1. Regelungszweck
Rn. 401
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
§ 16 Abs 2 EStG dient dazu, den begünstigten Veräußerungsgewinn und – über den Verweis in § 16 Abs 3 EStG – auch den begünstigten Aufgabegewinn vom laufenden Gewinn abzugrenzen, s § 16 Rn 88 (Hörger/Rapp). Genau genommen sieht bereits § 16 Abs 1 EStG diese Unterscheidung vor, Abs 2 enthält dann die "technische" Umsetzung dieser Vorgabe. Diese Umsetzung erfolgt durch die Ermittlung des bilanziellen Buchwerts, der einerseits, iRd letzten Schlussbilanz, den letzten laufenden Gewinn determiniert, andererseits zusammen mit den Veräußerungskosten die Abzugspositionen vom Veräußerungspreis bzw gemeinen Wert (Betriebsaufgabe) bildet.
Rn. 402
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Damit soll eine besondere Belastung des StPfl vermieden werden, die dadurch entsteht, dass kumulierte stille Reserven zu einem einmaligen, punktuellen Ereignis realisiert werden und dem progressiven ESt-Satz unterfallen (BFH v 26.03.1991, VIII R 315/84, BStBl II 1992, 472; BFH v 19.05.1971, I R 46/70, BStBl II 1971, 688; FG Nds v 30.01.2012, 3 K 340/11, EFG 2012, 1051). Die Begünstigung ergibt sich aus einem – mit zunehmendem Gewinn abnehmenden – Freibetrag nach § 16 Abs 4 EStG und einer Tarifbegünstigung für die als außerordentliche Einkünfte qualifizierten Gewinne nach § 34 EStG. Für die Begünstigung kommt es nicht darauf an, aus welchem Grund in der Vergangenheit die stillen Reserven gebildet worden sind (BFH v 13.12.1979, IV R 69/74, BStBl II 1980, 239).
Rn. 403
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Um den Veräußerungsgewinn isoliert ermitteln zu können, sind zugleich alle mit dem Aufgabe- oder Veräußerungsvorgang zusammenhängenden Vorgänge auf diesen Zeitpunkt zu erfassen. Daher müssen auch rückwirkende Ereignisse, die eine der Bestimmungsgrößen des Veräußerungsgewinns (s Rn 410) beeinflussen, den bereits festgesetzten Veräußerungsgewinn noch ändern können (BFH v 26.03.1991, VIII R 315/84, BStBl II 1992, 472).
Rn. 404
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§ 16 Abs 2 EStG stellt nach hM eine besondere stichtagsbezogene Gewinnermittlungsvorschrift dar, die den §§ 4–7i EStG vorgeht (BFH v 26.03.1991, VIII R 315/84, BStBl II 1992, 472; Kobor in H/H/R, § 16 EStG Rz 400 (Februar 2013); FG BdW v 14.12.2010, 2 K 1413/07, EFG 2011, 952; BFH v 27.10.2015, X R 28/12, BStBl II 2016, 81). Das gilt nicht für die Ermittlung des Buchwerts des BV, die gerade nach den allg Ansatz- und Bewertungsvorschriften zu erfolgen hat, um den formellen Bilanzzusammenhang zu wahren (s Rn 702), jedoch für den nach § 9 BewG zu ermittelnden Veräußerungspreis bzw den gemeinen Wert der ins PV übernommenen WG.
2. Aufbau von § 16 Abs 2 EStG
Rn. 405
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- S 1 des § 16 Abs 2 EStG enthält eine Legaldefinition des Veräußerungsgewinns.
- S 2 regelt, dass der Buchwert des BV durch BV-Vergleich nach den allg Vorschriften § 4 Abs 1 u § 5 Abs 1 EStG zu erfolgen hat.
- S 3 schließlich enthält eine Missbrauchsregelung und qualifiziert den Veräußerungsgewinn in laufenden Gewinn um, soweit auf Veräußerer- und Erwerberseite dieselben Personen Unternehmer bzw Mitunternehmer sind (dazu s Rn 784ff).
Für die Ermittlung eines an die Stelle des Veräußerungsgewinns tretenden Aufgabegewinns werden diese Regeln durch § 16 Abs 3 S 5–8 EStG ergänzt. Über die Gleichstellung des Ausschlusses des Besteuerungsrechts mit einer Betriebsaufgabe in § 16 Abs 3a EStG findet die Gewinnermittlungsvorschrift des § 16 Abs 2 EStG auch auf diesen Fall Anwendung.
3. Gewerbesteuerpflicht
Rn. 406
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Bei Einzelunternehmen unterliegt nur der laufende Gewinn der GewSt, aufgrund des Objektcharakters der GewSt jedoch nicht der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn iSd § 16 Abs 2 u 3 EStG, unabhängig davon, ob der gesamte Betrieb oder nur ein Teilbetrieb veräußert bzw aufgegeben wird (Schnitter in Frotscher, § 7 GewStG Rz 85 (Mai 2017); FG Bln v 16.02.2000, 6 K 4411/97, EFG 2000, 640).
Bei Mitunternehmerschaften ist zu unterscheiden: wird der (Teil-)Betrieb einer Mitunternehmerschaft veräußert oder aufgegeben, unterliegt der Gewinn nur dann nicht der GewSt, soweit an der veräußernden/aufgebenden Mitunternehmerschaft natürliche Personen unmittelbar beteiligt sind. Soweit hingegen KapGes oder andere Mitunternehmerschaften beteiligt sind, fällt auf Ebene der veräußernden/aufgebenden Mitunternehmerschaft GewSt an (§ 7 S 2 GewStG). Entsprechendes gilt für die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils: Ist Veräußerer eine natürliche Person, unterliegt der Gewinn nicht der GewSt, in anderen Fällen (Mitunternehmerschaft oder KapGes als Veräußerer/Aufgebender) hingegen schon. Für die Frage, wer an der Mitunternehmerschaft beteiligt ist, kommt es auf das wirtschaftliche, nicht auf das zivilrechtliche Eigentum an. Zur Rechtslage vor 2002 vgl Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 8 (38. Aufl).
Rn. 407
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Wird eine 100 %ige Beteiligung an einer KapGes veräußert oder aufgegeben, erfolgt dies regelmäßig im Rahmen eines bestehenden Gewerbebetriebs, so dass der Gewinn der GewSt unterliegt.
Anders ist es, wenn der Gewerbebetrieb des Veräußerers m...