Rn. 176
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Der Begriff der "Geschäftsführung" ist gesellschaftsrechtlich zu verstehen (§§ 116, 164 HGB nF; §§ 715, 715a BGB nF). Maßgeblich ist somit eine gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander (so auch R 15.8 Abs 6 S 1 EStR 2012, ergänzt idF EStÄR 2012). Das Recht der PersGes kennt keinen Geschäftsführer, weder einen geborenen noch einen bestellten: BFH v 23.05.1996, BStBl II 1996, 523.
Einheits-GmbH & Co KG (wegen der gesellschaftsrechtlichen Strukturen und der Vermeidung von Interessenkonflikten s Rn 46 sowie zum Literaturnachweis s vor Rn 165):
- Nach R 15.8 Abs 6 S 5 EStR 2012 führt, nach dem Gesetzeswortlaut folgerichtig, bei einer sog Einheits-GmbH & Co KG, bei der sich die Anteile der Komplementär-GmbH im Gesamthandsvermögen der GmbH & Co KG befinden (s Rn 46), ein zur Vermeidung von Interessenkonflikten aus den Kommanditisten gebildeter Beirat mangels organschaftlicher Geschäftsführungsbefugnis nicht zum Wegfall der gewerblichen Prägung.
- Gleiches gilt lt Urteil des BFH v 13.07.2017, BStBl II 2017, 1126, mit dem für Rechtssicherheit gesorgt wurde, wenn der allein geschäftsführungsbefugten Komplementär-GmbH im Gesellschaftsvertrag der KG die Geschäftsführungsbefugnis nur bei der Ausübung der Gesellschaftsrechte aus oder an den von der KG gehaltenen Gesellschaftsanteilen an der Komplementär-GmbH entzogen und diese auf die Kommanditisten übertragen wird (so jetzt auch § 170 Abs 2 HGB nF), eine schon bisher allgemein übliche gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die die Kommanditisten zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschafterrechte an der GmbH nur für einen Sonderfall ermächtigt. Die den Kommanditisten dergestalt eingeräumten Befugnisse betreffen nur die Komplementär-GmbH selbst, sie erstrecken sich nicht auf die Unternehmenstätigkeit der KG selbst und können daher keine die gewerbliche Prägung aufhebende Wirkung entfalten (so BFH v 13.07.2017, aaO). Die Ausübung der eigentlichen Unternehmenstätigkeit auf Ebene der KG obliegt nur der Komplementär-GmbH selbst (glA Brinkmeyer, GmbH-StB 2015, 115; Wachter, GmbHR 2015, 177). Die Entscheidung des BFH, die der Rechtssicherheit dient, ist zu begrüßen (so auch Urteilsanmerkung von Wendt, FR 2018, 91 und Wachter, DB 2017, 2827, 2833; zweifelnd (noch) Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz 223 (43. Aufl 2024), weil den Kommanditisten auch eine nur rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt werden könnte).
ea) Geschäftsführung obliegt Nichtgesellschaftern anstelle von Gesellschaftern
Rn. 176a
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Zur Eingrenzung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals wird nachfolgend davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber einem Irrtum unterlegen ist, wenn er davon ausgegangen ist, eine PersGes könne – wie eine KapGes – ausschließlich Nicht-Gesellschafter statt Gesellschafter zu Geschäftsführern berufen; anders als bei KapGes ist eine sog "Fremdorganschaft" im Recht der PersGes nämlich nicht vorgesehen, es gilt vielmehr das Prinzip der "Selbstorganschaft", dh, die Geschäftsführung steht ausschließlich den Gesellschaftern zu (§ 116 Abs 1 HGB nF; vgl BGHZ 51, 200; BGHZ 41, 369; BGHZ 33, 108; BGHZ 26, 333; Jickeli in MüKo HGB, § 114 HGB (aF) Rz 24 (5. Aufl 2022); Felix, DStZ 1986, 117 mwN; Groh, DB 1987, 1006, 1011). Lediglich zeitlich begrenzt ist die Einsetzung eines Nichtgesellschafters zum alleinigen Geschäftsführer möglich, nämlich nach Ausschließungsklage gegen den einzigen Komplementär für die Dauer des Ausschließungsprozesses (BGHZ 51, 200; BGHZ 33, 105): vgl JfFSt 1986/87, 219, 249. Wird im Gesellschaftsvertrag dennoch die Möglichkeit zur Drittgeschäftsführung eingeräumt und auch durchgeführt, so führt dies für die mit Geschäftsführungsaufgaben betrauten Nicht-Gesellschafter nicht zu einer Geschäftsführungsbefugnis kraft eigenen Rechts, sondern zu einer derivativen Rechtsstellung iS einer Generalvollmacht (vgl Felix, DStZ 1986, 119; Herzig/Kessler, DStR 1986, 451, 456). Eine PersGes kann gegen ihren Willen eben niemals von einem Nicht-Gesellschafter abhängig werden; bei Fremdorganschaft bleibt daher die gesetzliche Geschäftsführungsregelung unangetastet, dh, es gilt weiterhin gemeinschaftliche Geschäftsführung aller Gesellschafter bei der GbR (§ 715 BGB nF) und Einzelgeschäftsführung eines jeden Komplementärs bei der KG (§§ 115, 163 HGB).
Das Tatbestandsmerkmal reduziert sich somit im Hinblick auf die Geschäftsführung durch Nichtgesellschafter auf den Sachverhalt, dass nur unbeschränkt persönlich haftende Gesellschafter in der Rechtsform von KapGes bzw gewerblich geprägte PersGes und daneben Nicht-Gesellschafter Geschäftsführer sind: dann gewerbliche Prägung.
eb) Geschäftsführung obliegt nur/auch Kommanditisten
Rn. 176b
Stand: EL 177 – ET: 12/2024
Nach der gesetzlichen Vorschrift des § 164 iVm § 116 Abs 2 S 1 HGB nF sind die Kommanditisten von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Da diese Vorschrift jedoch dispositiver Natur ist (§ 108 HGB nF), kann dem Kommanditisten einer KG unter Ausschluss des Komplementärs (zulässig lt BGHZ 41, 349; BGHZ 17, 294) oder zusammen mit dem Komplementär im...