da) Kapitalgesellschaft
Rn. 174
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
KapGes iSd § 15 Abs 3 Nr 2 EStG sind die AG, die GmbH, die KGaA, die kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte beziehen (§ 8 Abs 2 KStG iVm § 1 Abs 1 Nr 1 KStG) und ein gewstpfl Unternehmen sind (§ 2 Abs 2 GewStG),nicht hingegen sonstige juristische Person iSv § 1 Abs 1 Nr 4 KStG, die der KSt unterliegen, insb nicht Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereine aG, Vereine, Anstalten und Stiftungen (§ 1 Abs 1 Nr 2, 3 u 5 KStG).
Eine nur vermögensverwaltend tätige rechtsfähige Stiftung & Co KG fällt somit nicht unter die Fiktion der gewerblichen Prägung (Gestaltungsmittel!), Denn diese erzielt – wie sich aus dem Verweis in § 8 Abs 2 KStG nur auf § 1 Abs 1 Nr 1–3 KStG ergibt – nicht schon kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte: FG Münster v 27.02.2020, EFG 2020, 831, nrkr, Az BFH II R 9/20.
Auch die mit notariellem Abschluss des Gesellschaftsvertrages entstehende sog Vor-GmbH (vgl ua BGH v 04.03.1996, DB 1996, 822) ist eine KapGes iSd gesetzlichen Vorschrift, wenn die GmbH später tatsächlich ins HR eingetragen wird (so auch BFH v 04.11.2004, BStBl II 2005, 405 zu 1.c.; Groh, DB 1987, 1006, 1010 mwN; fraglich lt Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz 216, 41. Aufl). Auch eine ausländische Komplementär-KapGes (zB Ltd) führt zu einer gewerblichen Prägung einer vermögensverwaltenden GmbH & Co KG (auch bei einer KG ausländischen Rechts) mit allen Folgen (degressive AfA nach § 7 Abs 2 EStG zulässig, §-6b-Rücklage möglich): so BFH v 14.03.2007, BStBl II 2007, 924 betreffend den Fall einer liechtensteinischen GmbH als Komplementärin. Im Urteilsfall wurden die KG-Anteile vom einzigen Kommanditisten im PV gehalten, die ausländische GmbH schied aus der KG aus, was zu einer Betriebsaufgabe iSv § 16 Abs 3 EStG führte (wegen der mangelnden originären gewerblichen Tätigkeit und der KG-Anteile im PV war keine Anwachsung zum Buchwert gemäß § 6 Abs 3 möglich: s OFD Bln v 19.07.2002, DStR 2002, 1811). Ebenso OFD NRW vom 05.09.2017, S 1300–2010/0007-St 122, IStR 2017, 996.
Eine GmbH & Co KG ist selbst keine KapGes, ist aber bei Doppelstock-PersGes als Ober-PersGes einer KapGes für diese Beurteilung gleichgestellt (§ 15 Abs 3 Nr 2 S 2 EStG). Diese Gleichstellung gilt, entgegen dem Gesetzeswortlaut, der vom BFH zuungunsten des StPfl wegen "Redaktionsversehen" des Gesetzgebers korrigiert wurde, auch für die originär gewerblich tätige GmbH & Co KG als Obergesellschaft einer doppelstöckigen PersGes: BFH v 08.06.2000, BStBl II 2001, 162 (kritisch Söffing, DB 2003, 905).
db) Persönlich haftende Gesellschafter
Rn. 174a
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Der Begriff "persönlich haftende Gesellschafter" knüpft typisierend an die §§ 128, 161 Abs 1 HGB an und bedeutet idS unmittelbare Haftung für gesetzliche und rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten (s Rn 175) gegenüber den Gesellschaftsgläubigern mit dem gesamten Vermögen. Für die Frage, ob ein Gesellschafter iSd § 15 Abs 3 Nr 2 EStG unbeschränkt oder nur beschränkt haftet, ist nur auf das Gesellschaftsrecht abzustellen, individualvertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen sind nicht zu berücksichtigen: BFH v 22.09.2016, BStBl II 2017, 116 (idS handelt es sich deshalb bei Gesellschaftern einer GbR, einer OHG bzw beim Komplementär einer KG um persönlich haftende Gesellschafter, ohne dass die Haftung gesellschaftsrechtlich beschränkt oder ausgeschlossen werden könnte). Wegen der Sonderform der GmbH & Co GbR s Rn 175.
Eine gewerbliche Prägung ist bei einer GbR oder OHG somit ausgeschlossen, wenn nicht alle Gesellschafter KapGes (dazu s Rn 174a) sind.
Besondere Bedeutung ist den Folgen beizulegen, wenn der persönlich haftende Gesellschafter ausgetauscht wird, dh an die Stelle einer KapGes eine natürliche Person tritt bzw umgekehrt. Dabei ergibt sich die Chance (bei Wegfall der gewerblichen Prägung zum günstigen Zeitpunkt) bzw das Risiko eines Wechselbades zwischen Gewerblichkeit und Vermögensverwaltung, s nachfolgend die ersten beiden Spiegelstriche im Zusammenhang mit BFH v 22.02.2021, BFH/NV 2021, 1169 und s Rn 176b letzter Absatz.
Beispiele:
Einziger Komplementär einer ausschließlich vermögensverwaltend tätigen Immobilien-KG ist der Kaufmann K. Zum 31.12. scheidet K als Komplementär aus. An seine Stelle tritt die GmbH G.
Mit dem Gesellschafterwechsel wird bei Erfüllung der übrigen Merkmals-Voraussetzungen eine gewerblich geprägte PersGes und damit BV begründet. Sämtliche WG sind mit den sich aus § 6 Abs 1 Nr 5 u 6 EStG ergebenden Werten betriebseröffnend einzubuchen.
Einziger Komplementär einer ausschließlich vermögensverwaltend tätigen Immobilien-GmbH & Co KG ist die GmbH G. Zum 31.12. scheidet die GmbH G als Komplementär aus. An ihre Stelle tritt der Kaufmann K. Mit dem Gesellschafterwechsel endet die Fiktion von der gewerblichen Prägung der PersGes.
Analog zu den Konsequenzen bei willentlichem Wegfall der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung (BFH BStBl II 1984, 474; ferner s Rn 400) liegt eine Betriebsaufgabe mit stpfl Auflösung der stillen Reserven vor: BFH v 22.02.2021, BFH/NV ...