Rn. 1654
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Kommt es zur Buchwertfortführung, werden idR die Kapitalkonten der die WG übernehmenden Mitunternehmer nicht zu den Buchwerten passen. In der Praxis hat sich zur Lösung die sog Kapitalkontenanpassungsmethode durchgesetzt, bei der die Kapitalkonten der Mitunternehmer untereinander so angepasst werden, dass diese Konten den übernommenen Buchwerten entsprechen. Dabei ist Buchwert der Wert, der sich aus der Zusammenschau sowohl der Gesamthandsbilanz als auch aller Ergänzungsbilanzen ergibt (Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 554 (November 2018)), Letztere sind, bezogen auf das übertragene WG, aufzulösen (BFH v 18.05.1995, IV R 20/94, BStBl II 1996, 70).
Rn. 1655
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Diese Anpassung ist steuerlich erfolgsneutral, löst also keine Aufstockungsgewinne oder Abstockungsverluste aus (Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 407 (Juli 2019)). Die Kapitalkontenmethode entspricht der Auffassung sowohl der FinVerw als auch der Rspr, die Buchwerte der übernommen WG sind nicht anzupassen (BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Tz 22; Kapitalkontenanpassungsmethode sowohl bei echter als auch bei unechter Realteilung anzuwenden: BFH v 03.07.2019, VIII B 86/18 (NV), BFH/NV 2019, 1130; BFH v 18.05.1995, IV R 20/94, BStBl II 1996, 70; BFH v 10.12.1991, VIII R 69/86, BStBl II 1992, 385; BFH v 10.02.1972, IV 317/65, BStBl II 1972, 419; ebenso Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 407 (Juli 2019); Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 547 (39. Aufl); zweifelnd und die Buchwertanpassung bzw Kapitalausgleichspostenmethode erwägend Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 213 (19. Aufl)). Sie ist in der Literatur jedoch weiterhin umstritten, s Rn 1657.
Rn. 1656
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Beispiel: Kapitalkontenanpassungsmethode
W, X, Y (jeweils 30 %) und Z (10 %) sind an einer OHG mit folgendem Bilanzbild beteiligt:
Aktiva |
Schlussbilanz |
Passiva |
Teilbetrieb 1 |
(600) |
300 |
Kapitalkonto W |
|
315 |
Teilbetrieb 2 |
(600) |
300 |
Kapitalkonto X |
|
315 |
Grundstück |
(600) |
400 |
Kapitalkonto Y |
|
315 |
Diverse Maschinen |
(200) |
50 |
Kapitalkonto Z |
|
105 |
|
|
1 050 |
|
|
1 050 |
X scheidet aus und erhält als Abfindung den Teilbetrieb 2, den er sein BV übernimmt.
Lösung:
Der Buchwert des von X übernommen Teilbetriebs 2 übersteigt sein Kapitalkonto. Das Kapitalkonto des X ist daher in seinem übernehmenden BV auf 300 abzustocken, die Kapitalkonten der verbleibenden Mitunternehmer sind (quotal) aufzustocken. Nach Ausscheiden des X sieht die Bilanz der Mitunternehmerschaft wie folgt aus:
Aktiva |
Schlussbilanz |
Passiva |
Teilbetrieb 1 |
(600) |
300 |
Kapitalkonto W |
|
321,43 |
Grundstück |
(600) |
400 |
Kapitalkonto Y |
|
321,43 |
Diverse Maschinen |
(200) |
50 |
Kapitalkonto Z |
|
107,14 |
|
|
750 |
|
|
750 |
Die Eröffnungsbilanz des übernehmenden BV des X hat folgendes Bild:
Aktiva |
Eröffnungsbilanz |
Passiva |
Teilbetrieb 2 |
(600) |
300 |
Kapitalkonto X |
|
300 |
|
|
300 |
|
|
300 |
Sofern Ergänzungsbilanzen bestehen, sind sie in die Kapitalkontenanpassung miteinzubeziehen. Aufgrund der Anpassung der Kapitalkonten werden beim übernehmenden Mitunternehmer für die übernommenen WG keine Ansätze in der Ergänzungsbilanz gebildet (Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 547 (39. Aufl)).
Rn. 1657
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Die Kapitalkontenanpassung führt dazu, dass stille Reserven zwischen den Mitunternehmern übergehen (Seer in Kirchhof, § 16 EStG Rz 213 (19. Aufl)). Die Möglichkeit der Bildung von Ergänzungsbilanzen ist iRd § 16 EStG, anders als bei § 6 Abs 5 S 4 EStG, gerade nicht vorgesehen. Die interpersonelle Verlagerung der stillen Reserven stellt zwar einerseits die Besteuerung der stillen Reserven sicher (BFH v 18.05.1995, IV R 20/94, BStBl II 1996, 70; v 01.12.1992, VIII R 57/90, BStBl II 1994, 607), führt aber dazu, dass die Mitunternehmer die stillen Reserven, bezogen auf das einzelne WG, bei einer Veräußerung nicht in dem Umfang versteuern, in dem sie sie gemeinsam erwirtschaftet haben. Diese Bedenken, die vor allem von der Literatur gegen die Kapitalkontenanpassungsmethode angeführt werden (Engl, DStR 2002, 119; unter Berufung auf das Leistungsfähigkeitsprinzip Siegel, DStZ 2017, 650; Bareis, DB 2016, 2973), teilt auch die Rspr (BFH v 10.02.1972, IV 317/65, BStBl II 1972, 419). Die mitunter favorisierte Buchwertanpassungsmethode (Engl, DStR 2002, 119), bei der anstelle der Kapitalkonten die Buchwerte der WG angepasst werden, begegnet aber ebenfalls grundlegenden Bedenken.
Rn. 1658
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Beispiel: Buchwertanpassungsmethode
Die Buchwertanpassungsmethode würde in dem oben genannten Beispiel (s Rn 1656) zu folgenden Bilanzen führen:
Bei der Mitunternehmerschaft:
Aktiva |
Schlussbilanz |
Passiva |
Teilbetrieb 1 |
(600) |
294 |
Kapitalkonto W |
|
315 |
Grundstück |
(600) |
392 |
Kapitalkonto Y |
|
315 |
Diverse Maschinen |
(200) |
49 |
Kapitalkonto Z |
|
105 |
|
|
735 |
|
|
735 |
Bei X:
Aktiva |
Eröffnungsbilanz |
Passiva |
Teilbetrieb 2 |
(600) |
315 |
Kapitalkonto X |
|
315 |
|
|
315 |
|
|
315 |
Rn. 1659
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Gegen diese Form der technischen Anpassung spricht vor allem, dass stille Reserven zwischen einzelnen WG verschoben we...