Rn. 183
Stand: EL 173 – ET: 06/2024
Um Zins-, Preis- oder Währungsrisiken zu kompensieren, kommen oft (Finanz-)Termingeschäfte in Form von Waren-, Wertpapier- und Devisentermingeschäften als Sicherungsgeschäfte zum Einsatz (Haag, NWB 2019, 1245). Zur Begriffsdefinition des "Termingeschäfts" und der konkreten inhaltlichen Abgrenzung s Rn 183a.
Entsteht bei Termingeschäften ein Verlust (durch Differenzausgleich oder durch eine entsprechende Wertausgleichsgröße), tritt die Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung des § 15 Abs 4 S 3 EStG durch zeitliche Streckung ein. Diese soll als spezialgesetzlich typisierte Missbrauchsnorm (s § 42 Abs 1 S 2 und Abs 2 S 1 AO) sicherstellen, dass Verluste aus betrieblich veranlassten (insbesondere bei Zuordnung zum gewillkürten BV), ihrer Natur nach besonders risikoreichen Termingeschäften (zum Begriff nachfolgend s Rn 183a) nur mit Gewinnen aus derartigen Geschäften verrechnet werden können. Die geforderte betriebliche Veranlassung umfasst auch nicht autorisierte Geschäfte untreuer Angestellter: BFH vom 06.07.2016, BStBl II 2018, 124.
Eine Verlagerung privater Termingeschäfte in den betrieblichen Bereich wegen § 20 Abs 6 S 5 EStG (wegen Zweifel an dessen Verfassungsmäßigkeit s FG RP vom 05.12.2023, 1 V 1674/23) ist nicht zielführend: § 20 Abs 8 EStG.
Die Rechtsfolge des § 15 Abs 4 S 3 EStG bezieht sich nicht auf ein negatives Ergebnis eines einzelnen Geschäfts, vielmehr ist auf den Saldo sämtlicher Termingeschäfte im Wj abzustellen: BFH vom 08.12.2021, BFH/NV 2022, 1040 Rz 21; BFH vom 21.02.2018, BStBl II 2018, 637 Rz 20 mwN.
Der Gesetzgeber wollte die Regelung 1999 als Folgeänderung zur Neufassung des § 23 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG aF (jetzt § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG) verstanden wissen (BT-Drucks 14/23, 178).
§ 15 Abs 4 S 3 EStG enthält kein subjektives Tatbestandsmerkmal der Spekulationsabsicht; die Gefahr, dass deswegen die Vorschrift gegen ihren Sinn und Zweck auch solche Termingeschäfte erfasst, die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs ohne Spekulationsabsicht dienen, wird durch § 15 Abs 4 S 4 EStG Alt 2 vermieden (s nachfolgend). Der Ausschluss von Termingeschäften ohne spekulativen Charakter aus dem Anwendungsbereich der Beschränkung soll nach dem Willen des Gesetzgebers nach objektiven Kriterien und nicht mittels Prüfung auf eine subjektive Spekulationsabsicht des StPfl erfolgen: BFH vom 06.07.2016, aaO, Rz 18.
Von der Anwendung von § 15 Abs 4 S 3 EStG ist im Wege verfassungskonformer Auslegung aber – möglicherweise – abzusehen, wenn es zu einer nicht verfassungsgemäßen Definitivbelastung dergestalt kommt, dass eine Nutzung der Verluste aus Termingeschäften final nicht mehr möglich ist bzw bei Anwendung der Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung des § 15 Abs 4 S 3 EStG das steuerlich zu verschonende Existenzminimum nicht verbleibt und deshalb die Besteuerung dem subjektiven Nettoprinzip zuwiderläuft; dabei ist bei PersGes auf den Gesellschafter (bei der ersten Alt bezogen auf dessen Lebzeit) abzustellen: BFH vom 28.04.2016, BStBl II 2016, 739 Rz 13 und 24. Dafür spricht auch, dass
Zitat
"das objektive Nettoprinzip … zwar den Abzug von Aufwendungen, die mit der Einkunftserzielung in einem unmittelbaren Sachzusammenhang stehen, (gebietet, der Verfasser), allerdings von Verfassungs wegen nicht notwendigerweise in jedem einzelnen – aus rein erhebungstechnischen Gründen gewählten – VZ. Danach wird eine Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs durch das allgemein Leistungsfähigkeitsprinzip nicht grundsätzlich ausgeschlossen, solange nur tatsächlich entstandene Verluste überhaupt, ggf in einem anderen VZ, und wenn auch beschränkt auf die gleiche Einkunftsart, steuerlich berücksichtigt werden": BFH vom 28.04.2016, aaO, Rz 18.
Nach § 15 Abs 4 S 3 EStG gelten § 15 Abs 4 S 1 und 2 EStG entsprechend (ergänzend sei deshalb – unter anderem zur gesonderten Feststellung – verwiesen auf vorstehend s Rn 180–182). Verluste aus betrieblich veranlassten Termingeschäften dürfen daher weder mit anderen Einkünften ausgeglichen noch nach § 10d EStG abgezogen werden und nur mit Gewinnen aus betrieblich veranlassten Termingeschäften im unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren verrechnet werden.
Ausgleichfähig sind Gewinne aus Termingeschäften eines Gewerbebetriebs mit Verlusten aus Termingeschäften eines anderen Gewerbebetriebs desselben StPfl bzw Verluste aus Termingeschäften mit aus Mitunternehmeranteilen dem StPfl anteilig zuzurechnenden Gewinnen aus Termingeschäften. Schließlich kann eine Ausgleichsfähigkeit noch gegeben sein gegenüber positiven Einkünften des Ehegatten aus gewerblichen Termingeschäften iRd Grenzen des horizontalen Verlustausgleichs zwischen Ehegatten iSv § 2 Abs 3 EStG (auch s Bode in Brandis/Heuermann, § 15 EStG Rz 720, EL 161).
Mit Gewinnen aus privaten Termingeschäften iSv § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 EStG ist ein Verlustausgleich aus betrieblich veranlassten Termingeschäften nicht zulässig. Erstere bilden zwar k...