a) Allgemeines
Rn. 83
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 20 Abs 7 EStG nF/§ 20 Abs 2b EStG aF enthält:
- in S 1 eine Rechtsgrundverweisung auf § 15b EStG; dh, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b EStG müssen "sinngemäß" vorliegen (also auch die Überschusserzielungsabsicht, BFH v 17.01.2017, VIII R 7/13, BStBl II 2017, 700), dann sind auch "sinngemäß" die Rechtsfolgen des § 15b EStG für Einkünfte aus KapVerm anzuwenden (BFH v 07.05.2019 VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751)
- in S 2 eine Erweiterung der Verweisung für den Begriff des "vorgefertigten Konzepts". Diese genügt dem Bestimmtheitsgebot (BFH v 28.06.2017, VIII R 57/14, BStBl II 2017, 1144). Allg zum (verfassungsrechtlichen) Bestimmtheitsgebot s Rn 17ff.
Rn. 84
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Die FinVerw äußerte sich im Anwendungsschreiben zu § 15b EStG (BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542) nicht zu seinem Anwendungsbereich iR dieser Verweisung (kritisch deswegen Naujok, DStR 2007, 1601). Dazu s § 20 Rn 1553 (Schlotter).
Rn. 84a
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Aufgrund der Verweisung gilt § 15b EStG daher sowohl für positive als auch für negative Einkünfte aus KapVerm (BFH v 17.01.2017, VIII R 7/13, BStBl II 2017, 700).
b) Verhältnis § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/Abs 2b S 1 EStG aF zu § 20 Abs 6 EStG
ba) Rechtslage bis einschließlich VZ 2013
Rn. 85
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Es ergab sich folgende Rechtslage:
Vorschrift |
Regelungsinhalt |
§ 20 Abs 6 S 1 EStG aF |
Verbleibende positive Einkünfte aus KapVerm sind nach der Verlustverrechnung iRd KapSt-Abzugs zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften zu verrechnen. |
§ 20 Abs 6 S 2 EStG aF |
Verluste aus KapVerm dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. |
§ 20 Abs 6 S 3 EStG aF |
Sie mindern jedoch die Einkünfte, die der StPfl in den folgenden VZ aus KapVerm erzielte |
bb) Rechtslage ab VZ 2014
Rn. 86
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Art 2 Nr 9c des G zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl I 2014,1266) hob § 20 Abs 6 S 1 EStG aF mit Wirkung ab VZ 2014 (Art 2 Nr 34 des G) auf. Daraus ergibt sich:
Vorschrift |
Regelungsinhalt |
§ 20 Abs 6 S 1 EStG nF |
Verluste aus KapVerm dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. |
§ 20 Abs 6 S 2 EStG nF |
Sie mindern jedoch die Einkünfte, die der StPfl in den folgenden VZ aus KapVerm erzielte |
bc) Konkurrenz
Rn. 87
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Sowohl für den Zeitraum ba) als auch bb) (s Rn 85, 86) stellt sich die Frage der Konkurrenz der Vorschriften zu § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF mit § 15b EStG. Gragert, NWB 31/2010, 2450 vertritt mE zu Recht den Vorrang des § 15b EStG. Schon aus der systematischen Stellung des § 20 Abs 7 EStG gegenüber Abs 6 ergibt sich, dass über die Verweisung in Abs 7 des § 20 EStG dieser lex specialis ist. Somit bezieht sich der Anwendungsbereich des § 20 Abs 6 EStG nur auf solche Einkünfte aus KapVerm, die nicht Steuerstundungsmodelle nach § 15b EStG sind.
c) Die 10 %-Grenze (§ 20 Abs 7 S 1 EStG nF/Abs 2b S 1 ESG aF)
Rn. 88
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Nach § 2 Abs 5b EStG sind KapErtr nach § 32d Abs 1, § 43 Abs 5 EStG (= diese unterliegen der AbgSt) nicht einzubeziehen, soweit Rechtsnormen des EStG etwa an die Begriffe "Einkünfte", "Summe der Einkünfte", "Gesamtbetrag der Einkünfte", "Einkommen", "zvE" anknüpfen. Zu § 2 Abs 5b EStG s § 2 Rn 349a–349g (Handzik).
Rn. 89
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Für die 10 %-Grenze (s Rn 147ff) des § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG aF iVm § 15b Abs 3 EStG soll § 2 Abs 5b EStG nicht einschlägig sein (Gragert, NWB 31/2010, 2450). Beachte auch s Rn 91c.
d) Das vorgefertigte Konzept (§ 20 Abs 7 S 2 EStG nF/Abs 2b EStG aF)
Rn. 90
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Per Rechtsgrundverweisung in § 20 Abs 7 S 1 EStG nF/§ 20 Abs 2b S 1 EStG (s Rz 83) ist auch § 15b Abs 2 S 2 EStG "sinngemäß" anzuwenden. Danach liegt auch für Einkünfte aus KapVerm ein Steuerstundungsmodell vor aufgrund modellhafter Gestaltung, durch das steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen, wenn dem StPfl aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.
Rn. 91
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Nach S 2 des § 20 Abs 7 EStG nF/§ 20 Abs 2b EStG aF liegt ein vorgefertigtes Konzept auch (= Erweiterung des Anwendungsbereiches der Vorschrift) vor, wenn die positiven Einkünfte "nicht der tariflichen ESt unterliegen". ME erklärt sich diese Vorschrift mit dem Hinweis des Gesetzgebers auf Gestaltungen mit nach § 20 Abs 1 Nr 6 S 2 EStG steuerbegünstigten Kapitallebensversicherungen, die nach 12jähriger Dauer nach vollendetem 60. Lebensjahr ausbezahlt werden.
Rn. 91a
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Im welchen VZ die positiven Einkünfte nicht der tariflichen ESt unterliegen müssen, ist offen (BFH v 28.06.2017, VIII R 57/14, BStBl II 2017, 1144; BFH v 07.05.2019, VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751).
Rn. 91b
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Mit "tariflichen ESt" ist nur der progressive Steuersatz nach § 32a EStG gemeint (also nicht der AbgSt-Steuersatz nach § 32d EStG), BFH v 28.06.2017, VIII R 57/14, BStBl...