Schrifttum:
Verwaltungsanweisungen:
BMF v 28.02.2006, BStBl I 2006, 228 (Realteilung);
BMF v 14.03.2006, BStBl I 2006, 253 (Erbengemeinschaft: Ertragsteuerliche Behandlung).
1. Einkünftequalifikation
Rn. 625
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Übernimmt eine Mehrheit von Erben eines Freiberuflers dessen Einzelpraxis, so werden die Erben vom Erbfall an als Mitunternehmer angesehen; handelt es sich bei ihnen ganz oder zum Teil um Berufsfremde, so erzielen sie in ihrer Gesamtheit Einkünfte aus Gewerbebetrieb (BFH BStBl II 1990, 837, ua zur Gleichstellung von Erbengemeinschaften mit PersGes; BFH BStBl II 1993, 36; 1994, 922; BMF BStBl I 2006, 253 Tz 5). Das gilt nur für die Fortsetzung der Tätigkeit des Erblassers, nicht jedoch für die Vereinnahmung von Honoraren aus der Tätigkeit des Erblassers selbst (vgl § 24 Nr 2 EStG; BFH BStBl II 1993, 716; 2008, 608; FG Köln EFG 2015, 1923: "gespaltene Tatbestandsverwirklichung").
Erfolgt die Erbauseinandersetzung jedoch innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall in der Weise, dass ein freiberuflich qualifizierter Miterbe die Praxis übernimmt, dann können die Einkünfte diesem von Anfang an als freiberufliche zugerechnet werden (BMF BStBl I 2006, 253 Tz 8). War der Erblasser an einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft beteiligt und ist sein Gesellschaftsanteil aufgrund einer Nachfolgeklausel auf die Erben übergegangen, so gelten die oben angegebenen Grundsätze entsprechend, und zwar nicht nur für seinen Gesellschaftsanteil, sondern für die Einkünfte der gesamten Sozietät (ebenso Seeger, DB 1992, 1010; Wacker in Schmidt, § 18 EStG Rz 242). Dagegen werden Betriebe des Erblassers einer anderen Einkunftsart (§§ 13, 15 EStG) oder sein PV (§ 21 EStG) auch nach dem Erbfall und vor der Erbauseinandersetzung selbstständig und werden nicht in ein einziges BV einbezogen; § 15 Abs 3 Nr 1 EStG findet keine Anwendung (GrS BFH BStBl II 1990, 837).
2. Erbfall
Rn. 626
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Mit dem Erbfall tritt der Erbe in die Rechtsstellung des Erblassers ein (§ 1922 BGB; hierzu BFH BStBl II 1973, 544). Daher sieht § 6 Abs 3 EStG für den Erbfall ebenso wie für die Schenkung die Fortführung der Buchwerte vor. Das gilt grundsätzlich auch beim Tod eines Freiberuflers (BFH BFH/NV 1992, 512).
Rn. 627
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Die ältere Rspr des BFH behandelte iS der möglichst weitgehenden Gleichbehandlung von Alleinerben und Miterben den Erbfall (§ 1922 BGB) und die Erbauseinandersetzung (§ 2042 BGB) als steuerrechtliche Einheit. Das bedeutete, dass Erbauseinandersetzungen auch bei Leistung von Ausgleichszahlungen und Abfindungen nicht als entgeltliche Geschäfte behandelt wurden; Veräußerungsgewinne oder AK entstanden nicht (sog Einheitsthese).
GrS BFH BStBl II 1990, 837 hat diese Einheitsthese zwar teilweise aufgegeben. Abfindungszahlungen eines Erben iRd Erbauseinandersetzung und Aufwendungen für den Erwerb des Erbteils eines Miterben führen beim Leistenden grundsätzlich zu AK; in gleicher Höhe entsteht beim weichenden Miterben ein Veräußerungserlös (zur Anwendung auch bei rückwirkender Zurechnung der Einkünfte Groh, DB 1992, 1312; Däinghaus/Reichel, DStZ 1998, 34). Der BMF BStBl I 2006, 253 hat diese Grundsätze bei Realteilung mit Abfindungszahlung übernommen (Tz 14), im Übrigen jedoch die weitgehende Gleichbehandlung von Allein- und Miterben gefestigt. Das bedeutet:
- eine Realteilung ohne Abfindungszahlung ist steuerrechtlich kein entgeltlicher Vorgang (BMF aaO Tz 10);
- § 15 Abs 3 Nr 1 EStG wird auf die Erbengemeinschaft nicht angewandt; sie kann das PV des Erblassers als solches fortführen (BFH BStBl II 1990, 837 unter C.II.3.).
3. Erbauseinandersetzung
Rn. 628
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Der steuerlichen Behandlung liegt die Vorstellung zugrunde, dass sie ein Rechtsgeschäft zwischen den Miterben zur Erfüllung gesetzlicher Ansprüche ist. Da es auch nach der teilweisen Aufgabe der Einheitsthese bei Realteilung ohne Ausgleichszahlung an einem Leistungsaustausch fehlt, vollzieht sie sich nach Realteilungsgrundsätzen (vgl BMF BStBl I 2006, 253 Tz 10). Sie wurde aufgrund der Rechtslage bis VZ 1998 als Betriebsaufgabe iSv § 18 Abs 3 S 2 EStG iVm § 16 Abs 3 EStG behandelt (kritisch Hörger, DStR 1993, 37, 40). Gegen BFH BStBl II 1994, 607 wurde den Miterben hierbei ein Wahlrecht zur Buchwertfortführung eingeräumt (BMF BStBl I 1993, 62 Tz 12, 13; BMF BStBl I 1994, 601).
Nach der Rechtslage 1999/2000 (§ 16 Abs 3 S 2 EStG idF StEntlG) bestand für die Buchwertfortführung ein Teilbetriebserfordernis. Nach der Rechtslage ab 2001 (§ 16 Abs 3 S 2–4 EStG idF UntStFG) besteht ein Zwang zur Buchwerfortführung, auch wenn nur einzelne WG übertragen werden (BMF BStBl I 2006, 253 Tz 12, 52).
Rn. 629
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Bestand für den Erblasser eine Beteiligung an einer Sozietät und wird diese aufgrund einer Fortsetzungsklausel von den verbliebenen Gesellschaftern fortgeführt, so erzielt der Erblasser einen Gewinn aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils (BFH BStBl II 2000, 179), und zwar in Höhe des Differenzbetrages zwischen Abfindungsanspruch und Kapitalkonto sowie eines Gewinns au...