Rn. 183a

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Der Begriff des Termingeschäfts ist weder gesetzlich definiert noch näher umschrieben: s BFH vom 08.12.2021, BFH/NV 2022, 835 Rz 23. Das EStG verwendet ihn für private Termingeschäfte in § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG und für betriebliche Termingeschäfte in § 15 Abs 4 S 3 EStG. Nachfolgend geht es nur um betrieblich veranlasste Termingeschäfte.

Zivilrecht:

Nach Zivilrecht gelten als Termingeschäfte Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die

(1) zeitlich verzögert zu erfüllen sind und
(2) deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet.

Die Erfüllung des Termingeschäfts kann grundsätzlich durch Differenzausgleich oder physische Lieferung des Basiswerts erfolgen. In der Praxis treten die Termingeschäfte in Form von zB Optionen oder Swapgeschäften auf, welche auch oftmals kombiniert werden (sog Swaptions), s Haag, NWB 2019, 1245.

Steuerrecht:

Der BFH hat 2014 in zwei Urteilen und 2016 und 2021 und 2023 in weiteren Urteilen zur inhaltlichen Auslegung des Begriffs des "Termingeschäfts" iSd § 15 Abs 4 S 3 EStG Stellung genommen. Er ist dabei der zivilrechtlichen Definition in § 2 WpHG bzw § 1 KWG gefolgt: BFH vom 04.12.2014, BFH/NV 2015, 412 Rz 25; BFH vom 20.08.2014, BStBl II 2015, 177 Rz 18 sowie BFH vom 06.07.2016, BStBl II 2018, 124 Rz 32–33. Dies wurde bestätigt durch BFH vom 08.12.2021, BFH/NV 2022, 835, wonach der Begriff des "Termingeschäfts" iSv § 15 Abs 4 S 3 EStG nach wertpapier- und bankenrechtlichen Maßgaben zu bestimmen und vom nicht betroffenen Kassageschäft (s weiter unten) abzugrenzen ist. Abgeleitet aus § 15 Abs 4 S 4 Hs 2 Alt 2 EStG ist das subjektive Tatbestandsmerkmal der Spekulationsabsicht nicht erforderlich: BFH vom 06.07.2016, aaO, Rz 18.

Auf Terminkäufe mit physischer Lieferung des Basiswerts ist die steuerliche Verlustverrechnungsbeschränkung nicht anwendbar (bejahend noch BMF vom 23.09.2005, FR 2005, 1180 und LfSt Bayern vom 09.03.2007, DStR 2007, 719): zu Recht Ebel, FR 2013, 882, 885 mit Verweis darauf, dass die veränderliche Bezugsgröße und der erlangte Vorteil lt Gesetzeswortlaut verschiedene Substrate sein müssen, und BFH vom 06.07.2016, BStBl II 2016, 739 Rz 35. Aus wirtschaftlicher Sicht nicht auf "physische" Lieferung, sondern auf Differenzausgleich gerichtet sind jedoch Devisentermingeschäfte dann, wenn Eröffnungsgeschäft und Gegengeschäft "brutto" abgewickelt werden und das Gegengeschäft zeitlich vor Fälligkeit des Eröffnungsgeschäfts abgeschlossen worden ist: BFH vom 06.07.2016, aaO, Rz 37 (Bsp des Urteilsfalls: Der StPfl vereinbart mit der Vertragspartei des Eröffnungsgeschäfts – Lieferung von 1 Mio Yen für EUR 100 000 am Tag X – oder einem Dritten vor dem Fälligkeitszeitpunkt die Ausführung eines Gegengeschäfts – zB Rücktausch der 1 Mio Yen in EUR zum Tageskurs des Tags X).

Nach BFH vom 09.02.2023, IV R 23/20, BFH/NV 2023, 707 Rz 43 (teilweise inhaltsgleich mit BFH vom 09.02.2023, IV R 34/19, BStBl II 2023, 742Leitsatz 1) setzt ein Termin(sicherungs-)geschäft die Annahme einer gegenläufigen Erfolgskorrelation voraus, dh, damit muss ein aus dem Grundgeschäft resultierendes Risiko zumindest teilweise abgesichert werden. Es genügt nicht, dass eine solche Erfolgskorrelation hätte möglich sein können, nach Sinn und Zweck der Verlustausgleichsbeschränkung des § 15 Abs 4 S 3 EStG muss eine solche vielmehr von vornherein hinreichend sicher sein. Der auf die Realisierung einer positiven oder negativen Differenz aus Eröffnungs- und Gegengeschäft gerichtete Wille der Vertragsbeteiligten muss erkennbar sein: BFH vom 24.10.2017, BStBl II 2018, 189 Rz 15 Leitsatz 1 (ergangen zu 20 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG). Es darf zwecks Einordnung unter die Rückausnahme des § 15 Abs 4 S 4 EStG zum beabsichtigten Sicherungszusammenhang aber nicht ein neues Risiko hinzutreten, wie bei einem Zins-Währungsswapgeschäft, s nachfolgend.

Zu den Termingeschäften iSv § 15 Abs 4 S 3 EStG zählen neben Waren-, Wertpapier- und Devisentermingeschäfte (s Rn 183 und ergänzend s H 15.10 EStH 2022"Termingeschäft") auch Zinsswapgeschäfte: BFH vom 09.02.2023, IV R 23/20, aaO, Rz 37; teilweise identisch damit BFH IV R 34/19, aaO, dort Leitsatz 2. Die für eine Einordnung unter § 15 Abs 4 S 4 EStG erforderliche gegenläufige Erfolgskorrelation ist bei Zinswährungsswapgeschäften demnach nicht gegeben, wenn das Risiko der variablen Verzinsung eines Darlehens nicht nur faktisch durch einen festen Zins ersetzt wird, sondern zur vermeintlichen Ertragsoptimierung das ursprüngliche Grundgeschäft faktisch zusätzlichen Risiken ähnlich denen eines Fremdwährungsdarlehens ausgesetzt wird: BFH IV R 23/20, aaO, Rz 42 ff; BFH IV R 34/19, aaO, Rz 32 ff).

Johannemann/Reiter, DStR 2015, 1489 nennen konkret als Beispiele für von der steuerlichen Verlustausgleichsbeschränkung betroffene Termingeschäfte

  • Forwards und Futures mit Barausgleich einschließlich Index-Futures, denen als Basiswert ein Index zugrunde liegt.
  • Optionsrechte (Ka...

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