkünfte, vgl BFH vom 28.03.1984, I R 129/79, BStBl II 1984, 620. Vgl zur Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben beim Wechsel von der unbeschränkten in die beschränkte StPfl, BFH vom 17.04.1996, I R 78/95, BStBl II 1996, 571.
§ 11 EStG findet darüber hinaus auch für den Bereich der kstpfl Einkünfte Anwendung, und zwar soweit Körperschaften Überschusseinkünfte erzielen (§ 8 Abs 1 KStG). Da unbeschränkt stpfl KapGes als Vollkaufleute stets – durch Vermögensvergleich (§ 5 Abs 1 EStG) – zu ermittelnde Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, ist § 11 EStG gemäß § 11 Abs 1 S 4, Abs 2 S 6 EStG insoweit nicht anzuwenden (§ 8 Abs 2 KStG). § 11 EStG gilt hingegen, soweit beschränkt stpfl KapGes nach der sog isolierenden Betrachtungsweise (§ 49 Abs 2 EStG) im Ausnahmefall Einkünfte aus VuV oder aus KapVerm erzielen, Kister in H/H/R, § 11 EStG Rz 5 (April 2021).
3. Zeitlicher Anwendungsbereich
Rn. 5
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Die für Erbbauzinsen und andere Entgelte für die Nutzung eines Grundstücks geltenden Neuregelungen in § 11 Abs 1 S 3 und Abs 2 S 3 EStG, eingefügt durch das EURLUmsG vom 09.12.2004, BGBl I 2004, 3310 gelten nach § 52 Abs 30 EStG aF erstmals für Vorauszahlungen, die 2004 beginnen. Für Vorauszahlungen, die nicht eine Grundstücksnutzung betreffen, gilt nach § 52 Abs 1 EStG der Zeitpunkt des Inkrafttretens des EURLUmsG, dh auch der VZ 2004. Da der Gesetzgeber (vgl BT-Drucks 15/4050) beabsich...