Schrifttum:
Wagner/Brüggen, Die Verklammerungstheorie des BFH bei Immobilien: Praktische Fragestellungen, DB 2018, 408;
Spohn/Lipps, Verklammerungsgeschäft als neues Rechtsinstitut zwischen Gewerblichkeit und privater Vermögensverwaltung bei unbeweglichen WG, DStR 2018, 605.
Rn. 132a
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Bei so langfristiger Haltedauer ist zu unterscheiden, ob
- Veräußerungen bebauten Grundbesitzes iR kontinuierlicher An- und Verkäufe oder
- Veräußerungen unbebauten Grundbesitzes vorliegen.
Veräußerung bebauten Grundbesitzes ohne zusätzliche verkaufsfördernde Maßnahmen nach mehr als 10 Jahren
Bei erheblicher Modernisierung/Sanierung oder umfassender Erweiterung s Rn 132d.
Wird bebauter Grundbesitz nach über 10-jähriger Haltedauer, dh Vermietung oder Eigennutzung, ohne zusätzliche Maßnahmen am Objekt, die ihm zu einer anderen Marktgängigkeit verhelfen, veräußert (dazu s Rn 132d), so gehört auch die Veräußerung als letzter Akt der Fruchtziehung aus vorhandenem Vermögen noch zur privaten Vermögensverwaltung (zB BFH BStBl II 1973, 661; FG Nds EFG 1996, 431). Grundbesitzveräußerungen nach einer derartig langen Haltephase sind nach der aus § 23 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG erkennbaren Wertung regelmäßig privater Natur, eine darauf gerichtete Absicht stellt daher keine relevante Gewinnerzielungsabsicht dar: BFH v 05.04.2017, BFH/NV 2017, 1161. Das gilt gemäß BMF BStBl I 2004, 434 Tz 2, auch, wenn es sich um umfangreichen Grundbesitz handelt und sämtliche Objekte in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum an verschiedene Erwerber veräußert werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Veräußerer in der Baubranche als Baubetreuer, Grundstücksmakler und Finanzierungsvermittler tätig war (so bestätigt vom FG Nds EFG 1996, 431 für eine Besitz- und Vermietungsdauer von 11 Jahren; aA BFH v 17.02.1993, BFH/NV 1994, 84 – dieser Fall bei fortlaufenden Verkäufen, darunter solche von mehr als 10 Jahren Besitzdauer, zitiert v BFH v 07.06.2005, BFH/NV 2005, 1794). Bei der Überführung eines Grundstücks aus dem AV eines luf BV (im Urteilsfall aus mehreren Grundstücken, Stallungen, Reithallen, Außenanlagen und einem Wohnhaus bestehend) in das PV ist der Zeitraum der Zugehörigkeit zum luf AV bei der Beurteilung des erforderlichen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Anschaffung und der Veräußerung von Grundstücken grundsätzlich im Hinblick auf die 10-Jahres-Frist positiv zu berücksichtigen (BFH vom 27.06.2018, BFH/NV 2018, 1255 Rz 31 mit Verweis ua auf BMF vom 26.03.2004, BStBl I 2004, 434 Tz 27).
Anders, Gewerblichkeit wegen der Überschreitung der Grenze der privaten Vermögensverwaltung auch nach Ablauf der in § 23 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG genannten 10-Jahres-Haltefrist, wenn der Ankauf, die Vermietung und der Verkauf von Immobilien zu einer einheitlichen Tätigkeit verklammert sind: sog "Verklammerungs-Rspr" lt BFH vom 28.09.2017, BStBl II 2018, 89 (zu beweglichen WG analog s Rn 136c). So schon BMF vom 01.04.2009, BStBl I 2009, 515 in Fällen des An- und Verkaufs beim Immobilienspezialleasing, bei zwischenzeitlicher (dann gewerblicher) Vermietung, wenn diese kürzer ist als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, und ein Totalgewinn nur unter Einbezug des Veräußerungsgewinns erzielbar ist sowie die Aktivitäten aufgrund eines einheitlichen Geschäftskonzepts miteinander verklammert sind, auch bei nur einem Verkauf. Zusätzlich ist aber, abweichend von BMF vom 01.04.2009, aaO, Nachhaltigkeit auf der Outputseite erforderlich, mE zutreffend, BFH vom 28.09.2017, BStBl II 2018, 89 Rz 44, wonach zur Gewerblichkeit (Grundstückshandel) immer mindestens zwei Objekte auf der Absatzseite erforderlich sind; ebenso BFH vom 08.06.2017, BFH/NV 2017, 1523 Rz 43 (auch s Rn 122 zur Nachhaltigkeit). Teilnahme am allg wirtschaftlichen Verkehr muss ergänzend immer auch noch vorliegen (s Rn 127), wird vom BFH aber meist bejaht und ist wohl erfüllt, wenn bei Scheitern des Verkaufs an den Mieter auch an Dritte veräußert werden würde. Generell ablehnend bei Überschreiten der 10-Jahres-Grenze Spohn/Lipps, DStR 2018, 605, 609, für die Praxis aber keine rechtssichere Auffassung.
Werden über deutlich mehr als 10 Jahre vermietete Wohnungen in einem MFH in ETW umgewandelt und anschließend kurzfristig veräußert, so führt dies allein nicht zur Überschreitung privater Vermögensverwaltung, sondern ist vielmehr deren letzter Akt. In diesem Zusammenhang vorgenommene Maßnahmen, die lediglich der Mängelbeseitigung zur Herstellung der Verkaufsfähigkeit der Objekte dienen, sind unschädlich. So hat der BFH vom 11.12.1996, BFH/NV 1997, 396 entschieden, dass die Aufteilung eines Mietwohngrundstücks in Wohnungseigentum für sich gesehen weder dem Ankauf noch der Errichtung eines Gebäudes rechtlich gleichzustellen ist, und in einem konkreten Fall bei einem Abstand von 20 Jahren zwischen Bebauung und Aufteilung in ETW durch einen Architekten einen gewerblichen Grundstückshandel zu Recht verneint. Der BFH stellte dabei darauf ab, dass die Zeitdauer "wesentlich länger als 10 Jahre" betragen habe und führt ergänzend aus, dass...