a) Objektives Nettoprinzip
aa) Allgemeines
Rn. 26
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Das objektive Nettoprinzip als Ausfluss des Leistungsfähigkeitsprinzips verlangt, dass der StPfl Aufwendungen, die er zur Erzielung von Einnahmen aufwendet, von den Einnahmen abziehen darf. Ausführlich dazu s § 2 Rn 16ff (Handzik).
ab) Wertungen zu § 2b EStG aF
Rn. 27
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Gegen § 2b EStG aF wurden in der Literatur auch verfassungsrechtliche Bedenken (offengelassen von FG BdW v 07.07.2011, 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897, Rev, Az des BFH IV R 40/11) unter dem Gesichtspunkt, die Vorschrift verstoße gegen das (objektive) Nettoprinzip (als Ausfluss des Leistungsfähigkeitsprinzips, Art 3 Abs 1 GG), erhoben (Naujok, BB 2007, 1365; Brandtner/Raffel, BB 2006, 639; Brandtner/Lechner, BB 2007, 1922).
ac) Aussage zu § 15b EStG
Rn. 28
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Da der Gesetzgeber aber zu dessen reiner Verwirklichung bekanntlich nicht verpflichtet ist, erscheint dieser Angriff gegen § 15b EStG nach hier vertretener Ansicht wenig erfolgversprechend. Auch das FG Sachsen v 05.05.2010, 8 K 1853/09, DStRE 2012, 2053, rkr, kann keinen Verstoß erkennen (glA Schuska, DStR 2014, 825; Lindberg in Frotscher/Geurts, § 15b EStG Rz 12).
b) Kein vollständiger Ausschluss der Verlustverrechnung
Rn. 29
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 15b EStG wäre verfassungsrechtlich bedenklich, wenn es eine Verlustverrechnung vollständig ausschließen würde (FG BdW v 07.07.2011, 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897, Rev, Az des BFH IV R 40/11). Das ist aber nicht der Fall.
c) Verlagerung der Verlustverrechnung
Rn. 30
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 15b EStG verlagert oder verschiebt die Verluste jedoch nur auf spätere VZ. Auch dies allein ist per se nicht verfassungswidrig; es genügt, dass die Verluste überhaupt, sei es auch in späteren VZ, berücksichtigt werden (FG BdW v 07.07.2011, 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897, Rev, Az des BFH IV R 40/11). S etwa zur Verfassungsmäßigkeit des § 15a EStG Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 31, 32.
d) Diskriminierung von Verlusten aus Steuerstundungsmodellen gegenüber anderen Verlusten?
Rn. 31
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 15b EStG diskriminiert Verluste aus Steuerstundungsmodellen gegenüber anderen Verlusten. Das FG BdW v 07.07.2011, 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897, Rev, Az des BFH IV R 40/11 hält dies für verfassungsrechtlich zulässig; es obliege dem StPfl, durch eine alternative Gestaltung des Sachverhalts diese Rechtsfolgen zu vermeiden.
ME sticht diese Begründung nicht. Allerdings dürfte es im weiteren gesetzgeberischen Spielraum liegen, solche Verluste "schlechter" zu behandeln als andere.
e) Gleichgestellte Aktivitäten in § 52 Abs 33a S 3 EStG aF
Rn. 32
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Dass der Gesetzgeber gewisse Aktivitäten wie Kapitalerhöhungsbeschlüsse oder Reinvestitionen von Erlösen in neue Projekte dem Beitritt/Vertriebsbeginn gleichgestellt hat, ist nicht zu beanstanden, sondern liegt iRd gesetzgeberischen Spielraums.
f) Die 10 %-Grenze (§ 15b Abs 3 EStG)
Rn. 33
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Die sog Aufgriffsgrenze von 10 % (dh die Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten/aufzubringenden Kapitals darf nicht 10 % übersteigen) ist sehr eng gezogen, allein schon wegen der Sonder-AfA nach § 7g Abs 5–7 EStG. Sie mag rechtspolitisch zu kritisieren sein, liegt aber iRd des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums und ist daher nicht verfassungswidrig.