Josef Mitterpleininger, Dipl.-Finw. (FH) Sebastian Gruber
Rn. 148c
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Von der Vereinfachungsregelung nicht betroffen ist der Fall, dass ein Landwirt gezielt WG für Einsätze außerhalb seines luf Betriebs erwirbt und mit diesen eine gewerbliche Betätigung beginnt, selbst wenn das WG später auch einmal in der Landwirtschaft verwendet wird (R 15.5 Abs 9 S 4 EStR 2012). Hiervon kann grundsätzlich ausgegangen werden, wenn eine nicht betriebsübliche Spezialmaschine, zB ein Forstschlepper im reinen Landwirtschaftsbetrieb (BFH v 23.01.1992, BStBl II 1992, 951) oder eine weitere (zusätzliche) gleichartige Maschine, zB ein Mähdrescher oder Traubenvollernter, angeschafft wird, obwohl der bereits vorhandene Maschinenbestand für die Bewirtschaftung des eigenen luf Betriebs vollkommen ausreicht (BFH v 15.11.1956, BStBl III 1957, 26; BFH v 14.12.2006, BStBl II 2007, 516; BFH v 20.09.2007, BFH/NV 2008, 569).
Wird ein WG im Anschluss an eine sich ggf über Jahre erstreckende eigenbetriebliche luf Nutzung einer nunmehr außerbetrieblichen Nutzung zugeführt, indem zB ein neuer (zweiter) Mähdrescher angeschafft wird, der überwiegend für den eigenbetrieblichen Einsatz verwendet wird, während der bisherige Mähdrescher nunmehr überwiegend außerbetrieblich genutzt wird, ist ab dem Zeitpunkt der Umwidmung des (ersten) Mähdreschers von einer gewerblichen Betätigung auszugehen, denn es kann mE keinen Unterschied machen, ob speziell ein WG für den außerbetrieblichen Einsatz angeschafft wird oder ob in späteren Jahren ein solcher (Umwidmungs-)Entschluss gefasst wird.
Verwendet ein Landwirt mehrere gleichartige WG (zB Mähdrescher) zur Ausführung von Dienstleistungsumsätzen, so stellt sich die Frage, ob es der Landwirt in der Hand hat, diese nach seinem Gutdünken den einzelnen Betrieben zuzuordnen, oder ob es geboten ist, von einem einheitlichen (gewerblichen) Dienstleistungsunternehmen auszugehen.
Beispiel:
Landwirt A erzielt einen maßgeblichen Umsatz im Wj von 150 000 EUR; darin sind Dienstleistungsumsätze (Lohndreschen mit einem Mähdrescher) iHv 45 000 EUR enthalten. Nach Ablauf von mehreren Wj kauft A einen weiteren Mähdrescher, den er angabegemäß ausschließlich in seinem neben der LuF neu begründeten gewerblichen Dienstleistungsbetrieb einsetzt. Weiterhin setzt er aber wie bisher auch seinen (ersten) Mähdrescher überbetrieblich ein.
Solange A nur einen Mähdrescher für Dienstleistungsumsätze verwendet, gehören die daraus erzielten Umsätze (weniger als 51 500 EUR und weniger als 1/3 des Gesamtumsatzes) zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb. Mit der Anschaffung des zweiten Mähdreschers begründet er von Anfang an einen gewerblichen Dienstleistungsbetrieb, auch wenn er diesen gelegentlich in seinem luf Betrieb einsetzen sollte. In den gewerblichen Dienstleistungsbetrieb sind mE auch die überbetrieblichen Umsätze des bislang zur Landwirtschaft gehörenden Mähdreschers einzubeziehen, weil insoweit eine (betriebswirtschaftlich vernünftige) Trennung der beiden Betätigungsbereiche nicht möglich sein dürfte.
Eröffnet ein Landwirt einen gewerblichen Dienstleistungsbetrieb (zB mit einem Rübenvollernter) und erbringt er gleichzeitig mit einem zu seinem luf BV gehörenden Mähdrescher ebenfalls überbetriebliche Dienstleistungen, so erscheint es mE nicht zwingend, sämtliche erbrachte Dienstleistungen als (einheitlich) gewerblich anzusehen; dies wird nur dann der Fall sein, wenn jegliche organisatorische wie auch tatsächliche Trennung der beiden Betätigungsbereiche fehlt,
- wenn sich also zB der Landwirt mit seinen (Dienst-)Leistungen an den gleichen Kundenkreis wendet,
- wenn gleichartige Leistungen ausgeübt werden,
- wenn die Leitung der überbetrieblichen Tätigkeit von der gleichen Betriebsstätte aus erfolgt,
- in beiden Tätigkeitsbereichen die gleichen Maschinen und/oder ArbN eingesetzt werden,
- die Rechnungen nicht erkennbar getrennt erteilt werden,
- eine einheitliche Buchführung vorliegt und die Einnahmen und Ausgaben beider Betätigungsbereiche über das gleiche Konto abgewickelt werden.