Rn. 31
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Bei Diensten nicht einfacher Art (vgl BFH BStBl II 1985, 661; BFH/NV 1990, 667 zum Managementvertrag), wie vor allem bei den Diensten der Wissenschaftler (BFH BStBl II 1991, 409), Schriftsteller, Künstler und aller wissenschaftlich vorgebildeten Berufsträger kann es nach der Rspr unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung auf die Zeitdauer der Bindung ankommen (zum Musiker Wolf, FR 2002, 202). Hier werde die Vergütung nicht danach bemessen, wie lange der Betreffende für den Auftraggeber tätig war, sondern nach der Leistung, wobei auch die vorbereitende Tätigkeit, die nicht Gegenstand des Vertrages war, mit abgegolten werde. Derartige Tätigkeiten seien "ihrer ganzen Natur" nach selbstständige. Es müssten daher bei ihnen eindeutige Umstände vorliegen, die sie im Einzelfall als nicht selbstständig erscheinen lassen (BFH BStBl III 1959, 193 betreffend einen an einer technischen Abendschule nebenberuflich tätigen Diplomingenieur; BFH BStBl III 1960, 88 für die ärztliche Tätigkeit; BFH BStBl II 1968, 455 betreffend die Tätigkeit eines Gerichtsreferendars bei einem RA, bei dem er aber nicht Stationsreferendar war; s Rn 39–41).
Stellungnahme
Dieser Auffassung – so zutreffend die eine oder andere Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis sein mag – ist mE nicht zu folgen. Sie beachtet nicht den Grundsatz, dass Eingliederung und Weisungsgebundenheit die Nichtselbstständigkeit maßgeblich charakterisieren. Insb die Berufung auf die "Verkehrsauffassung" weist auf sog Wunschergebnisse hin, die noch auf unvordenklichen sozialen Ressentiments beruhen mögen ("Ist Er wer, oder zieht Er Lohn?").
Beispiele:
- Beim Konzertsolist kann schon zweifelhaft sein, ob er iSd § 1 LStDV überhaupt weisungsgebunden ist. Denn er hat mE keinen Dienstvertrag, sondern einen Werkvertrag geschlossen, der ihn zur Erbringung eines bestimmten Werkes (das festgelegte Programm) verpflichtet; es geht also nicht um die Arbeitsleistung an sich, sondern das Ergebnis seiner vorher erbrachten und nicht entlohnten Bemühungen. Aus dem so gearteten Vertrag ergeben sich seine Pflichten auch im Hinblick auf Ort und Zeit der Leistung. Seine wenn überhaupt bestehende Verpflichtung, während des Konzertes und ggf während der Proben bestimmten Weisungen des Veranstalters zu folgen, ist eine werkvertragliche, die ebenso wenig geeignet ist, eine Eingliederung zu kennzeichnen wie die mit dem Auftritt einhergehende Berührung mit dem Betrieb des Veranstalters.
- Der Fall des Gerichtsreferendars (BFH BStBl II 1968, 455) allerdings erscheint fraglich. Denn an der Eingliederung kann es mE nur fehlen, wenn der Referendar gemäß Vertragsschluss die Erstellung bestimmter Gutachten übernommen hat und für diese bezahlt wurde. Hat der RA hingegen nach Vertragsschluss Gutachten in Auftrag gegeben, ohne dass die Bezahlung sich an dem einzelnen Werk ausrichtete, fehlte es an der Selbstständigkeit (hierzu RFH BStBl 1937, 243; BFH BStBl III 1957, 426; FG BdW EFG 1975, 361).