Dr. jur. Lukas Karrenbrock
Rn. 281e
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Gemäß § 17 Abs 2a S 3 Nr 2 EStG gehören Darlehensverluste zu den nachträglichen AK, soweit die "Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise gesellschaftsrechtlich veranlasst war." Hiermit wird in Form eines Nichtanwendungsgesetzes die BFH-Rspr vom 11.07.2017 (s Rn 235) verdrängt, da nun die zur Rechtslage vor MoMiG entwickelten Grundsätze im Wesentlichen ausdrücklich gesetzlich kodifiziert werden.
Erstmalig sind die Fallgruppen des "Krisendarlehens" und des "in der Krise stehen gelassenen Darlehens" ausdrücklich gesetzlich geregelt (zu den Darlehenstypen s Rn 229f).
Rn. 281f
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
In welcher Höhe (Nennwert oder gemeiner Wert zum Zeitpunkt der Krise) ein Darlehensverlust als nachträgliche AK zu berücksichtigen ist, ist hingegen in der Neuregelung des § 17 Abs 2a EStG nicht erwähnt. Dieser Aspekt ist mE jedoch die ganz entscheidende Frage. Wie es angesichts der "historischen" Ausgangslage zu befürchten war, will die FinVerw mit der Neuregelung des § 17 Abs 2a EStG lediglich den gemeinen Wert der Darlehensforderung als nachträgliche AK berücksichtigen (BMF vom 07.06.2022, BStBl I 2022, 897 Rz 5; vgl zu der entsprechenden Befürchtung Deutschländer in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, § 17 EStG Rz 297/2, 5. Aufl; Levedag, GmbHR 2020, 117 (118); Fuhrmann, NWB 2020, 150 (154)). Entscheidend ist damit letztlich wieder, wie zur Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG, der Zeitpunkt mit entsprechender (streitanfälliger) Bewertung zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise. Unerheblich ist hierbei immerhin, ob es sich um ein fremdübliches oder um ein gesellschaftsrechtlich veranlasstes Darlehen handelt. Der wertlose Teil der Forderung ist nach Auffassung der FinVerw nur unter den Einschränkungen des § 20 Abs 6 S 6 EStG bei den Einkünften aus KapVerm zu berücksichtigen, was insbesondere ab VZ 2024 zu sehr restriktiven Verlustverrechnungsbeschränkungen führt, s Rn 236b.
Andererseits soll nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich sichergestellt werden, dass die Finanzierungsfreiheit des Gesellschafters nicht beeinträchtigt wird. Ein Ausfall eines Gesellschafterdarlehens soll sich zur Wahrung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit "steuermindernd" auswirken (RegE vom 09.08.2019, BT-Drucks 356/19, 122). Demnach hat mE der Gesetzgeber einen eigenständigen Begriff des Darlehensverlustes für Zwecke des § 17 EStG geschaffen, womit nach der neuen Rechtslage stets der Nennwert der ausgefallenen Darlehensforderung zu nachträglichen AK führt. Letztlich ist diese Fragestellung eng mit dem Konkurrenzverhältnis zwischen § 17 EStG und § 20 EStG verbunden, s Rn 281k, 281l. Es bleibt die Rspr des BFH zu § 17 Abs 2a EStG abzuwarten, wobei das FG BBg die Auffassung der FinVerw unter Verweis auf eine entsprechend gebotene systematische Interpretation der Norm insoweit bestätigt hat (FG BBg vom 04.06.2021, 5 K 5188/19, EFG 2022, 160, Rev anhängig, Az BFH IX R 21/21).
Rn. 281g
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Wie die beiden Fallgruppen der "krisenbestimmten Darlehen" sowie der "Finanzplandarlehen" zu behandeln sind, lässt § 17 Abs 2a EStG offen. Da "krisenbestimmte Darlehen" jedoch stets gesellschaftsrechtlich veranlasst sind, fallen diese ebenso unter § 17 Abs 2a EStG.
Die Behandlung von "Finanzplandarlehen" ist für die neue Rechtslage ungeklärt, eine Berücksichtigung kommt
in Betracht (Trossen, GmbH-StB 2019, 307 (309)).
Sowohl "krisenbestimmte Darlehen" als auch "Finanzplandarlehen" werden jedoch zumeist gesellschaftsrechtlich veranlasst sein, sodass auch in den nicht namentlich genannten Fallgruppen nachträgliche AK iSd § 17 Abs 2a EStG vorliegen (glA Zapf, FR 2019, 804 (811)).
Mit Einführung des § 17 Abs 2a EStG gilt die Berücksichtigung von Darlehensverlusten für alle StPfl, die iSd § 17 EStG an der KapGes beteiligt sind. Folglich sind Darlehensverluste als nachträgliche AK unabhängig davon zu berücksichtigen, ob ein sog "Kleingesellschafter" mit einer Beteiligung von 10 % oder weniger (s Rn 232) vorliegt. Dieser Auffassung hat sich die FinVerw angeschlossen, wonach diese Darlehenstypen stets mit der Höhe des Nennwertes als nachträgliche AK zu berücksichtigen sind (BMF vom 07.06.2022, BStBl I 2022, 897 Rz 11, 14).