Schrifttum:
Freese, Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung, BB 1978, 743;
Schütte/Freese, Einzelprobleme der steuerlichen Behandlung von Verlusten aus gewerblicher Tierhaltung oder Tierzucht, BB 1978, 1410;
Leingärtner, Das Junktim zwischen landwirtschaftlicher und gewerblicher Tierzucht und Haltung, INF 1988, 387;
App, Die Berücksichtigung von Verlusten aus Tierzucht und Tierhaltung, INF 1990, 538.
Verwaltungsanweisungen:
OFD Erfurt v 12.09.1996, DB 1996, 2003 (gesonderte Verlustfeststellung);
OFD Ffm v 09.09.2002, DB 2002, 2303 (gesonderte Feststellung nicht ausgeglichener Verluste aus gewerblicher Tierzucht/Tierhaltung);
BMF v 20.10.2004, BStBl I 2004, 1097 (Verrechnungsbeschränkung nach Maßgabe des § 10d EStG);
BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542 Rz 22 (Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen, Vorrang von § 15b EStG);
R 15.10 EStR 2012.
A. Entstehung und Zweck der Vorschrift, Begriff der "gewerblichen" Tierzucht (-haltung), betroffene StPfl und gesonderte Feststellung
1. Entstehung der Vorschrift
Rn. 180
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Die Bestimmung wurde durch Art 1 Nr 1 Zweites StÄndG 1971 (BStBl I 1971, 373) als § 2 EStG eingeführt.
Durch das EStRG 1974 ist die Vorschrift ohne Wortlautänderung nach § 15 EStG übernommen worden.
Durch Art 5 Nr 6 StEntlG 1984 (BStBl I 1984, 17) wurden die Worte "im vorangegangenen Wj" durch die Worte "in vorangegangenen" ersetzt.
Durch das StEntlG 1999/2000/2002 v 24.03.1999, BStBl I 1999, 304 wurde in S 2 das Wort "vorangegangenen" durch "in dem unmittelbar vorangegangenen" ersetzt. Der Verlustrücktrag wird entsprechend der Neuregelung in § 10d Abs 1 S 1 EStG auf ein Jahr begrenzt. Geändert wurde außerdem – ohne weitere Bedeutung, wohl in Anpassung an die sprachlichen Fassungen von § 22 Nr 3 S 3 u 4 EStG sowie § 23 Abs 3 S 6 u 7 EStG – die Formulierung des zweiten Hs "in späteren Wj" durch "in den folgenden Wj". Nach wie vor wird ein Verlustvortrag zeitlich unbeschränkt zugelassen.
2. Zweck der Vorschrift
Rn. 180a
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Die Vorschrift soll dazu dienen, dass Wettbewerbsverzerrung gegenüber der Landwirtschaft zu deren Ungunsten entgegengewirkt wird. Mit dem Ausgleichs- und Abzugsverbot des § 15 Abs 4 S 1 u 2 EStG wird der Schutz der traditionellen Tierzucht und Tierhaltung auf selbstbewirtschafteten ausreichenden landwirtschaftlichen Flächen vor der industriellen Tierproduktion bezweckt (s zB BFH BStBl II 1990, 152).
Im schriftlichen Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zur BT-Drucks VI/2350 (neu) betreffend das EStRG 1974 heißt es unter II. Begründung der Änderungs- und Ergänzungsvorschläge Art 1 Nr vor 1 (§ 2a EStG):
Zitat
"Gewerbliche Tierhaltungsbetriebe erwirtschaften insbesondere in den ersten Jahren ihres Bestehens vornehmlich durch Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs 2 buchmäßige Verluste. Die Möglichkeit, solche Verluste mit anderen positiven Einkünften auszugleichen, ist für StPfl mit hohen Einkommen idR der Hauptgrund für den Erwerb einer Beteiligung an gewerblichen Tierhaltungs- oder Tierzuchtunternehmen. Die Wettbewerbsstellung der Landwirtschaft wird dadurch erheblich beeinträchtigt. Da jedoch sichergestellt werden muss, dass modern strukturierte landwirtschaftliche Betriebe auch in Zukunft ihren Platz in der Veredelungswirtschaft behaupten können, hält der Ausschuss es für geboten, durch einen neuen § 2a auszuschließen, dass Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb oder mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden können. Ergänzend wird vorgesehen werden, dass diese Verluste auch nicht in späteren VZ nach § 10d als SA vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden können. Sie sollen jedoch in den fünf folgenden VZ die aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung erzielten Gewinne mindern dürfen."
Man hätte im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Frage, wie die Verluste bei gemischten Betrieben zu ermitteln sind, stattdessen in § 6 Abs 2 EStG eine Vorschrift aufnehmen sollen, die die Abschreibungsfreiheit für Tiere in gewerblichen Betrieben verboten hätte. Keine Rede kann allerdings davon sein, dass etwa nur Verluste unberücksichtigt blieben, die bei gewerblichen Tierzucht- und Tierhaltungsbetrieben durch die Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs 2 EStG bei Tieren entstehen. Es sind alle Verluste vom Verlustausgleich und vom Verlustabzug "nach Maßgabe" des § 10d EStG ausgeschlossen, die aus solchen Betrieben entstehen (BFH BStBl II 1981, 359).
Die Vorschrift ist entsprechend dem Gesetzeszweck restriktiv auszulegen:
(1) |
Wird neben einer Tierzucht oder Tierhaltung, die für sich gesehen wegen des Vorhandenseins der erforderlichen landwirtschaftlichen Flächen als luf Tätigkeit einzuordnen wäre, eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, ist darauf § 15 Abs 4 EStG nicht anzuwenden, auch wenn die Tierzucht oder Tierhaltung sich nur als Nebenbetrieb der gewerblichen Tätigkeit darstellt, dh mit dem gewerblichen Hauptbetrieb in einer planmäßigen, dessen Interesse fördernden Weise verbunden ist: BFH v 01.02.1990, BStBl II 1991, 625 zum Nebeneinander von verlustbringender Rinderzucht und gewerblicher He... |