Dr. jur. Lukas Karrenbrock
1. Gewerbliche Einkünfte nach §§ 15, 16 EStG
Rn. 28
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Vorschrift des § 17 EStG fingiert neben den Einkünften aus Gewerbebetrieb iSd § 15 EStG als weitere Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch Veräußerungsgewinne aus einer wesentlichen Beteiligung an einer KapGes (im PV ≥ 1 %). Die den Einkünften zugrundeliegende Erwerbstätigkeit erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 15 EStG, insbesondere nicht dessen ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal "Überschreiten des Merkmals der privaten Vermögensverwaltung" (s § 15 Rn 130 (Bitz); Schneider in K/S/M, § 17 EStG Rz A 65). Die Veräußerung der Vermögenssubstanz im PV des StPfl wäre der privaten Vermögensverwaltung (s Rn 32) zuzuordnen, wenn § 17 EStG nicht die EStPfl anordnen würde. Obwohl die Gewinne und Verluste gemäß § 17 EStG als gewerbliche Einkünfte einzuordnen sind, unterliegen sie nicht der GewSt (R 7.1 Abs 3 Nr 2 GewStR 2009).
Rn. 29
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Wird die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten (zB beim gewerblichen Wertpapierhandel – s § 15 Rn 135 (Bitz)) –, findet § 15 EStG Anwendung. Die Vorschrift des § 17 EStG ist gegenüber § 15 Abs 2 EStG subsidiär, dh wenn originär gewerbliche Einkünfte vorliegen, ist § 15 EStG vorrangig anzuwenden. Die Abgrenzung von Einkünften gemäß § 17 EStG gegenüber gewerblichen Einkünften ist aus folgenden Gründen erforderlich:
- für die eingeschränkte Verlustberücksichtigung nach § 17 Abs 2 S 6 EStG,
- wegen der GewStPfl von Veräußerungsgewinnen aus im BV gehaltenen Anteilen an KapGes,
- für die Bewertung von Anteilen an KapGes bei Überführungs- bzw Übertragungsvorgängen nach § 6 Abs 1 Nr 5 und Abs 5 EStG.
Rn. 30
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Bei Erträgen aus Venture Capital- und Private Equity-Fonds – auch s § 15 Rn 135a (Bitz) – ist zwischen dem quotalen Gewinnanteil der Gesellschafter und dem disquotalen Gewinnanteil (Carried Interest) der Initiatoren zu unterscheiden. Die Gewinnanteile der Gesellschafter sind nach allgemeinen Grundsätzen zwischen Einkünften aus Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung abzugrenzen (BMF vom 16.12.2003, BStBl I 2004, 40 Tz 6). Die Gewinnanteile der Initiatoren (Carried Interest) sind den Einkünften aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs 1 Nr 4 EStG zuzuordnen, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen.
Rn. 31
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Veräußerung einer 100 %igen Beteiligung an einer KapGes gilt als Veräußerung eines Teilbetriebs iSd § 16 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG, wenn die gesamte Beteiligung an der KapGes zum BV eines einzelnen StPfl oder einer PersGes gehört und die gesamte Beteiligung im Laufe eines Wj veräußert wird (R 16 Abs 3 S 6–8 EStR 2012). Dies kann beispielsweise bei einer Veräußerung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung relevant sein. Gehört die Beteiligung auch (teilweise) zum PV des StPfl, ist § 16 EStG (soweit) nicht anzuwenden, sondern § 17 EStG. Ein nach § 16 EStG zu erfassender Veräußerungsgewinn ist grds dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen – es sei denn, die Veräußerung erfolgt im Zusammenhang mit der Aufgabe des Gewerbebetriebs.
2. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG
Rn. 31a
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Beteiligt sich ein ArbN kapitalmäßig an seinem ArbG, etwa im Rahmen einer Managementbeteiligung, kann diese Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, sodass im Falle einer Veräußerung der Beteiligung Einkünfte gemäß § 20 EStG oder – bei einer Beteiligung von mindestens 1 % – Einkünfte gemäß § 17 EStG erzielt werden. Andererseits kann die Beteiligung auch dem Arbeitsverhältnis zuzurechnen sein, womit insoweit Einkünfte gemäß § 19 EStG gegeben sind. Ob mit der Beteiligung Arbeitslohn oder eine eigenständige Erwerbsgrundlage vorliegt, richtet sich danach, ob Einkünfte "für" die Beschäftigung gewährt werden, also eine Gegenleistung für die Arbeitskraft darstellen oder die Zuwendung aufgrund anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen (Sonderrechtsbeziehungen) erfolgt (Stenzel, DStR 2018, 82, 85). Auch wenn – gerade bei erfolgreichen Investments – die FinVerw dem Vernehmen nach Veräußerungserlöse häufig zu Einkünften nach § 19 EStG qualifiziert, führt eine Beteiligung am ArbG im Regelfall zu Einkünften gemäß § 17 EStG oder § 20 EStG.
Der Veranlassungszusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis kann nur dann bejaht werden, wenn der ArbN, dem eine Beteiligung am Unternehmen des ArbG eingeräumt worden ist, einen Vorteil erhält, den ein fremder Dritter nicht erhalten hätte. Dies ist gegeben, wenn
- die Beteiligung entweder verbilligt erworben wurde (wobei dann bereits der verbilligte Erwerb Arbeitslohn darstellt (BFH vom 15.03.2018, VI R 8/16, BStBl II 2018, 865)),
- aus dieser eine nicht marktübliche, erhöhte Rendite oder
- ein nicht marktüblicher, erhöhter Veräußerungserlös erzielt wurde (FG BdW vom 09.05.2017, 5 K 3825/14, EFG 2017, 1880, rkr).
Eine Ausschlussmöglichkeit aus dem Gesellschaftsverhältnis bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt allein noch nicht dazu, dass ein Veräußerungserlös von Anteilen zu Einkünften gemäß § 19 EStG führt. Dies gilt selbst dann, wenn ...