A. Übersicht über § 15b Abs 4 EStG
Rn. 200
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 15b Abs 4 EStG enthält umfangreiche verfahrensrechtliche Regelungen, ähnlich wie § 15a Abs 4 EStG. Dies dürfte die Antwort des Gesetzgebers auf die entsprechende Lücke bei § 2b EStG aF sein. Dort war insb unklar, ob die Frage, ob eine Verlustzuweisungsgesellschaft iSd § 2b EStG aF vorliegt, einheitlich und gesondert festgestellt werden soll, was für § 15b EStG zu bejahen ist (BFH v 11.11.2015, VIII R 74/13, BStBl II 2016, 388).
Rn. 201
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§ 15b Abs 4 EStG enthält nunmehr – sehr deutlich angelehnt an die Formulierungen in § 15a Abs 4 EStG – detaillierte verfahrensrechtliche Regelungen:
- S 1 ordnet die jährliche gesonderte Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlustes iSd § 15b Abs 1 EStG an.
- S 2 regelt dabei die Anknüpfung an den Vorjahresverlust.
- S 3 befasst sich mit der Angreifbarkeit des Verlustfeststellungsbescheids und ergänzt § 351 AO.
- S 4 enthält Zuständigkeitsregelungen.
- S 5 regelt die Möglichkeit, die Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlustes nach § 15b Abs 1 EStG mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der estpfl/kstpfl Einkünfte aus dem Steuerstundungsmodell zu verbinden.
B. Die jährliche Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlustes (§ 15b Abs 4 S 1 EStG)
Rn. 202
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§ 15b Abs 4 S 1 EStG ordnet an, den nach § 15b Abs 1 EStG nicht ausgleichsfähigen Verlust jährlich (mE gemeint: zum 31.12.; glA Lindberg in Frotscher/Geurts, § 15b EStG Rz 31) gesondert festzustellen und ist damit eine Bestimmung iSd § 179 Abs 1 AO (BFH v 11.11.2015, VIII R 74/13, BStBl II 2016, 488). Ähnliche Regelungen finden sich zB in § 10d Abs 4 S 1 EStG und § 15a Abs 4 S 1 EStG (s § 15a Rn 42 (Bitz)). Diese gesonderte Feststellung erfolgt in einem Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid iSd § 171 Abs 10 AO).
Rn. 203
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Dieser Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für:
- den ESt-Bescheid desselben VZ,
- den §-15b-EStG-Festellungsbescheid des folgenden VZ.
Rn. 204
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Dabei kann (umgekehrt) auch ein Gewinnfeststellungsbescheid als Grundlagenbescheid für den §-15b-Feststellungsbescheid Bindungswirkung haben (FG Münster v 22.11.2013, 5 K 3828/10 F, DStRE 2014, 1298 rkr).
Rn. 205
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Die Regelung in § 15b Abs 4 S 1 EStG ist konstitutiv; § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO regelt die gesonderte (und einheitliche) Feststellung estpfl/kstpfl Einkünfte und mit ihnen zusammenhängende andere Besteuerungsgrundlagen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Bei § 15b EStG ist es aber gerade nicht erforderlich, dass mehrere Personen an den Einkünften beteiligt sind, auch ein Einzelinvestor (s Rn 206a) kann betroffen sein (BFH v 11.11.2015, VIII R 74/13, BStBl II 2016, 488; s § 15b Abs 3 EStG: "bei Einzelinvestoren"; Stuhrmann, NJW 2006, 465).
Rn. 206
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§ 15b Abs 4 S 1 EStG ordnet an, dass der "nicht ausgleichsfähige" Verlust jährlich festzustellen ist. Dies betrifft also
- den Grund ("ob", dh ob ein Steuerstundungsmodell vorliegt, s Rn 200) und
- die Höhe
desselben.
Rn. 206a
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Bei Einzelinvestitionen umfasst dann die gesonderte Feststellung demzufolge ebenfalls (dh wie bei s Rn 206) folgende Elemente (BFH v 11.11.2015, VIII R 74/13, BStBl II 2016, 488):
- Einordnung der Einkunftsquelle als Steuerstundungsmodell (s Rn 200), das als solches hinreichend genau bezeichnet werden muss,
- die Höhe des nicht ausgleichsfähigen Verlustes des Verlustentstehungsjahres und
- den zum Ende eines VZ ermittelten verrechenbaren Verlust.
C. Der verrechenbare Vorjahresverlust als Ausgangspunkt (§ 15b Abs 4 S 2 EStG)
1. Überblick
Rn. 207
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§ 15b Abs 4 S 2 EStG ordnet dabei an, dass für die Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlustes iSd § 15b Abs 1 EStG vom "verrechenbaren" Verlust des "Vorjahres" auszugehen ist.
2. Der Begriff "verrechenbarer Verlust"
Rn. 208
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Mit dem Begriff "verrechenbarer Verlust" lehnt sich § 15b Abs 4 S 2 EStG an § 15a EStG an (s § 15a Rn 12 (Bitz)), dort wird der Begriff erstmals in der Vorschrift verwendet (s dort). Aus § 15b Abs 1 S 2 EStG folgt, dass Verluste aus Steuerstundungsmodellen nur Einkünfte aus derselben Einkunftsquelle in folgenden Wj mindern, dh, sie sind somit im Verlustentstehungsjahr nicht ausgleichs- (und abzugs-)fähig iSd § 15b Abs 4 S 1 EStG. Aus dieser Rechtsfolge "nicht ausgleichsfähig" (mE zu ergänzen um: nicht abzugsfähig, da § 15b Abs 1 S 1 Hs 2 EStG wie § 15a Abs 1 S 1 Hs 2 EStG auch das Verbot des Verlustabzugs nach § 10d EStG anordnet) folgt, dass sie nur in folgenden Wj mit positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle saldiert werden können (§ 15b Abs 1 S 2 EStG: "mindern jedoch"). Solche Verluste bezeichnet § 15b Abs 4 S 2 EStG als "verrechenbar" und verwendet diesen Begriff auch in den S 2 und 3. Der Gesetzgeber hat sich hier von der Terminologie des § 15a EStG leiten lassen; auch dort wird in § 15a Abs 4 S 1 EStG von "verrechenbaren" Verlusten gesprochen.
3. Der verrechenbare Verlust des "Vorjahres"
Rn. 209
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§ 15a Abs 4 S 1 EStG spricht vom vorangegangenen Wj (§ 4a EStG), während § 15b Abs 4 S 2 ES...