Dr. Carl Ulrich Hildesheim
Rn. 8
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Soweit die Bindungswirkung der Bescheinigung der Denkmalbehörde reicht, besteht kein eigenständiges Prüfungsrecht des FA (dazu ausführlich s Rn 7 und 7a). Danach ist auch die Höhe der von der Denkmalschutzbehörde bescheinigten Aufwendungen für das FA bindend (Förster, HFR 2015, 217); die zu § 7h Abs 2 EStG ergangene BFH-Entscheidung (BFH BStBl II 2015, 367 – keine Bindung) gilt insoweit im Hinblick auf den unterschiedlichen Wortlaut des § 7i Abs 2 EStG nicht; der BFH führt dazu aus (BFH BStBl II 2015, 367):
Zitat
"Keine Bindungswirkung besteht demgegenüber in Bezug auf die Höhe der begünstigten Herstellungsaufwendungen. Bei Maßnahmen i. S. des § 7h EStG ist nämlich – anders als bei den nach § 7i EStG geförderten Baumaßnahmen an Baudenkmälern – nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass sich aus der Bescheinigung selbst auch die Höhe der begünstigten Herstellungskosten ergeben muss."
Andererseits ist aus dem zu § 7h Abs 2 EStG ergangenen Urteils BFH BStBl II 2015, 367 mE auch für den Anwendungsbereich der §§ 7i, 11b EStG zu folgern, dass das FA grds kein Recht hat zur Prüfung, ob die Baumaßnahmen zur Entstehung eines Neubaus geführt haben (s Rn 7 und Beck, NWB 2015, 1318, 1322). Zum früheren Ausnahmefall, wenn ein Hinweis in der Bescheinigung der Gemeindebörde auf das Prüfungsrecht des FA vorliegt s Rn 9.
Zum Umfang des Prüfungsrechts, also zu den grundsätzlichen Fragen, die vom FA nach dieser Maßgabe in eigener Zuständigkeit geprüft werden dürfen, wird auf s § 7i Rn 20 (Handzik) verwiesen. Vgl dazu auch OFD Ffm vom 21.12.2017, S 2198b A-4-St 242.
Fehlt die Bescheinigung der Denkmalbehörde noch, so muss das FA eine Ermessensentscheidung treffen, ob es auch ohne den Grundlagenbescheid der Denkmalschutzbehörde gemäß § 7i Abs 2 EStG (bzw § 11b EStG) einen ESt-Bescheid gemäß § 155 Abs 2 AO erlässt sowie ob und in welcher Höhe Sanierungsaufwendungen bereits gemäß § 162 Abs 5 AO zu berücksichtigen sind (BFH BStBl II 2015, 12; Schuster, jurisPR-SteuerR 48/2014 Anmerkung 1). Zur späteren Ablehnung eines Bescheides durch die Denkmalbehörde s Rn 7a aE.
Rn. 9
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die Bescheinigungsrichtlinien (nach §§ 7h und 7i EStG – hierzu s H 7h EStH 2021 "Bescheinigungsrichtlinien" – gilt aber auch für §§ 11a und 11b EStG) sowie die dazugehörigen Musterbescheinigungen sehen vor, dass in der Bescheinigung jeweils ein Hinweis auf das Prüfungsrecht der FA hinsichtlich steuerrechtlicher Fragen aufgenommen wird. Dieser Hinweis lautet wie folgt:
Zitat
"Die Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Die FinBeh prüft weitere steuerrechtliche Voraussetzungen, insbesondere die Abziehbarkeit der Aufwendungen als BA, WK oder wie Sonderausgaben und die Zugehörigkeit der Aufwendungen zu den AK oder HK, zu den WK, insbesondere zum Erhaltungsaufwand oder zu den nicht abziehbaren Kosten."
War dieser Hinweis in der Bescheinigung enthalten, oblag die abschließende Entscheidung über das Vorliegen der übrigen steuerrechtlich bedeutsamen Tatbestandsmerkmale dem FA. Dazu gehörte nach der früheren Rspr des X. Senats des BFH auch die Prüfung der steuerlichen Frage, ob ein nicht begünstigter Neubau oder begünstigte Baumaßnahmen an einem vorhandenen Gebäude vorliegen (vgl hierzu BFH vom 14.01.2004, BStBl II 2004, 711 und BMF vom 16.05.2007, BStBl I 2007, 475). Diese Rechtsauffassung hatte der BFH vom 02.09.2008, BStBl II 2009, 596 (zu § 7h Abs 2 EStG) erneut bestätigt (s auch FG BdW EFG 2012, 2110 zu § 7i EStG, bestätigt durch BFH BFH/NV 2015, 194).
Damit entfaltete beispielsweise eine Bescheinigung nach § 7i EStG für die vollständige Neuerrichtung eines Baudenkmals hinsichtlich der steuerrechtlichen Frage, ob ein nicht begünstigter Neubau vorliegt, keine Bindungswirkung, wenn in der Bescheinigung der Hinweis auf das steuerliche Prüfungsrecht der FA enthalten war. Die Begünstigung nach § 7i EStG war in diesem Fall zu versagen und eine Remonstration gegen die Bescheinigung nicht erforderlich.
Diese Rspr des X. Senats ist mit seiner Entscheidung zu § 7h EStG (BFH BStBl II 2015, 367) obsolet, und zwar auch für den Anwendungsbereich der §§ 7i, 11b EStG (so zutreffend s § 7i Rn 18a (Handzik)).