Josef Mitterpleininger, Dipl.-Finw. (FH) Sebastian Gruber
Rn. 140g
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Für sämtliche Abgrenzungsfragen gelten die nun einheitlichen Umsatzgrenzen des R 15.5 Abs 11 EStR 2012. Ob diese Grenzen eingehalten werden, ist nur für zwei Tätigkeitsbereiche zu prüfen, und zwar
- Handel: für den Absatz eigener Erzeugnisse und damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Tätigkeiten (R 15.5 Abs 3–8 EStR 2012), und
- Dienstleistung: für die Verwendung von WG des luf BV für außerbetriebliche Zwecke und Dienstleistungen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der LuF stehen (R 15.5 Abs 9 u 10 EStR 2012).
Die in den einzelnen Absätzen des R 15.5 EStR 2012 enthaltenen Vereinfachungsregelungen können grundsätzlich nebeneinander in Anspruch genommen werden, sofern bei dem jeweiligen LuF die für die einzelnen Vereinfachungsregelungen erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Zu beachten ist jedoch, dass die kumulative Anwendung der Vereinfachungsregelungen ausgeschlossen ist, wenn die Summe der Umsätze aus den einzelnen (gewerblichen) Betätigungen mehr als 50 % des Gesamtumsatzes beträgt.
Die für die beiden gewerblichen Bereiche (Handelsaktivitäten und Dienstleistungen) jeweils gesondert geltende Drittel- und Betragsgrenze von 51 500 EUR bezieht sich dabei immer auf den Gesamtumsatz des luf Betriebs (einschließlich der beiden gewerblichen Bereiche).
Führt erst die Umklammerung der beiden Bereiche zu einer Gewerblichkeit, handelt es sich insoweit mE auch nur um einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Dagegen stellt jeder der beiden schädlichen Bereiche (Handelsaktivitäten und Dienstleistungen) für sich gesehen einen eigenständigen Gewerbebetrieb dar, wenn bei beiden die in Absatz 11 S 1 bzw S 2 EStR genannten Grenzen überschritten sind, ohne dass gleichzeitig die Umklammerung nach R 15.5 Abs 11 S 3 EStR 2012 neu greift.
Soweit der Betrieb im Rahmen einer PersGes betrieben wird, ist zu beachten, dass bereits der Eintritt einer partiellen Gewerblichkeit bei einem Einzelunternehmer zur Gesamtgewerblichkeit bei einer PersGes führt (§ 15 Abs 3 Nr 1 EStG).
Die in R 15.5 Abs 12 u 13 EStR 2012 genannten Tätigkeiten bleiben – soweit sie zu gewerblichen Einkünften führen – für die Grenzziehung nach R 15.5 Abs 11 EStR 2012 außer Betracht, weil es sich dabei um originär gewerbliche Betätigungen handelt.
Beispiel:
Landwirt Huber ist Nebenerwerbslandwirt und erzielt aus seinem Betrieb insgesamt BE iHv 120 000 EUR. Darin enthalten sind BE aus dem Verkauf zugekaufter Waren mit 35 000 EUR sowie Dienstleistungen für andere LuF iHv 30 000 EUR.
Aus Eigenerzeugnissen erzielt Huber BE iHv 55 000 EUR; die Einnahmen daraus führen grundsätzlich zu Einkünften aus LuF. Daneben erzielt Huber aus seinen zusammengefasst zwei verschiedenen gewerblichen Betätigungen (Handel und Dienstleistungen) insgesamt BE iHv 65 000 EUR.
In den jeweils verschiedenen Bereichen (Verkauf zugekaufter Waren nach R 15.5 Abs 5 EStR 2012 und Dienstleistungen für Dritte nach R 15.5 Abs 9 EStR 2012) hat Huber die dort für jeden Bereich gesondert gezogenen Grenzen (1/3 vom Gesamtumsatz und 51 500 EUR) zwar nicht überschritten, allerdings sind nach R 15.5 Abs 11 S 4 EStR 2012 in einem derartigen Fall die beiden Bereiche zusammenzufassen. Beträgt die Summe aus den beiden gewerblichen Bereichen mehr als 50 % des Gesamtumsatzes (im vorliegenden Fall sind dies 54, 2 %), führen diese beiden Bereiche mit einem Umsatzanteil von 65 000 EUR insgesamt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb.