Rn. 320
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Veräußert der LuF einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil, kann er den dabei entstehenden Betriebsveräußerungsgewinn – soweit er den Freibetrag nach § 14 EStG iVm § 16 Abs 4 EStG übersteigt – ganz oder teilweise in eine Rücklage nach § 6b EStG einstellen; in diesen Fällen besteht das BV des LuF dann lediglich noch aus der fortgeführten Rücklage. Dagegen kann ein Gewinn aus der Überführung eines luf Betriebs in das PV anlässlich einer Betriebsaufgabe nicht einer Rücklage nach § 6b EStG zugeführt werden, weil es diesbezüglich bereits an einem Veräußerungsvorgang fehlt.
Veräußert ein Gesellschafter seinen gesamten Mitunternehmeranteil, hat das Betriebs-FA der Mitunternehmerschaft gem § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO über die Einstellung des Veräußerungsgewinns in eine sonderbilanzielle Rücklage nach § 6b EStG zu entscheiden, während über deren Auflösung nach Ablauf der Reinvestitionsfrist dann allerdings das für die Einkommensbesteuerung des ausgeschiedenen Mitunternehmers zuständige FA zu befinden hat (BFH v 12.07.2023, BStBl II 2024, 48).
Die bestehende Rücklage kann auch nicht in einen anderen Betrieb des StPfl übertragen und dort fortgeführt werden (BFH v 22.11.2018, BStBl II 2019, 313 Rz 21ff); sie ist vielmehr bis zum tatsächlichen Abzug von den AK/HK eines Reinvestitionsguts oder bis zur zwangsweisen Auflösung wegen des Ablaufs der Reinvestitionsfrist in der Bilanz bzw Sonderbilanz des veräußernden Betriebs fortzuführen.
Die Inanspruchnahme des § 6b EStG schließt aber korrespondierend eine Tarifbegünstigung nach § 34 EStG aus; dies gilt auch, wenn nur für einen Teil des Veräußerungsgewinns eine Rücklage nach § 6b EStG gebildet wird (§ 34 Abs 1 S 4 EStG).
Unterbleibt endgültig eine begünstigte Reinvestition, führt die spätere Auflösung der gebildeten Rücklage zu nachträglichen nicht tarifbegünstigten Einkünften iSd § 24 Nr 2 EStG (BFH v 04.02.1982, BStBl II 1982, 348).
Rn. 321
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Wird anlässlich einer Betriebsveräußerung bzw -aufgabe eine bestehende Rücklage nach § 6b EStG aufgelöst, ist der dadurch entstehende Gewinn ebenfalls Bestandteil des (tarifbegünstigten) Veräußerungs- bzw Aufgabegewinns. Dies gilt auch dann, wenn Rücklagenbildung und Aufgabe des Betriebs zeitlich im gleichen Wj stattfinden (FG Niedersachsen v 24.11.2004, EFG 2005, 594 rkr), weil nach § 16 Abs 2 S 2 EStG zuerst der Wert des BV für den Zeitpunkt der Veräußerung/Aufgabe zu ermitteln ist und erst daran anschließend der (tarifbegünstigte) Veräußerungs-/Aufgabegewinn; ein Gewinnzuschlag gem § 6b Abs 7 EStG ist in diesem Fall nicht zusätzlich anzubringen.
Rn. 322
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Darüber hinaus hat der LuF auch die Möglichkeit, eine bereits vor der Betriebsveräußerung gebildete Rücklage noch für die Zeit weiterzuführen, für die sie ohne Veräußerung des Betriebs zulässig gewesen wäre. In diesem Fall entfällt sowohl der Freibetrag nach §§ 14, 16 Abs 4 EStG als auch eine Steuerermäßigung nach § 34 Abs 1 oder 3 EStG, wenn die Rücklage stille Reserven enthält, die anlässlich der Veräußerung einer wesentlichen Grundlage des Betriebs aufgedeckt worden sind.
Beinhaltet dagegen die bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs nicht aufgelöste Rücklage nach § 6b EStG stille Reserven, die bei der Veräußerung eines nicht zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebs gehörenden WG aufgedeckt worden sind, so finden auf den Veräußerungsgewinn die Vorschriften des § 14 EStG und § 34 Abs 1 oder 3 EStG Anwendung.
Rn. 323
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Wird der luf Betrieb unentgeltlich auf einen Rechtsnachfolger übertragen, geht auch eine im übertragenen Betrieb vorhandene Rücklage nach §§ 6b/6c EStG zwingend auf den Rechtsnachfolger mit über (BFH v 23.04.2009, BStBl II 2010, 664; BFH v 22.11.2018, BStBl II 2019, 313 Rz 30).
Die Regelung in R 6b.2 Abs 10 EStR 2012, wonach eine bei Betriebsveräußerung bzw -aufgabe vorhandene Rücklage noch für die Zeit weitergeführt werden kann, für die sie ohne Veräußerung bzw Aufgabe des Betriebs zulässig gewesen wäre, gilt nicht für den Fall der unentgeltlichen Betriebsübertragung.
Rn. 324
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Mit StÄndG 2015 wurde in § 6b EStG ein neuer Abs 2a eingefügt (im Einzelnen s § 6b Rn 121–130 (Müller/Dorn)), der für im Inland erzielte Gewinne aus LuF eine Steuerstundung vorsieht, wenn eine begünstigte Reinvestition im Bereich der EU bzw EWR erfolgt. Die Regelungen in R 6b.2 Abs 10 EStR (s Rn 323) gelten sinngemäß auch für im Inland erzielte Betriebsveräußerungsgewinne, wenn die Reinvestition im Bereich der EU bzw EWR geplant ist (BMF v 07.03.2018, BStBl I 2018, 309 Rz 4 und 5).