Rn. 24
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Seinen Ursprung hat der früher verwandte Begriff der "faktischen" Mitunternehmerstellung in den Verfügungen der baden-württembergischen FinVerw v 01.12.1983 (StEK EStG § 15 Nr 21). Zuvor wurde vom "Mitunternehmer auf nichtgesellschaftsrechtlicher Grundlage" gesprochen (s Schulze zur Wiesche, DB 1982, 919). Durch den Zusatz "faktisch" sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Person trotz fehlender Gesellschaftereigenschaft als Mitunternehmer nach § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG qualifiziert werden kann, und zwar aufgrund sonstiger (schuldrechtlicher) Rechtsverhältnisse bzw aufgrund rein tatsächlicher Gegebenheiten.
Der Gedanke, dass es für die Qualifizierung einer Person als Mitunternehmer nicht maßgeblich sei, ob sie zivilrechtlich Gesellschafter ist, basierte auf der Rspr des I. und IV. Senats des BFH BStBl II 1975, 489; 1976, 332, gleiche oder ähnliche Formulierungen finden sich in BFH BStBl II 1981, 310; 1981, 602. Die Rechtsfigur des "verdeckten" ("faktischen") Mitunternehmers zielt insb auf Familien-PersGes, um Ausweichversuche gegenüber den die PersGes im Vergleich zur KapGes benachteiligenden steuerlichen Regelungen – insb Nichtabzugsfähigkeit von Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer und steuerverhaftetes Sonder-BV – zu unterbinden (hierzu s Rn 22 und Bsp s Rn 24a–24e). Dies wird insb deutlich in dem Beitrag von Märkle/Müller, BB Beil 1/1985.
Die ertragsteuerlichen Vorteile einer verdeckten Mitunternehmerschaft (s Rn 22a), aber auch die erbschaftsteuerlichen Vorteile wegen Anwendung der §§ 13a, 13b, 19a ErbStG nF sind aber auch zu bedenken (s Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, Kommentar zum ErbStG, § 13b ErbStG Rz 109, EL 56: "Eine Mitunternehmerschaft kann auch ohne zivilrechtliche Beteiligung an einer Gesellschaft nach §§ 13a, 13b ErbStG steuerbegünstigt sein", mwN; aA Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz 289, 37. Aufl, ohne Begründung).
"Verdeckter" Mitunternehmer iSd § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG kann infolge der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung aber nur sein, wer zivilrechtlich nach § 705 BGB Gesellschafter einer PersGes ist (oder – nur in Ausnahmefällen – in einem dem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis des BGB steht): FG Mchn v 17.03.2014, EFG 2014, 1296; BFH v 21.04.2009, BStBl II 2009, 602 und BFH v 16.12.1997, BStBl II 1998, 480 sowie BFH v 13.07.1993, BStBl II 1994, 282; GrS BFH v 25.06.1984, BStBl II 1984, 751 unter C.V.3.b.aa.; hierzu auch s Priester, FS Schmidt 1994, 331; Hg, DStR 1994, 387; zur GbR als Innengesellschaft allg s Rn 54). Eine "faktische" Mitunternehmerschaft gibt es somit nicht, wenn darunter etwas anderes zu verstehen sollte als ein stillschweigend begründetes verdecktes Gesellschaftsverhältnis in der Form der Innengesellschaft (Zweckbündnis): so zu Recht VIII. Senat des BFH v 01.08.1996, BStBl II 1997, 272 und Priester, FS Schmidt, 1993, 331, 353; Fischer, FR 1998, 813, 816.
Ehegatten im Bereich der LuF sind auch jenseits eines ausdrücklich geschlossenen Gesellschaftsvertrags Mitunternehmer, wenn der selbst bewirtschaftete luf Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder ein erheblicher Teil jedem Ehegatten zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der LuF gemeinsam arbeiten; dann ist vielmehr von einem durch schlüssiges Verhalten konkludent zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag auszugehen: BFH v 16.05.2018, BStBl II 2019, 60. Eine verdeckte Mitunternehmerschaft in Form einer Ehegatteninnengesellschaft unterliegt keinem Fremdvergleich: BFH, aaO, Rz 18. Es genügt aber nicht, dass der eine Ehegatte die in seinem Alleineigentum stehenden luf Flächen zur Bewirtschaftung überlässt, während der andere nur seine Arbeitskraft und Kapitalbeiträge einbringt: BFH, aaO, Rz 24. Bei Bejahung von Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative kann auf eine besondere Prüfung des Gesellschaftsverhältnisses verzichtet werden, eine solche Person ist regelmäßig auch zivilrechtlich Gesellschafter iSv § 705 BGB: FG Mchn v 17.03.2014, EFG 2014, 1296.
Ein gewichtiges Indiz für eine verdeckte Mitunternehmerschaft insb bei Ehegatten oder Kindern kann die Höhe der Gesamtbezüge darstellen, wenn sie für vergleichbare Leistungen eines Dritten nicht in dieser Höhe aufzubringen wären; allein das Risiko, mit einer ungesicherten Darlehensforderung auszufallen, genügt jedoch nicht, weil für die Bejahung eines Mitunternehmerrisikos neben einer potenziellen Verlustbeteiligung auch eine Gewinnbeteiligung erforderlich ist (s Rn 23e zu (1), FG Mchn, aaO).
Eine verdeckte Innengesellschaft (Zweckbündnis) kann trotz formal vorliegender nur schuldrechtlicher Austauschverhältnisse – auch partiarischer Natur – dann vorliegen, wenn es sich tatsächlich um eine einen gemeinsamen Zweck (infolge gleichgerichteter Interessen) partnerschaftlich auf gemeinsame Rechnung verfolgende Risikogemeinschaft iSv § 705 BGB handelt statt um erfolgsabhängige Austauschverträge, bei denen jeder Beteiligte (infolge gegenge...