Dr. jur. Lukas Karrenbrock
Rn. 37
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Mit der Neuregelung des § 50i EStG idF AmtshilfeRLUmsG soll das inländische Besteuerungsrecht für nach einem Wegzug realisierte Veräußerungsgewinne sichergestellt werden. Zur Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven (zB nach § 6 AStG) bei einem Wegzug ins Ausland und bei Umstrukturierungen sind Anteile an KapGes und andere WG in der Vergangenheit häufig auf eine gewerblich geprägte PersGes iSd § 15 Abs 3 Nr 2 EStG übertragen worden. Nach damaliger Ansicht der FinVerw waren auf die Einkünfte gewerblich geprägter PersGes die DBA-Regelungen über die Unternehmensgewinne (Art 7 OECD-MA bzw Art 13 Abs 2 OECD-MA) anzuwenden. Verfügte die Gesellschaft über eine inländische Betriebsstätte und waren die WG bzw Anteile dieser Betriebsstätte (abkommensrechtlich) zuzurechnen, so konnten im Fall ihrer Veräußerung die stillen Reserven noch uneingeschränkt gemäß Art 13 Abs 2 OECD-MA besteuert werden. Eine Besteuerung im Zeitpunkt des Wegzugs bzw der Umstrukturierung unterblieb daher im Regelfall. Der BFH hat der Ansicht widersprochen, dass die Regelung des § 15 Abs 3 Nr 2 EStG zur gewerblich geprägten PersGes auf das DBA durchschlägt (BFH vom 28.04.2010, I R 81/09, BStBl II 2014, 754).
Rn. 38
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Der Gesetzgeber hat auf die neue Rspr des BFH reagiert und zur "Verhinderung erheblicher Steuerausfälle in Milliardenhöhe" die Vorschrift des § 50i EStG nF eingeführt: Sind WG oder Anteile iSd § 17 EStG vor dem 29.06.2013 ohne Aufdeckung von stillen Reserven auf eine gewerblich infizierte oder gewerblich geprägte PersGes übertragen worden, wird eine spätere Gewinnrealisierung im Inland nach § 17 EStG ungeachtet der Regelungen des DBA im Inland versteuert. Da eine Umgehung des Treaty override durch eine steuerneutrale Umwandlung der aufgrund des § 50i EStG steuerverhafteten Mitunternehmerschaftsbeteiligung möglich gewesen wäre, wurde iRd KroatienAnpG vom 25.07.2014 (BGBl I 2014, 1266) die problematische Regelung des § 50i Abs 2 EStG eingeführt, wonach
- sämtliche Umwandlungen einer §-50i-Mitunternehmerschaft nach den §§ 3ff UmwStG,
- sämtliche Einbringungen der §-50i-Beteiligung nach den §§ 20, 24, 25 UmwStG,
- sämtliche unentgeltlichen Übertragungen und Überführungen von BV der §-50i-Mitunternehmerschaft nach § 6 Abs 3 und Abs 5 EStG und
- die "Rückumwandlung" der §-50i-Mitunternehmerschaft in eine originär gewerblich tätige Mitunternehmerschaft (sog Strukturwandel)
nur noch zu gemeinen Werten unter Aufdeckung der stillen Reserven möglich sind. Da im deutschen Mittelstand eine Vielzahl von Unternehmensholdings – ua aufgrund der erbschaftsteuerlichen Begünstigung von Mitunternehmeranteilen – in Form einer gewerblich geprägten KG geführt werden und diese damit zu weiten Teilen als §-50i-Mitunternehmerschaften gelten, wäre eine Übertragung solcher Mitunternehmeranteile aufgrund des § 50i Abs 2 EStG in vielen Fällen seit 2014 nicht mehr steuerneutral möglich gewesen (Benz/Böhmer, Das BMF-Schreiben zu § 50i Abs 2 EStG, DStR 2016, 145, 146).
IRd BEPS-UmsetzungsG 2016 ist der Vorschrift des § 50i EStG für Inlandsfälle viel Brisanz genommen worden, der 2014 eingeführte § 50i Abs 2 EStG wurde rückwirkend aufgehoben (Liekenbrock, DStR 2017, 177; BMF vom 05.01.2017, BStBl I 2017, 32).