Rn. 26
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Der ESt einerseits und der ErbSt andererseits liegen nach der Auffassung des Gesetzgebers zwei verschiedene Besteuerungsgründe zugrunde:
- Die ESt soll dem durch den StPfl erwirtschafteten Zuwachs an steuerlicher Leistungsfähigkeit Rechnung tragen,
- während die ErbSt die unentgeltliche Vermögensübertragung steuerlich erfassen soll (BFH v 22.10.2008, X B 162/08, BFH/NV 2009, 156).
Rn. 27
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Ein Erwerb von Todes wegen ist grds keine Betriebsveräußerung/-aufgabe iSd § 16 EStG, sondern vielmehr eine unentgeltliche Übertragung iSd § 6 Abs 3 S 1 u 3 EStG (ausführlich dazu s § 6 Rn 1381ff (Müller/Dorn/Hoffmann); Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 25ff (38. Aufl)). § 6 Abs 3 S 3 EStG ordnet für diesen Fall eine Buchwertfortführung beim Erwerber an, sodass es zu einer interpersonellen Verlagerung der stillen Reserven auf den Rechtsnachfolger kommt (BFH v 22.10.2008, X B 162/08, BFH/NV 2009, 156).
Eine Doppelbelastung mit der ESt einerseits und der ErbSt andererseits kann im Anwendungsbereich des § 16 EStG folglich erst eintreten, wenn (durch Erbfall oder Schenkung) unentgeltlich erworbenes BV iSd § 16 EStG veräußert bzw aufgegeben wird. In diesem Fall besteht die Problematik einer Doppelbelastung der stillen Reserven, einerseits mit ErbSt, andererseits (zeitlich nachfolgend) mit ESt (s Geissler in H/H/R, § 16 EStG Rz 41). Diese Doppelbelastung kann sich erst seit der Neufassung des ErbStG ergeben.
Rn. 28
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Bis VZ 2008 sah das für die Bewertung des unentgeltlich übertragenen BV maßgebliche BewG eine Bewertung des BV mit den StB-Werten vor (s § 12 Abs 5 ErbStG aF iVm § 109 Abs 1 BewG aF). Demnach besteuerte das ErbStG die Substanz (Buchwerte), während das EStG die stillen Reserven (Veräußerungspreis abzgl Buchwert) besteuerte. Hierdurch war eine Doppelbesteuerung ausgeschlossen. Diese Bewertung wurde durch das BVerfG im Jahre 2006 (BVerfG v 07.11.2006, BStBl II 2007, 192) für verfassungswidrig erklärt.
Durch das ErbStRG v 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018) wurde ab VZ 2009 ein neues Bewertungsverfahren eingeführt, welches einen Ansatz des BV mit dem gemeinen Wert vorsieht (s § 12 Abs 5 ErbStG nF iVm §§ 157 Abs 5 S 2, 109, 11 Abs 2 BewG nF). Da dadurch die stillen Reserven auch erbschaftsteuerlich erfasst werden, kann es zu einer Doppelbesteuerung der stillen Reserven eines BV kommen (s Gürsching/Stenger/Esskandari, Einf ErbStG Rz 86; Tiedtke, Einleitung ErbStG Rz 42ff).
Zur Abmilderung einer solchen Doppelbesteuerung wurde ebenfalls durch das ErbStRG § 35b EStG eingeführt, wonach die ErbSt unter bestimmten Voraussetzungen auf die ESt angerechnet wird, wobei die Anrechnung nur bei Erwerben von Todes wegen erfolgt (vgl BFH v 13.03.2018, IX R 23/17, BFH/NV 2018, 1121). Aufgrund der durch das ErbStRG gleichfalls eingeführten §§ 13a u 13b ErbStG unterliegt allenfalls noch ein geringer Teil der ErbSt, so dass eine mögliche Doppelbesteuerung betragsmäßig begrenzt sein sollte.