Dr. jur. Lukas Karrenbrock
Rn. 239a
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Unabhängig davon, ob eine Bürgschaft "krisenbestimmt" oder in der Krise der Gesellschaft übernommen worden ist, führten Aufwendungen aus der Inanspruchnahme aus einer Gesellschafterbürgschaft nicht mehr zu nachträglichen AK bei den Anteilen gemäß § 17 EStG (BFH vom 11.07.2017, IX R 36/15, BStBl II 2019, 208). Für die Zwischenzeit bis zum Inkrafttreten des § 17 Abs 2a EStG (s Rn 281aff) gilt eine Vertrauensschutzregelung (s Rn 235a).
Seit dem Urteil des BFH vom 20.07.2018, IX R 5/15, BStBl II 2019, 194 ist geklärt, dass für die Bestimmung von nachträglichen AK eine rein formale und keine "wirtschaftliche" Betrachtungsweise gilt, womit "Gesellschaftereinlagen in letzter Minute" (Ott, StuB 2018, 15 (22); Trossen, GmbH-StB 2022, 244 (246)) zur Vermeidung einer Bürgschaftsinanspruchnahme in voller Höhe zu nachträglichen AK führen.
Beispiel (in Anlehnung an BFH vom 20.07.2018, IX R 5/15, BStBl II 2019, 194):
Der alleinige Gesellschafter A bürgt für ein Darlehen der A-GmbH. Da die A-GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, droht eine Inanspruchnahme des Gesellschafters aus der Bürgschaft. Eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft würde in der Rechtslage nach MoMiG und vor Inkrafttreten des § 17 Abs 2a EStG – unabhängig davon, ob diese "krisenbestimmt" oder in der Krise der Gesellschaft übernommen worden ist – zu keinen nachträglichen AK an der §-17-EStG-Beteiligung führen.
Folglich leistet A – zur Vermeidung einer Haftungsinanspruchnahme – eine Einzahlung in die Kapitalrücklage der A-GmbH (§ 272 Abs 2 Nr 4 HGB). Mit der hierdurch erhaltenen Liquidität tilgt die Gesellschaft ihre Darlehensverbindlichkeit.
Lösung:
Die Einzahlung in die Kapitalrücklage führt in voller Höhe zu nachträglichen AK (s Rn 235b). Dass die Einzahlung in die Kapitalrücklage allein dem Zweck diente, eine persönliche Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu vermeiden, ist unerheblich.
Rn. 239b
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Fraglich ist, ob eine Bürgschaftsinanspruchnahme des Gesellschafters zu einem Verlust bei seinen Einkünften aus KapVerm gemäß § 20 Abs 2 Nr 7 EStG führen kann. Dies ist zu bejahen, da es sich bei der gemäß § 774 BGB übergehenden Darlehensforderung um eine Kapitalforderung gemäß § 20 Abs 1 Nr 7 EStG handelt. Eine Kapitalforderung gemäß § 20 Abs 1 Nr 7 EStG ist jede auf eine Geldleistung gerichtete Forderung, unabhängig davon, ob sich der Rechtsgrund des Anspruchs aus vertraglicher oder – wie hier gemäß § 774 BGB – aus gesetzlicher Grundlage ergibt. Folglich führt auch ein Ausfall des Regressanspruchs zu einem Verlust bei den Einkünften aus KapVerm (glA Kahlert, DStR 2018, 229).