Rn. 1520

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Der Wortlaut des § 16 Abs 3 S 2 EStG setzt für die Buchwertfortführung voraus, dass Gegenstände der Realteilung in "das jeweilige BV der einzelnen Mitunternehmer" übertragen werden. Das schließt nach dem Wortlaut die Übertragung sowohl in ein Einzel-BV als auch in ein Sonder-BV bei einer anderen Mitunternehmerschaft ein (s Rn 1516), die Übertragung in ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen einer anderen Mitunternehmerschaft hingegen aus (Graw in K/S/M, § 16 EStG Rz F71 (Dezember 2017)). Diese Auffassung vertritt auch die FinVerw, und zwar ohne jede Einschränkung selbst dann, wenn es sich um eine personenidentische Schwester-PersGes handelt (BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; vgl auch FG BdW v 21.08.2013, 4 K 1882/08, EFG 2014, 332).

Diese rigide Auffassung wird in der Literatur ganz überwiegend abgelehnt (Hess, DStR 2006, 777; Levedag, GmbHR 2017, 113; Schallmoser in Blümich, § 16 EStG Rz 404 (Juli 2019); Demuth, KÖSDI 2019, 21 402; Pupeter in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anhang 10: Realteilung Rz 1829 (Juli 2014); Schulze zur Wiesche, DB 2006, 921; Schell, BB 2006, 1026; Winkemann, BB 2004, 130; Siegel, FR 2011, 45; Niehus/Wilke, FR 2012, 1093), was überwiegend damit begründet wird, dass jedenfalls bei der Übertragung auf personenidentische Schwester-PersGes der Besteuerungszweck nicht zu erkennen und daher die Norm verfassungskonform einschränkend auszulegen sei (Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 548 (November 2018); Levedag, GmbHR 2017, 113). Bei Zugrundelegung der Auffassung der FinVerw wären selbst Übertragungen auf eine vom Realteiler zu 100 % gehaltene GmbH & Co KG ausgeschlossen (Levedag, GmbHR 2017, 113). Es tun sich erhebliche Wertungswidersprüche auf: wenn eine aus drei Mitunternehmern bestehende PersGes in der Form realgeteilt wird, dass ein Mitunternehmer Teile des BV in ein Einzelunternehmen überführt, während die beiden anderen ihre Tätigkeit in einer neu gegründeten PersGes fortführen, kann der Einzelunternehmer die Buchwerte fortführen, den beiden anderen ist dieser Weg verwehrt (vgl Hess, DStR 2006, 777).

 

Rn. 1521

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die Frage der Übertragung auf eine Schwester-PersGes wird auch bei der Übertragung im Rahmen des § 6 Abs 5 S 3 EStG kontrovers diskutiert. Nach divergierenden BFH-Entscheidungen (für entsprechende Anwendung BFH v 15.04.2010, IV B 105/09, BStBl II 2010, 971; dagegen BFH v 25.11.2009, I R 72/08, BStBl II 2010, 471) hat das Gericht die Streitfrage nunmehr dem BVerfG vorgelegt (BFH v 10.04.2013, I R 80/12, BStBl II 2013, 1004), das ausweislich seiner Jahresvorausschau beabsichtigt, hierüber im Jahr 2020 zu entscheiden. Diese Entscheidung wird auch die Diskussion zu § 16 Abs 3 S 2 EStG beeinflussen und es wäre wünschenswert, dass die FinVerw bei entsprechendem Ausgang des verfassungsgerichtlichen Verfahrens auf diese Linie einschwenkte, um die Rechtsunsicherheit zu beseitigen.

 

Rn. 1522

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die Praxis behilft sich bereits länger mit aufwändigen und fehleranfälligen Ausweichgestaltungen. Im Wesentlich handelt es sich um zwei Gestaltungsmodelle, zum einen um das sog Doppelstockmodell, zum anderen um eine Kettenüberführung nach § 6 Abs 5 S 3 Nr 2 EStG (vgl Schallmoser in Blümich § 16 EStG Rz 404 (Juli 2019); Demuth, KÖSDI 2019, 21 402; Graw in K/S/M § 16 EStG Rz F71 (Dezember 2017)).

 

Rn. 1523

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Beim Doppelstockmodell wird der Mitunternehmeranteil zunächst nach § 24 UmwStG in eine dem ausscheidenden Mitunternehmer gehörende PersGes zu Buchwerten eingebracht. Im Anschluss daran scheidet die Obergesellschaft gegen Übernahme eines Teilbetriebs oder von Einzel-WG aus der Realteilungsgesellschaft aus (Bodden, KÖSDI 2020, 21 625).

 

Rn. 1524

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

 

Beispiel: Übertragung auf Schwester-PersGes

An der XYZ GmbH & Co KG sind X und Y mit je 50 %, die Z-GmbH mit 0 % beteiligt. X möchte einen Teilbetrieb in das Gesamthandsvermögen seiner X-KG übertragen.

Lösung

Nach Auffassung der FinVerw ist eine direkte Übertragung in das Gesamthandsvermögen der X-KG ausgeschlossen, da es sich nicht um "das jeweilige Betriebsunternehmen des einzelnen Mitunternehmers" handelt. X bringt daher zunächst seinen Anteil an der XYZ-KG in die X-KG nach 24 UmwStG zu Buchwerten ein. Im Anschluss daran, tritt die X-KG gegen Übernahme des Teilbetriebs aus der XYZ-KG aus.

 

Rn. 1525

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die FinVerw hat diese Lösung jedenfalls für diejenigen Fälle akzeptiert, in denen an den anderen PersGes vermögensmäßig nur die Personen beteiligt sind, die zuvor auch an der Mitunternehmerschaft vermögensmäßig beteiligt waren (BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Tz 7). Dies ist eine Reaktion auf die Rspr des BFH, der diese Gestaltung trotz einheitlicher Planung und eines engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs nicht unter Anwendung der Gesamtplan-Rspr zurückgewiesen hat (BFH v 30.03.2017, IV R 11/15, BStBl II 2019, 29; BFH v 16.12.2015, IV R 8/12, BFH/NV 2016, 646; Pupeter, DB 2017, 2122; Schmidt/Siegmund...

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