Dr. jur. Lukas Karrenbrock
1. Sachlicher Anwendungsbereich
Rn. 44
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Vorschrift des § 17 EStG ist nicht anzuwenden, wenn die Anteile im BV gehalten werden (Einkünfte aus LuF, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit). In diesem Fall ist der Gewinn nach § 4 oder § 5 EStG zu ermitteln (R 17 Abs 1 EStR 2012). Entsprechendes gilt für diejenigen Anteile, die zum Sonder-BV einer Mitunternehmerschaft gehören (Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 37). Werden Anteile sowohl im BV als auch im PV gehalten, sind die Anteile im BV bei Ermittlung der Beteiligungsgrenze mitzurechnen. Im Einzelfall kann der Veräußerer bestimmen, welche Anteile er veräußert. Bei einer "einfachen Einlage" einer Beteiligung iSd § 17 EStG in das BV eines Einzelunternehmens gemäß § 4 Abs 1 S 8 EStG handelt es sich nicht um einen Veräußerungstatbestand, da in diesen Fällen keine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen Rechtsträger stattfindet (BFH vom 28.02.1990, I R 43/86, BStBl II 1990, 615; BFH vom 27.07.1988, I R 147/83, BStBl II 1989, 271; Levedag in Schmidt, § 17 EStG Rz 38 (42. Aufl).
2. Persönlicher Anwendungsbereich
Rn. 45
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Vorschrift des § 17 EStG gilt für Anteilsveräußerungen durch natürliche Personen, vermögensverwaltende PersGes sowie durch Private Equity- und Venture Capital-Fonds. Die Vorschrift des § 17 EStG ist auf die Veräußerung von inländischen und ausländischen KapGes (H 17 Abs 2 EStH 2021 "ausländische KapGes") sowie Genossenschaftsanteilen (§ 17 Abs 7 EStG) anzuwenden.
a) Natürliche Personen
Rn. 46
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
aa) Beteiligung eines unbeschränkt StPfl an einer inländischen KapGes
Der Grundtatbestand des § 17 EStG greift, wenn ein unbeschränkt StPfl eine maßgebliche Beteiligung an einer inländischen KapGes mit Geschäftsleitung oder Sitz im Inland veräußert (EuGH vom 05.11.2002, C 208/00, GmbHR 2002, 1137 "Überseering", wonach die Sitztheorie in Zuzugsfällen gegen EU-Recht verstößt).
ab) Beteiligung eines unbeschränkt StPfl an einer ausländischen KapGes
Rn. 47
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Veräußerungsgewinne von Beteiligungen an ausländischen KapGes werden auch von § 17 EStG erfasst, soweit nicht das anwendbare DBA dem ausländischen Staat das Besteuerungsrecht zuweist. Nach Art 13 Abs 5 OECD-MA wird grds das Besteuerungsrecht an dem Veräußerungsgewinn einer Beteiligung im PV nur dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zugeordnet (anderes gilt gemäß Art 13 Abs 4 OECD-MA für Anteile an denjenigen KapGes, deren Vermögen überwiegend aus unbeweglichen WG (Immobilien) besteht). IdR wird daher ein im Inland ansässiger Anteilseigner mit seinem Veräußerungsgewinn an einer ausländischen Beteiligung in Deutschland stpfl.
Nach dem Rechtstypenvergleich muss die Rechtsform der ausländischen Gesellschaft der deutschen KapGes vergleichbar sein (H 17 Abs 2 EStH 2021 "ausländische KapGes"; BMF vom 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076 Tabellen 1 und 2 zu den vergleichbaren Rechtsformen; zur Einordnung der amerikanischen "LLC" s BMF vom 19.03.2004, BStBl I 2004, 411). Ist die ausländische KapGes nach dem Rechtstypenvergleich mit einer deutschen KapGes vergleichbar, so handelt es sich um eine ähnliche Beteiligung iSd § 17 Abs 1 S 3 EStG. Für die Höhe der Beteiligung an ausländischen KapGes ist auf eine dem Grund- oder Stammkapital entsprechende Bezugsgröße abzustellen, die die kapitalmäßige Beteiligung des Gesellschafters in vergleichbarer Weise wiedergibt (BFH vom 14.02.2023, IX R 23/21, BFH/NV 2023, 772 für die Beteiligung an einer "Corporation" nach US-amerikanischen Recht (Delaware)).
Ein Rechtstypenvergleich zwischen dem inländischen und ausländischen Insolvenzrecht ist nach Verwaltungsauffassung auch bei einem Ausfall von krisenbestimmten Darlehen an ausländischen KapGes vorzunehmen (LfSt Nds vom 13.03.2018, DStR 2018, 920).
Nach der Rspr zum Rechtstypenvergleich (RFH vom 12.02.1930, VI A 899/27, RStBl 1930, 444; BFH vom 17.07.1968, I 121/64, BStBl II 1968, 695; BFH vom 16.12.1992, I R 32/92, BStBl II 1993, 399) lassen sich folgende Kriterien für das Vorliegen einer KapGes ableiten (vgl Verfügung der OFD Ffm vom 15.06.2016, S 2241 A-107-St 213, IStR 2016, 860):
Maßgebende Kriterien |
KapGes |
PersGes |
Geschäftsführung und Vertretung |
Fremdgeschäftsführung Zentralisierung |
Eigengeschäftsführung Dezentralisierung |
Haftung |
beschränkte Haftung |
unbeschränkte Haftung (Ausnahme: KG, PartGmbB) |
Übertragbarkeit der Anteile |
ohne Zustimmung der Mitgesellschafter |
ausgeschlossen oder nur mit Zustimmung der Mitgesellschafter |
Gewinnzuteilung |
erst nach Ausschüttungsbeschluss |
kein Ausschüttungsbeschluss erforderlich |
Kapitalaufbringung |
Einlage zu erbringen |
keine Einlage zu erbringen |
Lebensdauer |
nicht begrenzt |
häufig begrenzt |
Gewinnverteilung |
ausschließlich abhängig von der Beteiligungsquote |
berücksichtigt auch den persönlichen Einsatz des Gesellschafters |
Formale Gründungsvoraussetzungen |
Eintragung ins HR zwingend erforderlich |
Entstehung durch Gesellschaftsvertrag |
ac) Beteiligung eines beschränkt StPfl an einer inländischen KapGes
Rn. 48
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Bei beschränkt StPfl sind Veräußerungsgewinne nur dann nach § 17 EStG steuerbar, wenn die KapGes ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat, § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst e Doppelbuchst aa EStG. Der Veräußerungsgewinn unterliegt in Deutschland der beschränkten...