A. Begriff des Gewerbebetriebs
Rn. 3
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die einkommensteuerlichen Begriffe "Gewerbebetrieb" und "gewerbliches Unternehmen" in § 15 Abs 1 S 1 EStG und in § 15 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG sind Synonyme: BFH v 17.01.1973, BStBl II 1973, 260 zu 1. mit Hinweis auf § 2 Nr 1 S 2 GewStG aF (heute § 2 Abs 1 S 2 GewStG). Eine eigenständige einkommensteuerliche Definition erfuhr der Begriff des Gewerbebetriebs erst durch § 15 Abs 2 EStG: s Rn 1b (ergänzend s Rn 303 zur Interpretation des "originären" Gewerbebetriebs des Besitzunternehmens bei Betriebsaufspaltung).
Die fünf positiven und zwei negativen Merkmale des Gewerbebetriebs iSd EStG sind:
- Selbständigkeit der Tätigkeit, mit der
- Absicht, Gewinn zu erzielen (s § 15 Abs 2 EStG) und
- Nachhaltigkeit (ergänzend s Rn 118–127a)
- Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
- und – lt Rspr – Überschreitung des Rahmens privater Vermögensverwaltung (s Rn 130),
wenn die Tätigkeit
- weder als Ausübung von LuF (§ 13 EStG)
- noch als Ausübung selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) anzusehen ist.
Vom Gewerbebetrieb iSd GewStG unterscheidet sich der einkommensteuerliche Gewerbebetrieb nur dadurch, dass er früher, dh vor dem werbenden Außenauftritt, beginnt (s Rn 3a u 3b) und auch später, nämlich erst nach Einstellung der werbenden Tätigkeit nach außen, endet: s § 24 Nr 2 EStG; wegen einer möglichen Änderung für PersGes (auch gewerbesteuerlich Beginn mit Vorbereitungshandlungen) wegen § 7 S 2 GewStG 2003 Hinweis auf s Rn 3b.
Der Gewerbeertrag ist sowohl der Höhe als auch dem Grunde nach selbstständig zu ermitteln: BFH BStBl II 2004, 699.
Vom Begriff der gewerblichen Tätigkeit iSv § 2 Abs 1 S 1 UStG und vom (stpfl) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb iSv § 14 AO unterscheidet sich der einkommensteuerliche Gewerbetrieb insoweit, als UStG und AO keine Gewinnabsicht fordern (§ 2 Abs 1 S 3 UStG; § 14 S 2 AO).
Der einkommensteuerliche Gewerbebetrieb ist nicht identisch mit den zivilrechtlichen Begriffen des "Gewerbebetriebs" bzw des "gewerblichen Unternehmens" iSd §§ 1, 2 HGB: BVerfG v 14.01.1969, BStBl II 1969, 389; BFH v 02.11.1971, BStBl II 1972, 360. Hierzu auch Hinweis auf Schmitt, DB 2003, 703. Ist insb § 2 HGB erfüllt und Gewinnerzielungsabsicht gegeben, so gilt dies auch als Indiz für das Vorliegen eines einkommensteuerlichen Gewerbebetriebs; der bloße Rechtsschein durch Eintragung gem § 5 HGB, die Eigenschaft als Scheinkaufmann bzw eine Gewerbeanmeldung, reicht jedoch nicht aus (BFH BStBl II 2005, 168 zu II.1. der Begründung). Gleiches gilt analog für ein in das HR eingetragenes luf Unternehmen iSv § 3 Abs 3 HGB, das dennoch unter § 13 EStG fällt.
Wegen der Definition des Gewerbebetriebs s Rn 117ff.
B. Beginn und Ende des gewerblichen Unternehmens
1. Tätigkeiten vor Eröffnung
Rn. 3a
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die Festlegung, ab wann im einkommensteuerlichen Sinne (für die GewSt nachfolgend s Rn 3b) der Gewerbebetrieb beginnt, ist in zweierlei Hinsicht wichtig, und zwar
(1) |
für die Feststellung, welche Aufwendungen (und Erträge) für die einkommensteuerliche Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigungsfähig sind, sowie |
(2) |
für die Bestimmung des Zeitpunkts der Betriebseröffnung iSd § 6 Abs 1 Nr 6 EStG – identisch mit dem Zeitpunkt der Anerkennung einkommensteuerlich abzugsfähiger BA – und damit gem § 6 Abs 1 Nr 5 EStG für die Frage des Ansatzes von Teilwert oder AK für die dem Betrieb zugeführten WG sowie die Ermittlung der Höhe des Teilwerts. |
Ferner s Rn 131b betreffend Grundstückshandel: identischer Beginn für ESt und GewSt, s BFH BStBl II 2002, 537 unter II.A.1.c.
Gemäß § 343 HGB gehören zum Betrieb des Handelsgewerbes "nicht nur die Geschäfte, die erst während seines Bestehens geschlossen werden, sondern auch solche, die den Betrieb lediglich vorbereiten" (Schlegelberger, HGB, Rz 17 zu § 343). Dies gilt auch für die ESt und die Qualifikation als BA iSd § 4 Abs 4 EStG. So entschied bereits der RFH (RFH RStBl 1936, 766):
Zitat
Der Gewerbebetrieb im einkommensteuerlichen Sinn beginnt sonach bereits mit der ersten Vorbereitungshandlung.
Die in der Vorbereitungsphase evtl fehlende Beteiligung am allg wirtschaftlichen Verkehr (s Rn 127) als essentielle Voraussetzung für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs iSd § 2 GewStG irritierte den RFH nicht, denn seiner Ansicht nach hat die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs, die an die Ingangsetzung und damit verbundene Beteiligung am allg wirtschaftlichen Verkehr anknüpft (vormals § 1 GewStDV aF, jetzt § 15 Abs 2 S 1 EStG), "Bedeutung im Wesentlichen für die Frage der Abgrenzung gewerblicher Einkünfte von anderen Einkunftsarten" (RFH RStBl 1936, 766). Dem ist zuzustimmen: die ESt als Personensteuer stellt auf die persönliche Leistungsfähigkeit ab, die bereits durch Aufwendungen iRd Vorbereitungshandlungen gemindert wird (kritisch Hermstädt, DB 1977, 2398).
Der Ansicht des RFH hinsichtlich der einkommensteuerlichen Relevanz der Vorbereitungsphase schloss sich der BFH an (erstmalig BFH BStBl III 1952, 292; später BFH BFH/NV 2012, 266; BFH BStBl II 1993, 538; BFH BFH/NV 1992, 797; BFH BStBl II 1991, 840 – Zeitraum, kein Zeitpunkt; BFH BStB...