a) Unentgeltliches Ausscheiden
Rn. 53
Stand: EL 179 – ET: 02/2025
Kommt in Frage vor allem bei Übertragung aus familiären Gründen, aber bei erkennbarem Willen zur Unentgeltlichkeit auch zwischen Fremden (s FG Düsseldorf EFG 2010, 803 bei Übertrag an Mitarbeiter, weil der Inhaber keine eigenen Kinder hat): s Rn 51b.
Voraussetzung für Unentgeltlichkeit bei fremden Dritten ist ansonsten, dass die übergebenen stillen Reserven einschließlich anteiligem Geschäftswert mindestens dem negativen Kapitalkonto entsprechen, im Einzelnen s Rn 51b.
Ist Unentgeltlichkeit geplant, müssen Gleichstellungsgelder an nahe Angehörige vermieden werden, denn nach der sog "Einheitstheorie" (BFH v 10.07.1986, BStBl II 1986, 811) führt jedes noch so kleine Entgelt zu voller Entgeltlichkeit des Vorgangs. Das lässt sich dadurch vermeiden, dass der Übertragende vor dem Übertrag Geldmittel entnimmt und diese selbst dem Gleichzustellenden zuwendet: so Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 167 zu (2) (43. Aufl 2024).
Ist Unentgeltlichkeit gegeben, steht das negative Kapitalkonto aufgrund ausgleichs-/abzugsfähiger Verluste der Unentgeltlichkeit iSv § 6 Abs 3 EStG grundsätzlich nicht im Wege (BFH v 01.03.2018, IV R 16/15, BStBl II 2018, 527 Rz 25; BFH v 10.03.1998, BStBl II 1999, 269; BFH v 13.01.1993, BStBl II 1993, 80 Rz 30; BFH v 11.05.1995, IV R 44/93, BFH/NV 1995, 68; BFH BStBl II 1973, 111; wohl auch BFH BStBl II 1986, 896/900; FG Nürnberg v 02.12.2010, EFG 2011, 1162; s Rn 51b; glA Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 230 (38. Aufl 2019)), dh, es entsteht beim Übertragenden kein Veräußerungsgewinn, der erwerbende Rechtsnachfolger führt das negative Kapitalkonto und die anteiligen Buchwerte fort (s Rn 51b; BFH v 11.05.1995, IV R 44/93, BFH/NV 1995, 68; FG Saarland EFG 1986, 74).
Dies hat im Vergleich zur gleichzeitigen Übernahme eines verrechenbaren Verlustes (s Rn 51b) für den Erwerber die ungünstige Folge, dass künftige Gewinne zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zu versteuern sind, ohne dass Gewinnauszahlungsansprüche entstehen. Zusätzlich sind bei Veräußerung des Anteils die anteiligen stillen Reserven zu versteuern (mit begünstigtem Steuersatz nach den §§ 16, 34 EStG). Dies ist jedoch in sich logisch, weil erst künftig anfallende Gewinnanteile noch von niemandem versteuert worden sind, da bei dem unentgeltlichen Anteilsübergang kein Veräußerungsgewinn entstanden ist (der allerdings begünstigt gewesen wäre), und die Verluste des Ausscheidenden, die zum negativen Kapitalkonto geführt haben, in der Vergangenheit schon ausgleichsfähig waren.
b) Entgeltliches Ausscheiden
Rn. 54
Stand: EL 179 – ET: 02/2025
Scheidet ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto gem § 167 iVm § 171 Abs 1 HGB nF ohne Ausgleichsverpflichtung aus der KG aus und geht das negative Kapitalkonto entgeltlich auf einen oder alle bisherigen Gesellschafter nach § 738 BGB mit zusätzlicher Abfindung oder an Dritte gegen ein zusätzliches Entgelt, entsteht beim ausscheidenden Kommanditisten ein nach den §§ 16, 34 EStG begünstigter Veräußerungsgewinn: Im Einzelnen und zur Berechnungsweise s Rn 50.
Die Begünstigungen der §§ 16, 34 EStG gelten auch für den Teil des negativen Kapitalkontos, der durch steuerlich wirksame Verlustanteile wegen überschießender Außenhaftung gem § 15a Abs 1 S 2 und 3 EStG entstanden ist (so zu Recht Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 152 (43. Aufl 2024), weil zwar insoweit eine Haftungsminderung iSv § 15a Abs 3 EStG vorliegt, die als solche zu einem laufenden Gewinn führen würde, an die Stelle des Veräußerers aber die Haftung des Erwerbers tritt; glA Biergans, DStR 1981, 3, 14; aA Kudrass, BB 1986, 637, 638).
Der oder die Übernehmer des Anteils haben in Höhe des negativen Kapitalkontos zzgl einer evtl darüber hinaus gezahlten Abfindung AK für die erworbenen Anteile an den stillen Reserven in den entsprechenden Einzel-WG des Gesellschaftsvermögens bzw für einen anteiligen Firmenwert der Gesellschaft in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren (BFH BStBl II 1994, 745; BFH BStBl II 1981, 795) oder bei darüber hinausgehenden AK einen aktiven Ausgleichsposten in der Ergänzungsbilanz (so BFH v 01.03.2018, BStBl II 2018, 527 Rz 29 oder mE zutreffend einen außerbilanziellen Merkposten zu bilden (zum Merkposten s § 15 Rn 64 zu (1) (b) Beispiel (Bitz) analog). Die außerbilanzielle "Merkposten"-Version scheint mir systemgerecht, da eine Ergänzungs-"Bilanz" sich nur auf aktivierbare Einzel-WG oder den derivativen Geschäftswert erstrecken kann (zwangsweise Verrechnung von Ausgleichs- oder Merkposten gegen künftige Anteilsgewinne, s BFH v 01.03.2018, aaO; BFH v 08.03.2017, BFH/NV 2017, 1306 Rz 18; ebenso FG Düsseldorf v 17.04.2018, EFG 2018, 1113 rkr).
Außer bei einer als Sonder-BA zu behandelnden Fehlmaßnahme scheint mir aber ohnehin der Fall eines über den Firmenwert wesentlich hinausgehenden aktiven Ausgleichs- oder Merkpostens nicht von praktischer Bedeutung zu sein, wozu Hoffmann, BB 1995, 1397 zu Recht anmerkt, dass es aus der Ex-ante-Sicht des Erwerbenden zum Erwerbszeitpunkt keine Kosten einer Fehlmaßnahme, sondern nur AK geben kann...