Dr. jur. Lukas Karrenbrock
1. Mitteilungspflichten nach § 54 Abs 1–3 EStDV
Rn. 56
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Nach § 54 Abs 1 EStDV sind die Notare verpflichtet, dem nach § 20 AO zuständigen FA über die Gründung, Kapitalerhöhung oder Herabsetzung, Umwandlung oder Auflösung von KapGes oder die Verfügung über Anteile an KapGes betreffende Urkunden in beglaubigter Abschrift zu übersenden. Die Abschrift ist binnen zwei Wochen nach Beurkundung oder Beglaubigung vorzunehmen. Den Beteiligten wird die Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Urkunde erst ausgehändigt, wenn die Abschrift an das FA abgesandt ist. Von der Regelung werden auch Anteilsveräußerungen von Unternehmergesellschaften nach § 5a GmbHG erfasst.
Verkäufe von Aktien, die einer notariellen Beurkundung grds nicht bedürfen, werden von § 54 EStDV nicht erfasst.
Rn. 57
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Fraglich ist, ob bei Beurkundung der Anteilsveräußerung durch einen ausländischen Notar eine Mitteilungspflicht nach § 54 EStDV besteht. Nach Ansicht des BGH ist vor und nach Inkrafttreten des MoMiG eine nach dem GmbHG erforderliche Beurkundung durch einen ausländischen Notar anzuerkennen, sofern die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist (BGH vom 17.12.2013, II ZB 6/13, DStR 2014, 379). Nach Ansicht des OLG Stuttgart genügt die Beglaubigung einer Übertragung von Gesellschafsanteilen durch einen amerikanischen notary public nicht der Form des § 15 Abs 4 GmbHG (OLG Stuttgart vom 17.05.2000, 20 U 68/99, DB 2000, 1218). Bei Beurkundung der Anteilsveräußerungen über einen ausländischen Notar, die mit einer deutschen Beurkundung zu vergleichen ist, zB nach dem schweizerischen Obligationsrecht in Basel-Stadt, kann gegenüber dem ausländischen Notar die Erfüllung der sich aus § 54 EStDV ergebenden Pflichten wohl nicht eingeklagt werden (Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 122).
2. Anzeigepflicht nach § 54 Abs 4 EStDV
Rn. 58
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Durch das SEStEG wurde die Vorschrift des § 54 Abs 4 EStDV neu eingeführt. Danach besteht eine zusätzliche Anzeigepflicht an das Wohnsitz-FA gemäß § 19 AO, das vor Beendigung der unbeschränkten StPfl für den Anteilseigner zuständig war. Mit der erweiterten Anzeigepflicht soll die Anwendung des § 6 AStG im Fall des Wegzugs des StPfl (Aufhebung der Stundung der ESt) sichergestellt werden. Voraussetzung für die zusätzliche Anzeige nach § 54 Abs 4 EStDV ist somit:
- Es muss eine Verfügung über Anteile an einer KapGes vorliegen. Die Auflösung, Gründung oder Kapitalerhöhung werden von der zusätzlichen Anzeigepflicht nicht erfasst.
- Der Anteilseigner ist im Zeitpunkt der Verfügung über die Anteile nicht im Inland unbeschränkt stpfl nach § 1 Abs 1 EStG, dh, der Anteilseigner muss im Inland beschränkt stpfl oder überhaupt nicht stpfl sein.
- Der Anteilseigner bzw im Fall des unentgeltlichen Erwerbs der Rechtsvorgänger war in der Vergangenheit nach § 1 Abs 1 EStG unbeschränkt stpfl. ME ergibt sich diese Voraussetzung daraus, dass die Anzeige gegenüber dem in dem Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten StPfl nach § 19 AO zuständigen Wohnsitz-FA zu erstatten ist. Da die Zuständigkeit des FA nach § 19 AO nur für natürliche Personen gilt, nicht jedoch für Körperschaften, bezieht sich die Anzeigepflicht nur auf natürliche Personen als Anteilseigner (glA Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 124).
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Notar sowohl gegenüber dem nach § 20 AO zuständigen FA der KapGes sowie dem nach § 19 AO zuständigen Wohnsitz-FA des Anteilseigners bei Beendigung der unbeschränkten StPfl Anzeige zu erstatten. Die Mitteilungspflicht des Notars gemäß § 54 Abs 4 EStDV nF besteht neben der Anzeigepflicht des Anteilseigners nach § 6 Abs 7 AStG.
3. Veranlagung
Rn. 59
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Die Erfassung von Veräußerungsgewinnen nach § 17 EStG findet iRd ESt-Veranlagung des Anteilseigners statt und ist eine Besteuerungsgrundlage des ESt-Bescheides. Veräußerungsgewinne können aufgrund der Bruchteilsbetrachtung nicht Gegenstand einer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gemäß §§ 179 Abs 1 und 2, 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO sein.
Rn. 60
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Durch das SEStEG wurde § 10 der VO über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs 2 AO – eingefügt durch das StBereinG 1999 – wieder aufgehoben. Sinn und Zweck der Regelung gemäß § 10 der VO aF war, folgende Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung festzustellen:
- ob und in welchem Umfang iRd Gründung einer KapGes oder einer Kapitalerhöhung stille Reserven in Gesellschaftsanteilen, die der Besteuerung nach § 21 UmwStG oder § 17 EStG unterliegen (steuerverstrickte Anteile), auf andere Gesellschaftsanteile übergehen (mitverstrickte Anteile),
- in welchem Umfang die AK der steuerverstrickten Anteile den mitverstrickten Anteilen zuzurechnen sind,
- wie hoch die AK der steuerverstrickten Anteile nach dem Übergang stiller Reserven sowie der mitverstrickten Anteile im Übrigen sind.
Nach der Gesetzesbegründung zum SEStEG ist die Regelung auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 22 Abs 7 UmwStG entbehrlich (BT-Drucks 16/3369). ME rechtfertigt § 22 ...