A. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, Rechtsentwicklung
Rn. 1
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 15b EStG wurde entsprechend den Vorgaben des Koalitionsvertrages durch Art 1 Nr 4 des G zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen (v 22.12.2005, BGBl I 2005, 3683) eingeführt und war wie die zT übergangsweise Abschaffung der § 3 Nr 9, 10, 15 EStG und des § 10 Abs 1 Nr 6 EStG (G zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm v 22.12.2005, BGBl I 2005, 3682) eines der ersten steuerlichen ÄnderungsG der damaligen Großen Koalition (2005–2009).
Im JStG 2007 (v 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878) wurde die Bezeichnung "vom Hundert" durch "Prozent" ersetzt.
Rn. 2
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Art 11 Nr 5 des G zur Anpassung des InvStG ua G an das AIFM-UmsetzungsG (AIFM-StAnpG v 18.12.2013, BGBl I 2013, 4318) fügte einen neuen Abs 3a in § 15b EStG ein, erstmals anzuwenden auf Verluste der dort bezeichneten Steuerstundungsmodelle, bei denen WG des UV nach dem 28.11.2013 angeschafft, hergestellt oder in das BV eingelegt werden (Art 11 Nr 9e des G = § 52 Abs 33a S 5 EStG). S dazu Heuermann, DStR 2014, 169. Dazu s Rn 46, 172ff.
Durch Art 4 Nr 9 des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v 18.07.2016 (BGBl I 2016, 1679) wurden die zwei Verweise in S 4 u 5 des § 15b EStG angepasst (nunmehr lautend: § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO).
B. Der Sinn und Zweck der Vorschrift
1. Allgemeines
Rn. 3
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In der Begründung zum Allg Teil (BT-Drucks 16/107, 7) führt der Gesetzgeber aus, dass die Attraktivität sog Steuerstundungsmodelle "wirkungsvoll eingeschränkt werden soll". Darauf nimmt auch BFH v 06.02.2014, IV R 59/10 BStBl II 2014, 465 Bezug. Diese seien ihm schon seit langem "ein Dorn im Auge". Künftig sollten die Verluste nur noch mit späteren positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden können. Durch diese Verlustverrechnungsbeschränkung, so führt die G-Begründung aaO weiter aus, werde ein Anreiz für mehr Rentabilität gesetzt und die Förderung volkswirtschaftlich fragwürdiger Steuersparmodelle beendet, die insb von StPfl mit höheren Einkünften genutzt werden, um ihre Steuerbelastung zu senken. Die Neuregelung trage damit zu mehr Steuergerechtigkeit bei. "Übliche unternehmerische Aktivitäten" seien jedoch von § 15b EStG nicht erfasst (BT-Drucks 16/107, 10), zB Existenzgründer, die in den ersten Jahren Verluste machten, oder typische Verlustsituationen bei VuV außerhalb modellhafter Gestaltungen.
Rn. 4
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Die Einführung des § 15b EStG und damit der "endgültige (?) Tod der Steuersparmodelle" wird in der Literatur begrüßt (Fleischmann/Meyer-Scharenberg, DB 2006, 353; aA Speidel, StBg 6/2006, Editorial; nur referierend Fleischmann, DB 2007, 1721; kritisch zur Vorschrift Lindberg in Frotscher/Geurts, § 15b EStG Rz 3).
Rn. 5
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Zur Begründung des Gesetzgebers für § 15b Abs 3a EStG; s Rn 174f.
Rn. 5a
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Die Verlustverrechnungsbeschränkung in § 15b EStG betrifft aber trotz der Regelung in § 15b Abs 2 S 3 EStG nicht ausnahmslos alle Verluste, sondern nur solche, die ihre Ursache in Aufwendungen des StPfl im Zusammenhang mit der Erzielung unangemessener steuerlicher Vorteile in Form negativer Einkünfte haben (BFH v 07.05.2019, VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751).
2. Nach Ansicht des Gesetzgebers betroffene Gestaltungen
Rn. 6
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Betroffen sind nach Ansicht des Gesetzgebers (BT-Drucks 16/107, 7) insb
- Verluste aus Medienfonds (glA BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542 Tz 7; Gragert, NWB 39/2007, 3413),
- Schiffsbeteiligungen (soweit sie noch Verluste vermitteln),
- New Energy Fonds (glA BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542 Tz 7; Gragert, NWB 39/2007, 3413),
- Leasingfonds,
- Wertpapierhandelsfonds (glA Gragert, NWB 39/2007, 3413) und
- Videogamefonds (erweiternd BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542 Tz 7: Gamefonds; Gragert, NWB 39/2007, 3413),
- geschlossene Immobilienfonds (glA Gragert, NWB 39/2007, 3413; Brandtner/Lechner, BB 2007, 1922),
nicht aber Private Equity- und Venture Capital-Fonds, da diese ihren Anlegern konzeptionell keine Verluste zuwiesen.
Rn. 7
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Ausführlich zur Frage, welche Fonds betroffen oder nicht betroffen sind, s Rn 131ff.
3. Nach Ansicht der FinVerw auch betroffene Gestaltungen
Rn. 8
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Die FinVerw (BMF v 17.07.2007, BStBl I 2007, 542 Tz 7) rechnet zu den betroffenen Fonds auch:
- Lebensversicherungszweitmarktfonds (glA Gragert, NWB 39/2007, 3413),
- Gesamtobjekte iSd Tz 1.3 des BMF v 13.07.1992, BStBl I 1992, 404, das sind insb Beteiligungen an Bauherrenmodellen und Erwerbermodellen einschließlich der Bauträger- und Sanierungsmodelle, sofern in der Anfangsphase steuerlich relevante Verluste erzielt werden (glA Gragert, NWB 39/2007, 3413).
Rn. 9
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Ausführlich zur Frage, welche Fonds betroffen oder nicht betroffen sind, s Rn 131ff.
4. Anlaufverluste von Existenzgründern
Rn. 10
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Nicht betroffen sind grds Anlaufverluste von Existenz- und Firmengründern (ebenso BFH v 07.05.2019, VIII R 29/15, BStBl II 2019, 751; FG Münster v 05.08.2010, 5 V 1142/10 F, EFG 2010, 1878, AdV-Beschluss; FG Münster v 22.11.2013, 5 K 3828/10 F, DStRE 2014...