ca) Zulässiges Zielvermögen
Rn. 1516
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
§ 16 Abs 3 S 2 EStG verlangt eine Übertragung in das jeweilige BV der einzelnen Mitunternehmer. Das entspricht der personenbezogenen Betrachtungsweise. Erforderlich ist somit die Übertragung in ein BV, das bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem übernehmenden Mitunternehmer zuzuordnen ist (BFH v 17.05.2018, VI R 73/15, BFH/NV 2018, 1249; Schmidt/Siegmund, NWB 2017, 3926; BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Tz 12). Damit soll sichergestellt werden, dass die stillen Reserven des bisherigen BV (Gesamthands- und Sonder-BV) auch weiterhin ausschließlich den Realteilern zuzurechnen ist (BFH v 16.12.2015, IV R 8/12, BFH/NV 2016, 646).
Rn. 1517
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Entstammt das WG allerdings dem Sonder-BV eines ausscheidenden Realteilers, ist dessen Mitnahme in ein eigenes BV oder in das Sonder-BV bei einer anderen Mitunternehmerschaft kein Anwendungsfall des § 16 EStG, sondern erfolgt im Anwendungsbereich des § 6 Abs 5 S 3 EStG (FG SAnh v 11.04.2019, 1 K 1280/15, EFG 2020, 716), hier liegt schon terminologisch keine Übertragung, sondern eine Überführung vor (Demuth, KÖSDI 2019, 21 402), s § 6 Rn 1510 (Müller/Dorn).
Rn. 1518
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Nicht erforderlich ist, dass das Ziel-BV bereits besteht, vielmehr reicht es nach richtiger Auffassung unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Regelung (Steuerverhaftung der stillen Reserven) (Schmidt/Siegmund, NWB 2017, 3926) aus, wenn spätestens mit der Übertragung ein neuer Betrieb entsteht (BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Tz 12; Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 404 (Juli 2019)).
Rn. 1519
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Werden WG des Gesamthandsvermögens nicht in ein BV des Realteilers, sondern in dessen PV übernommen, kommt es insoweit durch Ansatz des gemeinen Werts zur Aufdeckung der stillen Reserven, § 16 Abs 3 S 7 EStG (dazu s Rn 1751). Werden keinerlei WG in ein BV übertragen, liegt kein Anwendungsfall der Realteilung vor (s Rn 1451), sondern eine Veräußerung des Mitunternehmeranteils gegen Übernahme der in das PV übernommenen WG (dazu s Rn 1457).
cb) Schwesterpersonengesellschaft
Rn. 1520
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Der Wortlaut des § 16 Abs 3 S 2 EStG setzt für die Buchwertfortführung voraus, dass Gegenstände der Realteilung in "das jeweilige BV der einzelnen Mitunternehmer" übertragen werden. Das schließt nach dem Wortlaut die Übertragung sowohl in ein Einzel-BV als auch in ein Sonder-BV bei einer anderen Mitunternehmerschaft ein (s Rn 1516), die Übertragung in ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen einer anderen Mitunternehmerschaft hingegen aus (Graw in K/S/M, § 16 EStG Rz F71 (Dezember 2017)). Diese Auffassung vertritt auch die FinVerw, und zwar ohne jede Einschränkung selbst dann, wenn es sich um eine personenidentische Schwester-PersGes handelt (BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; vgl auch FG BdW v 21.08.2013, 4 K 1882/08, EFG 2014, 332).
Diese rigide Auffassung wird in der Literatur ganz überwiegend abgelehnt (Hess, DStR 2006, 777; Levedag, GmbHR 2017, 113; Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 404 (Juli 2019); Demuth, KÖSDI 2019, 21 402; Pupeter in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anhang 10: Realteilung Rz 1829 (Juli 2014); Schulze zur Wiesche, DB 2006, 921; Schell, BB 2006, 1026; Winkemann, BB 2004, 130; Siegel, FR 2011, 45; Niehus/Wilke, FR 2012, 1093), was überwiegend damit begründet wird, dass jedenfalls bei der Übertragung auf personenidentische Schwester-PersGes der Besteuerungszweck nicht zu erkennen und daher die Norm verfassungskonform einschränkend auszulegen sei (Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 548 (November 2018); Levedag, GmbHR 2017, 113). Bei Zugrundelegung der Auffassung der FinVerw wären selbst Übertragungen auf eine vom Realteiler zu 100 % gehaltene GmbH & Co KG ausgeschlossen (Levedag, GmbHR 2017, 113). Es tun sich erhebliche Wertungswidersprüche auf: wenn eine aus drei Mitunternehmern bestehende PersGes in der Form realgeteilt wird, dass ein Mitunternehmer Teile des BV in ein Einzelunternehmen überführt, während die beiden anderen ihre Tätigkeit in einer neu gegründeten PersGes fortführen, kann der Einzelunternehmer die Buchwerte fortführen, den beiden anderen ist dieser Weg verwehrt (vgl Hess, DStR 2006, 777).
Rn. 1521
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Die Frage der Übertragung auf eine Schwester-PersGes wird auch bei der Übertragung im Rahmen des § 6 Abs 5 S 3 EStG kontrovers diskutiert. Nach divergierenden BFH-Entscheidungen (für entsprechende Anwendung BFH v 15.04.2010, IV B 105/09, BStBl II 2010, 971; dagegen BFH v 25.11.2009, I R 72/08, BStBl II 2010, 471) hat das Gericht die Streitfrage nunmehr dem BVerfG vorgelegt (BFH v 10.04.2013, I R 80/12, BStBl II 2013, 1004), das ausweislich seiner Jahresvorausschau beabsichtigt, hierüber im Jahr 2020 zu entscheiden. Diese Entscheidung wird auch die Diskussion zu § 16 Abs 3 S 2 EStG beeinflussen und es wäre wünschenswert, dass die FinVerw bei entsprechendem Ausgang des verfassungsgerichtlichen Verfahrens auf diese Linie einschwenkte, um die Rechtsunsicherheit zu beseitigen.
Rn. 1522
Sta...