1. Veräußerung des Betriebs einer Mitunternehmerschaft
Rn. 2037
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Wird der Betrieb einer Mitunternehmerschaft veräußert, so kann jeder Mitunternehmer, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, den Freibetrag für den auf ihn entfallenden Gewinnanteil nutzen, s Rn 2018.
2. Anwendung auf dem Teileinkünfteverfahren unterliegende Gewinne
Rn. 2038
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Wird ein Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil veräußert oder aufgegeben, der auch WG umfasst, deren Veräußerung dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, stellt sich die Frage nach der Zuordnung des Freibetrags. Diese Zuordnung ist von Bedeutung, denn die Tarifbegünstigung des § 34 Abs 3 EStG bezieht sich nur auf den voll zu versteuernden Teil des Veräußerungs- bzw Aufgabegewinns. Sofern Veräußerungsgewinne über § 3 Nr 40 Buchst b EStG steuerbefreit sind (Teileinkünfteverfahren), nimmt der verbleibende stpfl Teil nicht an der Begünstigung teil (§ 34 Abs 3 EStG iVm § 34 Abs 2 Nr 1 EStG). Wird der Freibetrag auf den Teil des Veräußerungsgewinns, der nicht dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, angewendet, profitiert der andere, dem Teileinkünfteverfahren unterliegende Teil des Veräußerungsgewinns nicht von der Tarifermäßigung in § 34 Abs 3 EStG.
Rn. 2039
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Die FinVerw hat hierzu früher die Auffassung vertreten, der Freibetrag sei im Verhältnis der Anteile am Veräußerungsgewinn entsprechend den Anteilen der Gewinne, die dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG unterliegen, und der Gewinne, die im Teileinkünfteverfahren (Halbeinkünfteverfahren) zu versteuern sind, am Gesamtgewinn aufzuteilen (BMF v 20.12.2005, BStBl I 2006, 7, unter II.). In der Literatur wurde demgegenüber vornehmlich die Auffassung vertreten, der Freibetrag sei vorrangig von dem dem Teileinkünfteverfahren unterliegenden Veräußerungsgewinn abzuziehen (Kobor in H/H/R, § 16 EStG Rz 715 (November 2018); Paus, DStZ 2003, 523; Prinz/Hick, FR 2006, 168; Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 587 (39. Aufl)).
Rn. 2040
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Der BFH hat sich dieser Auffassung angeschlossen und unter Verweis auf das Meistbegünstigungsprinzip der vorrangigen Verrechnung des Freibetrags mit dem dem Teileinkünfteverfahren unterliegenden Veräußerungsgewinn den Vorzug gegeben (BFH v 14.07.2010, X R 61/08, BStBl II 2010, 1011). Diese Zuordnung begünstigt den StPfl.
Beispiel: Zuordnung des Freibetrags bei Veräußerungsgewinn mit Teileinkünfteverfahren
Der Gewinn aus der Veräußerung des Betriebs beträgt 160 000. Hiervon entfallen 80 000 auf Einkünfte, die nach § 3 Nr 40 Buchst b EStG zu 40 % steuerbefreit sind.
Nach der Auffassung des BFH ist der Freibetrag zunächst mit dem nach der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens verbleibenden stpfl Teil zu verrechnen. Im Beispiel ein geringer Betrag, der nicht tarifbegünstigt zu besteuern ist. Dieser Anteil ist nach der mittlerweile überholten Auffassung des BMF deutlich höher.
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Lösung nach BFH v 14.07.2010 |
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Frühere Lösung nach BMF |
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Veräußerungsgewinn |
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Veräußerungsgewinn |
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Gewinn |
Teileinkünfteverfahren |
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Gewinn |
Teileinkünfteverfahren |
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80 000 |
80 000 |
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80 000 |
80 000 |
§ 3 Nr 40 Buchst b EStG |
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./. 32 000 |
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./. 32 000 |
steuerpflichtig |
80 000 |
= 48 000 |
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80 000 |
= 48 000 |
Freibetrag |
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./. 45 000 |
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./. 22 500 |
./. 22 500 |
tarifbegünstigt |
80 000 |
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57 500 |
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nicht tarifbegünstigt |
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= 3 000 |
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= 25 500 |
Rn. 2041
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Der Auffassung des BFH hat sich der BMF mittlerweile angeschlossen (H 16 Abs 13 EStH 2019 "Teileinkünfteverfahren").
3. Auswirkung auf die GewSt
Rn. 2042
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Der Gewerbeertrag wird unter Heranziehung der Vorschriften des EStG und des KStG ermittelt, vgl § 7 S 1 GewStG. Grundsätzlich unterliegen Betriebsveräußerungs- oder -aufgabegewinne nach § 7 S 2 GewStG nicht der GewSt, sofern der Gewinn auf unmittelbar beteiligte natürliche Personen entfällt. Eine Ausnahme hierzu enthält § 18 Abs 3 S 1 UmwStG, wonach bei einem Vermögensübergang von einer KapGes auf eine PersGes oder eine natürliche Person der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung doch der GewSt unterliegt. Hintergrund ist, dass bei einer KapGes ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn immer der GewSt unterliegt. Das soll nicht durch eine vorherige Umwandlung in ein Personenunternehmen unterlaufen werden, weshalb die fünfjährige Behaltefrist Missbräuche vermeiden soll.
Rn. 2043
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
In Fällen, in denen es über § 18 Abs 3 S 1 GewStG zu einer solch nachträglichen Belastung mit GewSt kommt, ist der Freibetrag auch dann nicht anzuwenden, wenn der Veräußernde bzw die Mitunternehmer der veräußernden Mitunternehmerschaft die persönlichen Voraussetzungen des § 16 Abs 4 S 1 EStG erfüllen. Im Ergebnis wird mit § 18 Abs 3 S 1 GewStG die GewStPfl auf Ebene der KapGes nachgeholt, weshalb in diesem Anwendungsfall nicht auf die persönlichen Verhältnisse beim veräußernden Personenunternehmen abzustellen ist (BFH v 26.03.2015, IV R 3/12, BStBl II 2016, 553).