Rn. 95
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Knobbe-Keuk schlug vor (glA Ebenroth/Willburger, BB 1992, 1043), aus Gründen der Transparenz auf die Erstellung einer Gesamtbilanz zu verzichten, stattdessen von der Gesellschaftsbilanz auszugehen (die auch die begrenzte Steuerrechtssubjektivität der PersGes als Einheit berücksichtigt: s Rn 12b) und die Sonderbilanzen unter Berücksichtigung des hinter dem Konsolidierungsgedanken stehenden sachlichen Ziels aufzustellen (Knobbe-Keuk, DStR 1980, 423; zustimmend Gschwendtner, DStR 1995, 817; Lang, FS Schmidt 1993, 303; Thiel, StuW 1984, 104; Jakob/Jüptner, FR 1985, 225, 227). Dieses besteht darin, den Gewinn unabhängig davon zu besteuern, ob die Leistungen des Gesellschafters durch einen Vorabgewinn oder durch eine Sondervergütung abgegolten werden.
Rspr und hL wollen dagegen die StB der PersGes einschließlich Ergänzungsbilanzen und die Sonderbilanzen der Gesellschafter zu einer additiven Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft, ergänzt um korrespondierende Bilanzierung, zusammenfassen: Gschwendtner, DStR 1995, 915 zu 3.1; BFH v 23.03.2023, IV R 8/20 (IV R 7/17) BFH/NV 2023, 819 Rz 32; Bode in Brandis/Heuermann, § 15 EStG R 448 (08/2023). Das bedeutet schlicht, dass für die durch § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 S 1 Hs 2 EStG erfassten Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern das Imparitätsprinzip (und das Zuflussprinzip – beim Gesellschafter gem § 11 EStG) nicht gelten.
Sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten (einschließlich Rückstellungen) zwischen Gesellschafter und PersGes werden in der StB der PersGes und den Sonderbilanzen der Gesellschafter vielmehr mit den gleichen Werten angesetzt: Diese Vorgehensweise wird als sog "additive Gewinnermittlung mit korrespondierender Bilanzierung" bezeichnet. Zur Verdeutlichung des angestrebten sachlichen Ziels (s folgenden Abschn) führt Knobbe-Keuk den Fall des Gesellschafterdarlehens an. Eine nach allg Grundsätzen abschreibungsfähige Darlehensforderung darf trotz Wertminderung in der Sonderbilanz nicht nach § 6 Abs 1 Nr 2 S 2 EStG berichtigt werden, damit der Grundsatz, Gesellschafterdarlehen haben steuerlich EK-Charakter (BFH BFH/NV 2010, 640; BFH BStBl II 1993, 714; s Rn 86), gewahrt bleibt, so dass sich stille Lasten in der Sonderbilanz bilden. Die Verbindlichkeit in der StB der PersGes weist bei Darlehensgewährung des Gesellschafters dem Grunde und der Höhe nach zwar nicht formal, aber doch funktional EK der Gesellschaft aus (BFH v 01.03.2005, BFH/NV 2005, 1523).
Ziel der korrespondierenden Bilanzierung ist es, eine Gleichstellung des (ggf auch mittelbaren) Mitunternehmers mit dem Einzelunternehmer herzustellen (s Rn 12a und s Rn 12c), der für Sondervergütungen an sich keine den Gewinn mindernden Verbindlichkeiten bilden kann: s BFH v 21.12.2017, IV R 44/14, BFH/NV 2018, 407 Rz 28 zu Rückstellungen für JA-Arbeiten der PersGes, die durch den Gesellschafter im Nachfolgejahr durchgeführt werden und korrespondierend in dessen Sonderbilanz zeitgleich zu aktivieren sind. Weiter s BFH v 09.12.2009, BFH/NV 2010, 640; BFH BStBl II 2000, 612 zu 2; BFH BStBl II 1993; auch s Rn 85b zu Pensionszusagen an den Gesellschafter nach § 6 Abs 1 Nr 2 EStG wertberichtigt.
Die Beteiligungsquote des Gesellschafters ist für die Anwendung der korrespondierenden Bilanzierung unmaßgeblich: s Weiss, StuB 2017, 792; Ritzrow, StBp 2015, 101.
Wegen der Auswirkung des Korrespondenzprinzips auf einen Forderungsverzicht s Rn 74b und s § 15a Rn 28b (Bitz): Der Verzicht wirkt sich erst bei einem (Teil-)Verlust der Einlage im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Beendigung der Gesellschaft aus.
Unverzinsliche Gesellschafterdarlehen unterliegen wegen des Grundsatzes der korrespondierenden Bilanzierung nicht der Abzinsung gem § 6 Abs 1 Nr 3 EStG: BFH v 24.01.2008, BFH/NV 2008, 1301 zu II.3.
Man erhält bei korrespondierender Bilanzierung ohne weiteres das estpfl Ergebnis des einzelnen Mitunternehmers aus der Addition des aus der Gesellschaftsbilanz abgeleiteten Gewinnanteils zuzüglich des Ergebnisses aus seiner Sonderbilanz. Dies entspricht auch den zivilrechtlichen Gegebenheiten. Sondervergütungen werden zeit- und betragsidentisch als Aufwand in der StB der PersGes und Ertrag in der Sonderbilanz des Gesellschafters ausgewiesen, auch wenn sie dem Gesellschafter erst später zufließen (BFH v 21.12.2017, BFH/NV 2018, 407).
Zu einem zeitlichen oder sachlichen Auseinanderfallen der Gewinnauswirkung kann es trotzdem in bestimmten Sonderfällen kommen, weil die korrespondierende Bilanzierung auf solche Sachverhalte begrenzt ist, die mit Sondervergütungen im Zusammenhang stehen, zB wenn
- die an den Mitunternehmer gezahlten Sondervergütungen bei der PersGes als AK oder HK zu aktivieren sind (s Rn 85).
- eine PersGes als Pächterin zum Abbruch des von ihr selbst errichteten Bauwerks gegenüber einem Gesellschafter als dem Verpächter verpflichtet ist, dann ist die in der StB der PersGes zu bildende Rückstellung nicht durch einen korrespondierenden Aktivposten in der Sonderb...