Rn. 63
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Begrifflich schließen sich nach der Rspr die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbstständiger Arbeit aus. Idealtypisches Kennzeichen der selbstständigen Arbeit im Unterschied zum Gewerbebetrieb und zur LuF ist das Zurücktreten des Kapitaleinsatzes gegenüber der eigenen Arbeitsleistung (so schon Begründung zu § 18 EStG 1934, RStBl 1935, 42; s BVerfG BVerfGE 120, 1 unter C. I.2.a.cc.). Deswegen sieht die Rspr das wesentliche Unterscheidungsmerkmal darin, dass die selbstständige Arbeit ausschließlich oder doch im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitsleistung des selbstständig Tätigen beruht, die als geistige Arbeit verstanden wird (BFH BStBl II 1995, 732; 2000, 297; 2001, 828). Der Begriff des Betriebes erhält idealtypisch insofern einen anderen Inhalt, als die Ausübung einer auf Ausbildung und Können des Selbstständigen beruhenden Tätigkeit das beherrschende Moment bildet, statt der Erbringung von Betriebsleistungen, die bei Gewerbetreibenden ausreichend ist, auch wenn in kleineren Betrieben die persönliche Arbeitsleistung des Betriebsinhabers durchaus erbracht zu werden pflegt. Das gilt auch dort, wo die Tätigkeit des Selbstständigen ein nicht unerhebliches BV erfordert (BFH BStBl III 1964, 120); hierzu s Rn 87ff.
Andererseits kann auch in Gewerbebetrieben die geistige Arbeit gegenüber dem Kapitaleinsatz überwiegen und großer technischer Aufwand mit erheblichem Kapitaleinsatz wie im gewerblichen Bereich und in der LuF auch im freiberuflichen Bereich anzutreffen sein (zB Computeranlagen eines Prüfingenieurs; Röntgengeräte, Laboreinrichtungen bei Ärzten; vgl BVerfG BStBl II 1978, 125). Daher kann die selbstständige Arbeit tatsächlich begrifflich nicht eindeutig anhand des Merkmals des Zurücktretens des Kapitaleinsatzes gegenüber der persönlichen Arbeitsleistung von der gewerblichen Tätigkeit und der LuF abgegrenzt werden (BFH BStBl II 2003, 21; 2004, 112).
Da also bei technischen und naturwissenschaftlichen Berufen durch Einsatz von Maschinen der Anteil der individuell bestimmbaren und damit als freiberuflich bewertbaren Arbeitsleistung kleiner geworden ist (BFH BStBl II 1988, 17; 1989, 727), umgekehrt aber einige gewerbliche Tätigkeiten, die ebenfalls lediglich auf dem Einsatz der persönlichen Arbeitskraft beruhen (zB Berufssportler, Artisten, RFH RStBl 1942, 989; s Rn 236; Dienstmänner, Hausschneiderinnen, auch kleine Handwerker, Vertreter uä Berufe), ist es für die Entscheidung in diesen Fällen bedeutsam, dass
- der Gewerbetreibende mit seiner persönlichen Arbeitskraft eine vertretbare Leistung schafft,
- während die Leistung des selbstständig Tätigen iSd § 18 EStG eine höchstpersönliche ist (BFH BStBl II 1995, 732; 2002, 478; BFH/NV 1998, 706; 2012, 1959).
Ist das angesichts der Arbeitsweise, des Einsatzes von Personal und/oder Kapital nicht mehr der Fall, kann die Tätigkeit trotz des Umstandes, dass der StPfl nominell einen Katalogberuf ausübt, in eine gewerbliche umschlagen. So ist es st Rsp des BFH, dass ein Angehöriger eines freien Berufs, der sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Mitarbeiter bedient, nur dann eigenverantwortlich tätig ist (§ 18 Abs 1 S 3 EStG), wenn die Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter den "Stempel der Persönlichkeit" des Freiberuflers trägt (s Rn 237 ff und s Rn 247ff). Entsprechendes gilt bei Beteiligung Berufsfremder in einer PersGes oder bei Ausübung einer sog "gemischten Tätigkeit", bei der die mit der freiberuflichen Tätigkeit verflochtenen gewerblichen Elemente der Gesamttätigkeit das Gepräge geben (hierzu s Rn 255ff).
Deshalb ist nach st Rspr des BFH der Praxiswert eines freiberuflichen Unternehmers die über den Substanzwert einer freiberuflichen Praxis hinausgehende Gewinnaussicht, die sich aus dem Vertrauen der Mandanten in die Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit des Praxisinhabers ergibt. Einzelheiten s Rn 510ff.
Rn. 64
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Persönliche Arbeitsleistung bedeutet, dass der selbstständig Tätige über die erforderliche Berufsqualifikation und – falls vorausgesetzt – über die Berufszulassung verfügt (vgl BFH BStBl II 1987, 124; BFH/NV 1990, 438). Das gilt auch für die sog "ähnlichen" Berufe (hierzu s Rn 130b) und ist von Belang auch für einen Berufsfremden, zumal, wenn er Erbe des Berufsträgers ist (hierzu s Rn 245).
Rn. 65
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"Höchstpersönliche Arbeitsleistung" bedeutet jedoch auch, dass der Selbstständige – zumindest in bestimmten Bereichen – unmittelbar mit der letztendlichen Aufgabenstellung befasst sein muss, wie etwa in vermögensverwaltenden Tätigkeiten des § 18 Abs 1 Nr 3 EStG. Danach ist in solchen Angelegenheiten der Subunternehmer nicht selbstständig Tätiger iSd Vorschrift (BFH BStBl II 2005, 611).
Hiergegen wird – mE jedoch zu Unrecht – kritisch eingewandt, der BFH nehme eine Umkehrung der Vervielfältigungstheorie vor (Gebhardt, EStB 2006, 222). Es geht jedoch um das Merkmal der Höchstpersönlichkeit. Fraglich kann mE allerdings sein, ob und – wenn ja – inwieweit diese Betrachtungsweise au...