Rn. 2125

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

§ 16 Abs 5 EStG verlangt dem Wortlaut nach, rückwirkend den gemeinen Wert anzusetzen. Die ua von Wacker und Graw (Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 558 (39. Aufl); Graw in K/S/M, § 16 EStG Rz J21 (Dezember 2017)) vertretene Auffassung, die in den übertragenen Anteilen stillen Reserven seien nicht vollumfänglich aufzudecken, sondern nur in Höhe der Quote, in der vor der Übertragung nicht nach § 8b Abs 2 KStG geistige begünstigte Personen an den Anteilen mittelbar oder unmittelbar beteiligt waren, findet insoweit im Gesetzestext keine Stütze. Das BMF hat sich hierzu in dem Schreiben vom 19.12.2018 nicht geäußert. Auch wenn sich uU aus der Verweisung in § 16 Abs 5 EStG auf § 24 Abs 2 S 3 EStG auch die Anwendung der Tz 24 und 28 des BMF des UmwStG, die eine nur teilweise Aufdeckung der stillen Reserven vorsehen, herleiten lässt, ist hier in Anlehnung an den Wortlaut eine volle Aufdeckung der stillen Reserven vorzunehmen (ebenso Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 222 (19. Aufl)). Der dabei entstehende Gewinn ist jedoch nur unter Beachtung der Siebtel-Regelung (s Rn 2124) zu versteuern. Soweit der Gewinn auf eine nach § 8b Abs 2 KStG begünstigte Person entfällt, ist der Gewinn steuerfrei, lediglich 5 % des (im Rahmen der Siebtel-Regelung gekürzten) Gewinns gelten als nicht abziehbare BA (§ 8 Abs 3 KStG). In der Bilanz der übernehmenden KapGes sind bei rückwirkendem Ansatz des gemeinen Wertes die Bilanzansätze ergebnisneutral aufzustocken.

 

Rn. 2126

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

 

Beispiel: Körperschaftsklausel II und Siebtel-Regelung

Die Schlussbilanz der OHG sieht wie folgt aus (Teilwerte = gemeiner Wert in Klammern):

 
Aktiva Schlussbilanz Passiva
Teilbetrieb 1 150 100 Kapitalkonto X   100
Teilbetrieb 2 150 150 Kapitalkonto Y   100
Beteiligung A-GmbH 150 50 Kapitalkonto Z-GmbH   100
    300     300

Die Z-GmbH Z scheidet im Wege der unechten Realteilung aus und erhält die 100 %ige Beteiligung an der A-GmbH. 2 Jahre nach dem Ausscheiden verkauft sie die Beteiligung zum Preis von 200.

Lösung:

Die Realteilung erfolgt zunächst steuerneutral zu Buchwerten. Aufgrund der Kapitalkontenanpassung sieht die Eröffnungsbilanz der Z-GmbH wie folgt aus:

 
Aktiva Eröffnungsbilanz Passiva
Beteiligung A-GmbH (150) 50 Eigenkapital Z-GmbH 50
    50     50

Die Veräußerung der Beteiligung nach zwei Jahren ist ein schädliches Ereignis und führt rückwirkend zum Ansatz des (seinerzeitigen) gemeinen Werts von 150 in der Mitunternehmerschaft. Stpfl sind von dem Gewinn von 100 nur 5/7 (71,4). X und Y versteuern das auf sie jeweils entfallende Drittel des Gewinns unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens, Das auf die Z-GmbH entfallende Drittel des Gewinns ist nach § 8b Abs 2 KStG steuerfrei, § 8b Abs 3 KStG ist zu beachten.

Der rückwirkende Ansatz des gemeinen Werts führt dazu, dass der Beteiligungsansatz in der Bilanz der Z-GmbH (und das EK) gewinnneutral rückwirkend auf jeweils 150 aufzustocken sind. Z-GmbH versteuert dann zusätzlich noch einen "Rest-"gewinn von 50 (200 ./. 150) unter Berücksichtigung von § 8b Abs 2 u 3 KStG. Das Ergebnis unterstreicht, dass die vollständige Aufstockung in der Mitunternehmerschaft richtig ist. Nur dort profitieren alle Mitunternehmer von der Siebtel-Regelung. Käme es dort für die KapGes nicht ebenfalls (anteilig) zum Ansatz des gemeinen Werts, wäre technisch kein Raum für eine Aufstockung in der Bilanz des übernehmenden BV. Hier müsste die Z-GmbH dann den ganzen Gewinn nach § 8b Abs 2 u 3 KStG versteuern. Es ist aber nicht erkennbar, warum Z im Beispiel schlechter stehen soll als X und Y.

 

Rn. 2127

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Der Gewinn ist den an der Realteilungsmitunternehmerschaft (ehemals) Beteiligten nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen (Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 755 (September 2022)). Da die spätere Veräußerung (oder ein gleichgestellter Vorgang) allein durch die Körperschaft, in deren BV die Anteile übergehen, ausgelöst wird, kann die nachträgliche Besteuerung überraschend erfolgen. Soweit der Gewinn auf nicht nach § 8b Abs 2 KStG begünstigte Personen entfällt, ist auf deren Teil des Gewinns das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr 40 Buchst b EStG anzuwenden (Förster, DB 2007, 72).

 

Hinweis:

Es ist ratsam, bei der Übertragung von Teilbetrieben mit Anteilen an Körperschaften in der Realteilungsvereinbarung eine Regelung bezüglich der Folgen einer innerhalb der Sperrfrist erfolgenden Veräußerung aufzunehmen. Abhängig von der Höhe der stillen Reserven sind (zeitlich begrenzte) Veräußerungssperren oder Ausgleichszahlungen abzuwägen.

 

Rn. 2128–2500

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

vorläufig frei

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge