Rn. 122

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Erzieherisch tätig ist, wer sich planmäßig bemüht, die Persönlichkeit insb heranwachsender Menschen charakterlich, geistig, sittlich, aber auch körperlich zu formen (BFH BStBl III 1966, 182; BStBl II 1975, 389; 1990, 1018; 2017, 432). Erzieherische Tätigkeit im Sinn der Vorschrift ist also eine Tätigkeit am Menschen, nicht auch an Tieren (BFH BStBl II 2017, 911 zur Blindenführhundeschule; aA für andere Formen des Hundetrainings Herkens, EStB 2017, 453).

Ziel ist der tüchtige und mündige Mensch; hierbei bedeutet Mündigkeit die Fähigkeit, die Aufgaben des Lebens selbstständig und (eigen-)verantwortlich zu bewältigen. Erziehung erfasst alle Bestrebungen, Vorgänge und Tätigkeiten, die den Entwicklungsvorgang beeinflussen (BFH BStBl II 1975, 389). Das geht über unterrichtende Tätigkeit als Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten, aber auch über die Betreuung hinaus. Im Übrigen muss es um den ganzen Menschen, die Formung der ganzen Persönlichkeit gehen. Schulungen lediglich in Teilaspekten der menschlichen Beziehungen genügen dem Begriff ebenso wenig (BFH BStBl II 1997, 687) wie die Hilfe zur Bewältigung von bestimmten Lebenskonflikten (BFH BFH/NV 2000, 839).

ME kommt in Ausnahmefällen auch die Erziehung von Erwachsenen in Betracht, wenn es um den (Persönlichkeits-)Aufbau von gestrauchelten Menschen geht (offen gelassen in BFH BStBl II 1997, 687). Abgelehnt wird dies jedoch für eine Dipl-Sozialarbeiterin, deren Arbeit auf Überwindung von problematischen Verhaltensdispositionen und Persönlichkeitsdefekten abzielt, BFH DStRE 2021, 418 unter Bestätigung von FG Köln EFG 2017, 1662; mE zu eng, weil die so geartete Tätigkeit, auch wenn hierbei konkrete Ziele erarbeitet werden, tatsächlich den "ganzen Menschen" erfasst. Erziehung entfällt daher bei der Säuglingsbetreuung (BFH BStBl III 1966, 182; FG Bln EFG 1971, 496; kritisch Korn, § 18 EStG Rz 54), ist aber möglich bei Kleinkindern einschließlich der Gruppenerziehung (BFH BStBl II 1997, 652).

Die häusliche Erziehungshilfe fällt grds unter den Begriff, wenn die erzieherische Tätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt; jedoch dürfen Zusatzleistungen, wie die allg Betreuung, Verköstigung und Unterbringung nur Hilfsmittel der erzieherischen Tätigkeit sein (BFH BStBl II 1990, 1018; 1997, 652; 2004, 129). Entsprechendes gilt für die Gruppenerziehung in einer Kindertagesstätte (FG Ha EFG 2015, 912) und für die Kindertagespflege nach § 22 SGB VIII (FG Nds EFG 2007, 994; BMF BStBl I 2016, 1236; Apitz, EStB 20 117, 65; Gragert, NWB 2016, 3850).

Auch bei der Unterhaltung von Kindererholungsheimen müssen bei der Auswahl und Betreuung der Kinder erzieherische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen (BFH BFH/NV 1986, 358). Hierbei soll die Beurteilung vorrangig aus der Sicht der versendenden Stelle und nicht aus derjenigen der Heimleitung erfolgen (vgl BFH BStBl II 1974, 553; 1975, 147; 1975, 610; 1990, 1018), was jedoch nach dem Wortlaut der Vorschrift fragwürdig ist. Geschieht die Auswahl aus Gründen der physischen oder psychischen Erholung, führt die entgeltliche Aufnahme selbst dann zu gewerblichen Einkünften, wenn die Heimleitung über sozialpädagogische Fachkenntnisse verfügt und die allg erzieherische Betreuung besonders intensiv gestaltet. Keine erzieherische Tätigkeit übt mangels Eigenverantwortlichkeit der Betreiber eines Kinderheims aus, wenn er sich auf die Wirtschaftsleitung des Heims beschränkt und die pädagogische Leitung anderen Personen überlässt (BFH BFH/NV 1985, 70; FG Nds EFG 2006, 1772 rkr). Anders jedoch bei regelmäßigen Kontrollen der ErzieherInnen (45 Kinder in 2 Gruppen mit insgesamt 6 Erwachsenen; FG Ha EFG 2015, 912).

Wird bei einem einer Schule angegliederten Internat ein eigener Gewinn aus der Unterbringung und Verköstigung erstrebt, liegt mE insofern eine – ggf trennbare – gewerbliche Tätigkeit vor (vgl BFH BStBl III 1964, 630).

Ein an einem Studentenwohnheim als Tutor tätiger Gerichtsreferendar ist natürlich nicht erzieherisch tätig (vgl BFH BStBl II 1972, 738; 1978, 387; zustimmend Rössler, DStZ A 1979, 78; aA Weber-Grellet, DStZ 1978, 453). Auch ein selbstständiger Laienprediger wird mE jedenfalls mangels dauernder oder regelmäßiger Einwirkung auf andere nicht erzieherisch tätig.

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