bba) Zivilrechtliche Zulässigkeit
Rn. 31a
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Die grundsätzliche Zulässigkeit des (Vollrechts-)Nießbrauchs an Gesellschaftsanteilen ist heute anerkannt (s Küspert, FR 2014, 397; Wachter, DStR 2013, 1929; Wälzholz, NWB 2013,1334; Wälzholz, DStR 2010,1786; Altendorf/Köcher, GmbH-StB 2013, 13 Fn 2 mwN, auch BFH (BFH BStBl II 1995, 241/244) und BGH (BGH v 09.11.1998, DB 1999, 208) halten einen abspaltbaren echten Nießbrauch an der Mitgliedschaft ohne gleichzeitige Vollrechtsübertragung für zulässig. Dem steht auch das Abspaltungsverbot nicht entgegen, weil keine Einzelbefugnisse abgespalten werden, sondern die Mitgliedschaft zur Gänze mit dem Recht eines Dritten belastet ist (s Wälzholz, DStR 2010, 1786, Fn 17 und 18). Gleichwohl sind lt Wachter, DStR 2013, 1929 mwN viele Einzelfragen ungeklärt, ua die Eintragungsfähigkeit eines Nießbrauchs an einem KG-Anteil im HR (s zur Problematik Ries/Schulte, GmbHR 2013, 346; positiv entschieden durch OLG Oldenburg v 09.03.2015, NWB 21/2015, 1528 und OLG Stuttgart v 08.01.2013, ZEV 2013, 347; gegen OLG Stuttgart OLG Mchn v 08.08.2016, 31 Wx 204/16, GmbHR 2016, 1216).
Zivilrechtlich bewirkt der echte Nießbrauch am Anteil an einer PersGes eine Aufteilung des Substanz-, Ertrags- und (umstritten, s nachfolgend) Herrschaftsrechts zwischen dem Vorbehaltsnießbraucher (übertragender Altgesellschafter) oder Zuwendungsnießbraucher und dem (Neu-)Gesellschafter als Nießbrauchbesteller und ist grundsätzlich nicht übertragbar und nicht belastbar (§§ 717, 719 BGB; § 105 Abs 2 und § 161 Abs 2 HGB). Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Übertragbarkeit des Gesellschaftsanteils nicht vor, so bedarf die Nießbrauchbestellung nach § 1069 Abs 2 BGB der Zustimmung der übrigen Gesellschafter (Pohlmann, Münchener Kommentar, BGB, § 1068 BGB Rz 23, 6. Aufl 2013; Bassenge in Palandt, BGB, § 1069 BGB Rz 23, 71. Aufl 2012). Bei Schenkung ist notarielle Beurkundung erforderlich (s Götz/Jorde, FR 2003, 998 Fn 11 mwN), evtl wegen einheitlichen Geschäfts auch bei der GmbH & Co KG.
bbb) Varianten der Nießbrauchbestellung
Rn. 31b
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Zu den zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (Formen) einer Nießbrauchbestellung an Gesellschaftsanteilen von PersGes werden im Wesentlichen drei Varianten (mit Untervarianten) aufgezeigt:
(1) |
Nießbrauchtreuhandschaft: Zeitlich begrenzte Abtretung des Gesellschaftsanteils an den Nießbraucher (zB die Ehefrau) als Treuhänder (mit Eintragung im HR) als Simulation bzw in der Funktion einer Nießbrauchbestellung, wobei der Nießbraucher die entnahmefähigen Erträge für sich behalten darf. Stammt lt Wälzholz, DStR 2010, 1786 aus Zeiten vor Anerkennung der Zulässigkeit eines Nießbrauchs am PersGes-Anteil, wird heutzutage kaum noch praktiziert und daher nachfolgend nicht mehr betrachtet; nach früher hM konnte der Nießbrauch am Anteil an einer PersGes (s Übersichten bei Petzoldt, GmbH-Rdsch 1987, 381, 383 Fn 18 und bei Biergans, DStR 1985, 327, 331 Fn 49) nämlich nur begründet werden, wenn der Nießbraucher, über die gesetzliche Gestaltung des Nießbrauchs im BGB hinausgehend, für die Dauer seines Rechts die volle Gesellschafterstellung im Innen- und Außenverhältnis mit allen Konsequenzen einnimmt. Schmidt, Festschrift für von Wallis, 359, 364 bezeichnet den Nießbraucher kraft Vollrechtsübertragung als "Gesellschafter auf Zeit". Zutreffender ist mE die Bezeichnung "Als-ob-Gesellschafter". Balke, FR 1987, 129, 130 bezeichnet die Schmidt'sche Begriffsbildung des "Gesellschafters auf Zeit" als "Etiketten-Fehlgebrauch". |
(2) |
Dinglich abgespaltener (echter) Nießbrauch Der dinglich abgespaltene Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen ist nicht ausdrücklich geregelt; es gelten vielmehr die allg Vorschriften über den Nießbrauch an Rechten entsprechend (§§ 1068ff BGB): s Wachter, DStR 2013, 1929. Infrage kommen:
(a) |
Die Bestellung eines Zuwendungsnießbrauchs am Gesellschaftsanteil ohne Übertragung des Gesellschaftsanteils. |
(b) |
Vorbehaltsnießbrauch: Hier überträgt der Schenker den Gesellschaftsanteil an den Beschenkten und behält sich den Nießbrauch daran vor. Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen unter Nießbrauchsvorbehalt werden die allg Regeln des Zivil- und Steuerrechts durch die Vorschriften des Gesellschaftsrechts überlagert: s Wachter, DStR 2013, 1929. Der Vorbehaltsnießbrauch am Mitunternehmeranteil bewirkt eine Aufteilung des Substanz-, Ertrags- und Herrschaftsrechts zwischen dem Nießbraucher (übertragender Gesellschafter) und dem Nießbrauchbesteller (Neu-Gesellschafter), wobei zivil- und steuerrechtlich viele Rechtsfragen noch nicht abschließend geklärt sind (zum Steuerrecht s Rn 32). |
Nach Wachter, aaO, sind, mit Bezug auf BFH v 16.05.2013, BStBl II 2013, 635 (bezogen auf § 13a ErbStG vor 2009, aber mE auch darüber hinaus geltend), folgende Untertypen denk- und gestaltbar: Vollrechtsnießbrauch: Dabei wird der gesamte Gesellschaftsanteil belastet; alle Nutzungen stehen dem Nießbraucher zu. Quotennießbrauch: Beim Quotennießbrauch wird der gesamte Gesellschaftsanteil, der Gegenstand der Schenkung ist, mit dem Nießbrauch belaste... |