Rn. 31
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Bei der Bestimmung der wesentlichen Grundlagen eines luf Betriebs ist jedoch zu beachten, dass der Begriff "wesentliche Grundlage" normspezifisch unterschiedlich auszulegen ist.
Im Anwendungsbereich des § 14 EStG gehören zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen alle WG, die entweder für die Führung des luf Betriebs von ihrer Funktion her wesentlich oder in denen erhebliche stille Reserven enthalten sind (funktional-quantitative Betrachtungsweise; BFH v 02.10.1997, BStBl II 1998, 104; BFH v 10.11.2005, BStBl II 2006, 176; BMF v 16.08.2000, BStBl I 2000, 1253).
Dagegen gehören im Anwendungsbereich des § 6 Abs 3 EStG, § 6 Abs 5 EStG sowie bei Vorgängen nach §§ 20, 24 UmwStG nur solche WG zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, die funktional für den Betrieb von Bedeutung sind (BMF v 03.03.2005, BStBl I 2005, 458 Tz 3). Funktional unwesentliche WG gehören selbst dann nicht zu wesentlichen Grundlagen, wenn in ihnen erhebliche stille Reserven ruhen. Zudem greift die Rspr zum sog "Gesamtplan" – anders als bei §§ 14, 16, 34 EStG – hier nicht (BFH v 02.08.2012, BFH/NV 2012, 2053; BFH v 12.05.2016, BFH/NV 2016, 1376; BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rz 10–15). Als Folge davon sind der Begriff und der Umfang der funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen einer betrieblichen Einheit zeitpunktbezogen und normspezifisch zu prüfen.
Rn. 32
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Funktional wichtig sind alle WG, die zur Erreichung des betrieblichen Zwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besitzen (BFH v 30.10.1974, BStBl II 1975, 232; BFH v 18.04.1991, BStBl II 1991, 833; BFH v 26.03.1992, BStBl II 1992, 830). Quantitativ wesentlich sind alle WG, in denen erhebliche stille Reserven ruhen (BFH v 13.02.1996, BStBl II 1996, 409), und dies unabhängig davon, ob sie von ihrer Funktion her gesehen für den luf Betrieb wesentlich sind.
Andererseits ist es für die Annahme eines WG als funktional wesentliche Betriebsgrundlage nicht erforderlich, dass in ihm erhebliche stille Reserven ruhen; WG, die für die Erreichung des betrieblichen Zwecks erforderlich sind, bilden grundsätzlich wesentliche Grundlagen des Betriebs, auch wenn in ihnen keine nennenswerten stillen Reserven enthalten sind. Eine Betriebsgrundlage, die schon ihrer Funktion nach notwendig ist, braucht daher nicht ergänzend daraufhin überprüft zu werden, ob sie möglicherweise auch wegen erheblicher stiller Reserven wesentlich ist (BFH v 19.01.1983, BStBl II 1983, 312).
Rn. 33
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Hiervon ausgehend sind für den Bereich der LuF folgende WG als funktional wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen:
- selbst bewirtschaftete landw Nutzflächen;
- die Hofstelle mit Wirtschaftsgebäuden, allerdings nur dann, wenn ihnen iRd (aktiven) Bewirtschaftung ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Bewirtschaftung zukommt; dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Betrieb mit Viehhaltung bewirtschaftet wird. Spätestens aber ab dem Zeitpunkt der Verpachtung sämtlicher landw Flächen verlieren die Wirtschaftsgebäude einschließlich etwaiger damit verbundener Betriebsvorrichtungen ihre Eigenschaft als wesentliche Betriebsgrundlage (BFH v 11.02.2021, BFH/NV 2021, 930), es sei denn, sie werden anschließend noch für einen ebenfalls selbst bewirtschafteten forstw Teilbetrieb genutzt.
Rn. 34
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Nicht zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören insb
- Betriebsinhaber-/Altenteilerwohnung. Dies gilt auch für den Fall, dass die Nutzungswertbesteuerung nach § 13 Abs 2 Nr 2 EStG über den 31.12.1998 hinaus fortgeführt wird, weil sich die Wohnung(en) in einem Baudenkmal befindet(en). Zwar können in ihnen durchaus erhebliche stille Reserven vorhanden sein; diese unterliegen aber wegen der Spezialregelung in § 13 Abs 4 S 5 EStG grundsätzlich nicht der Besteuerung, so dass ihnen weder funktional noch quantitativ eine Bedeutung zukommt;
- Geringfügig fremdbewirtschaftete (zB verpachtete) Einzelflächen. Sind dagegen sämtliche landw Nutzflächen verpachtet, ist von einer Betriebsfortführung in anderer Form auszugehen, so dass die verpachteten Flächen die dem Pachtbetrieb dienenden wesentlichen Betriebsgrundlagen bilden (BFH v 15.04.1993, BFH/NV 1994, 87);
das lebende und tote Inventar, soweit dieses leicht – wenn auch gemessen an der Betriebsgröße mit nicht ganz unerheblichen Mitteln – wiederbeschafft werden kann (BFH v 18.04.1991, BStBl II 1991, 833 mwN). Demzufolge gehören idR weder die Maschinen (BFH v 15.11.1984, BStBl II 1985, 205) noch das lebende Inventar, wie zB Masttiere (BFH v 18.04.1991, aaO) oder Milchkühe in Milchhaltungsbetrieben zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Auch Lieferrechte bzw Zahlungsansprüche nach der GAP-Reform gehören funktional gesehen nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, da sie – ebenso wie das tote und lebende Inventar – jederzeit wiederbeschafft werden können (glA Hiller, INF 1994, 106); allerdings können gerade in diesen immateriellen WG erheblic...