ba) Berufsrecht, Berufsbild
Rn. 201
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Das Berufsrecht der Architekten wird – wie ihr Berufsbild – in einzelnen, nicht allen Bundesländern gesetzlich geregelt (vgl die Zusammenstellung in BFH BStBl II 1982, 492). Dem folgt das Ertragsteuerrecht im Wesentlichen.
Danach gilt: Architekt ist iSd Vorschrift nur, wer die nach den dafür maßgeblichen Architektengesetzen der Länder erforderliche Qualifikation hat, zumindest die Architekten-Ausbildung an einer höheren Fachschule oder vergleichbaren Einrichtung (Akademie, höhere technische Lehranstalt, Werkkunstschule) abgeschlossen hat oder in sonstiger Weise die Berufsbefähigung als Architekt nachweist (BFH BStBl II 1982, 492; 1988, 497; BFH/NV 1992, 811; BStBl III 1962, 302 zum Gartenarchitekten; RFH RStBl 1939, 159 zum Innenarchitekten). Nicht zwingend ist die Eintragung in die Architektenliste (BFH BStBl II 1975, 558 zur wiederholten Teilnahme an Städtebau-Wettbewerben).
Auch bei einem Architekten kommt in Betracht, dass er – trotz eines anders gerichteten Beweises des ersten Anscheins – seine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht ausübt (BFH BStBl II 2003, 85; s Rn 24aff).
Rn. 202
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Das Berufsbild ist gekennzeichnet durch die künstlerische auf technischer und wirtschaftlicher Grundlage beruhende Planung und Gestaltung von Bauwerken, die Überwachung der Ausführung, die Beratung und Betreuung des Bauherrn im Zusammenhang mit der Planung und Ausführung, die Vertretung gegenüber Behörden, Bauunternehmern und Handwerkern (BFH BStBl III 1965, 586). Das Erstellen von Gutachten auf dem Gebiet des Bauwesens gehört zum typischen Berufsbild (BFH BStBl II 1986, 843; 1987, 3). Ferner sind Architekturvisualisierungen (Rendering) eines Architekten als typische Architektentätigkeiten im Bereich der gestalterischen Planung als selbständige Berufstätigkeit iSv § 18 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG anzusehen, wenn der Architekt regelmäßig in einem Entwurfsstadium bei der Entwicklung von Architekturprojekten miteingebunden ist und mithilfe der Visualisierung am Entwurfsprojekt im Dialog mit den originär beauftragten Architekten gestalterisch planend beteiligt ist (s FG Köln v 21.04.2021, 9 K 2291/17).
Standesrechtlich unterscheidet man freischaffende und gewerbliche Architekten. Freiberuflich tätig ist auch der Gartenarchitekt, es sei denn, er erstellt die von ihm geplanten Anlagen selbst (BFH BStBl III 1962, 302; 1963, 537); Entsprechendes gilt für den Innenarchitekten (RFH RStBl 1939, 159; BFH BStBl II 1985, 15).
Ein Architekt kann auch dann noch freiberuflich tätig sein, wenn er Bauleitpläne nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts, sondern für private Investoren entwirft (BFH BFH/NV 1992, 811); das an den Erfolg der geplanten Veräußerung von Grundbesitz geknüpfte Erfolgshonorar sprach jedoch in diesem Fall für Gewerblichkeit.
Rn. 203
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Gewerblich betätigt sich ein Architekt insb, wenn er Tätigkeiten zur reinen Absatzförderung ausführt, zB als oder wie ein Makler, wofür ein Erfolgshonorar oder eine Provision spricht (s oben; BFH BStBl III 1965, 586; BStBl II 1984, 15; 1989, 965; BFH/NV 1992, 664; 1992, 811; 1998, 312; 2007, 687); wenn er ein Baubetreuungsunternehmen gründet, sei es auch in Form einer GmbH, deren Geschäftsführung er übernimmt (vgl Knemeyer, NJW 1983, 249, 253), im Übrigen durch Betreiben von Grundstücksgeschäften (BFH BStBl II 1969, 375; 1973, 661; 1976, 152; 1982, 700; 1984, 137), Erstellen schlüsselfertiger Gebäude als "Baubetreuer" (BFH BStBl II 2008, 54; BFH/NV 2007, 1957) oder einer Handelsvertretung (BFH BFH/NV 1998, 312; auch s Rn 257).
Auch die häufig mit der Architekten- bzw Ingenieurtätigkeit verbundene Kundenberatung wird als gewerblich beurteilt, weil der Berater nicht den Auftraggeber selbst, sondern dessen Kunden berät und dadurch den Absatz des Auftraggebers fördert (BFH BStBl II 1985, 15; BFH/NV 1992, 811 mwN). Ebenso führt die rein wirtschaftliche Bauberatung zu gewerblichen Einkünften (BFH BStBl II 1973, 668; 1974, 447). Die Zahlung von Provisionen durch Baustofflieferanten an in einer GbR zusammengeschlossene Architekten führt zur Färbung der gesamten Einkünfte als gewerblich (vgl FG BdW EFG 1992, 71 rkr; hierzu s Rn 275ff).
bb) Architektenähnliche Tätigkeit
Rn. 204
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Eine architektenähnliche Tätigkeit setzt eine der Berufsausbildung eines Architekten vergleichbare Ausbildung voraus (BFH BStBl II 1988, 497), dh mindestens den Besuch einer höheren Fachschule (BFH BStBl II 1982, 492). Jedoch ist es ausreichend, dass die vergleichbaren Fachkenntnisse durch Kurse oder Selbststudium erworben wurden oder die entsprechenden Kenntnisse auch anhand der praktischen Tätigkeiten nachgewiesen werden, wenn deren Ausübung das Wissen des Kernbereichs des Architektenstudiums voraussetzt (BFH BStBl II 2000, 31) und deren Schwerpunkt im Bereich der Planung von Bauwerken liegt (BFH BStBl II 1988, 497; zum Nachweis BFH BFH/NV 1992, 821; 1993, 238).
Die Ausbildung zum Techniker bietet die für einen Architekten vorgesehene breite Ausbild...