Schrifttum:
Streck, Gewerbebetrieb, Mitunternehmerschaft, Bilanzbündeltheorie, FR 1973, 297;
Schmidt-Liebig, Der Gewerbebetriebsbegriff der §§ 2 Nr 2, 151 EStG, StuW 1977, 302;
Schmidt-Liebig, Die Gewinnerzielungsabsicht, ein unabdingbares Gewerbemerkmal, DB 1982, 1738;
Zacharias/Rinnewitz, Die Bedeutung der Neufassung des § 15 Abs 2 EStG (StEntlG 1984) für die Grenzziehung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit bei der Veräußerung von Immobilien, DStR 1984, 193;
Schmidt-Liebig, Der Gewerbebetrieb in der ESt und GewSt, BB 1984, Beilage 14.
Zu den vier positiven und dem einen negativen Merkmal des Gewerbebetriebs, im Einzelnen s Schrifttum vor Rn 118 (Selbstständigkeit), s Schrifttum vor Rn 122 (Nachhaltigkeit), s Schriftum vor Rn 123 (Gewinnerzielungsabsicht), s Schrifttum vor Rn 127 (Teilnahme am allgemeinen Verkehr) und s Schrifttum vor Rn 130–131 (private Vermögensverwaltung/gewerblicher Grundstückshandel).
Rn. 117
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Gemäß § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. Die Begriffe "Gewerbebetrieb" und "gewerbliches Unternehmen" sind deckungsgleich.
Die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs war bis zum In-Kraft-Treten des StEntlG 1984 (BGBl I 1983, 1583ff) nicht in § 15 EStG, sondern in § 1 GewStDV aF enthalten (zur historischen Entwicklung s Rn 1). Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtssystematik wurde die Begriffsbestimmung durch das StEntlG 1984 in § 15 Abs 2 EStG übernommen u zusätzlich "klargestellt", dass die Minderung der ESt kein Gewinn ist (so amtliche Begründung, BT-Drucks 10/336, 26; hierzu s Rn 124).
Die beiden Vorschriften lauten:
Zitat
§ 1 GewStDV aF:
"Eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allg wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von LuF noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbstständige Arbeit iSd ESt-Rechts anzusehen ist. Die Gewinnerzielungsabsicht (das Streben nach Gewinn) braucht nicht der Hauptzweck der Betätigung zu sein. Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn das Streben nach Gewinn (die Gewinnabsicht) nur Nebenzweck ist."
§ 15 Abs 2 EStG:
"Eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, und sich als Beteiligung am allg wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von LuF noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Arbeit anzusehen ist. Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn iSd Satzes 1. Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist."
Durch diese Definition hat der Terminus "Gewerbebetrieb" nach Tipke die Stufe eines "Klassenbegriffs" erreicht (Tipke, Steuerrecht, 9. Aufl, 1991, 160), der durch die erschöpfende Aufzählung seiner unabdingbaren Merkmale definiert sei u insoweit ein hohes Maß an Rechtssicherheit bei der Bestimmung der gewerblichen Tätigkeit gewährleiste.
Dagegen befürworten ua Streck u Schmidt-Liebig (BB 1984, Beil 14, 2, Fn 9 mwN, 8) die Klassifikation der "gewerblichen Betätigung" als offenen "Typusbegriff", für den ein Gesamtbild kennzeichnend ist. Unter einen so verstandenen Typusbegriff des Gewerbebetriebs lässt sich ein Sachverhalt nicht mit der erforderlichen Rechtssicherheit subsumieren, er lässt sich ihm nur zuordnen. Die Ansicht vom Gewerbebetrieb als offenem Typusbegriff vermag unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht zu überzeugen, den Befürwortern des Typusbegriffs ist aber zuzugeben, dass die Definition des § 15 Abs 2 EStG allein nur ein unzureichendes Hilfsmittel zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs des § 15 Abs 1 Nr 1 EStG ist (eingestanden von GrS BFH BStBl II 1984, 751; 1968, 775; 1973, 260), da neben dem Vorliegen der Merkmale lt Abs 2 auch der Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschritten sein muss. Das "Überschreiten der privaten Vermögensverwaltung" weist als solches Typuscharakter auf (s Zacharias/Rinnewitz, DStR 1984, 199). Der Gesetzgeber hätte bei Einfügen des § 15 Abs 2 EStG die Gelegenheit nutzen sollen, die Vermögensverwaltung auszuklammern (glA Tipke, FR 1983, 580; Schmidt-Liebig, BB 1984, Beil 14, 3; dazu ausführlich s Rn 130.
Zusammenfassend liegt ein Gewerbebetrieb somit vor, wenn die folgenden fünf positiven und zwei negativen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:
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Positive Tatbestandsmerkmale lt § 15 Abs 2 EStG (müssen vollzählig nebeneinander gegeben sein):
- selbstständige Betätigung
- nachhaltige Betätigung
- mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen
- Beteiligung am allg wirtschaftlichen Verkehr.
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(2) |
Positives Tatbestandsmerkmal gemäß BFH-Rspr des BFH (abgeleitet aus der Unzulänglichkeit der vier vorstehenden positiven Merkmale):
- Betätigung überschreit...
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