Rn. 159
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
"Einkünfte sind bei LuF, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit der Gewinn" (§ 2 Abs 2 Nr 1 EStG), dh, die Einkünfte aus diesen Einkunftsarten werden im Wege der Gewinnermittlung erfasst. Entgegen der Verweisung sind dabei nicht nur §§ 4–7k EStG (zum Verweis s Rn 155) anzuwenden, sondern auch die §§ 2a, 3, 3c, 9b, 11, 12, 13–18, 24 EStG. "Gewinn" iSd der Vorschrift kann auch ein Verlust sein. Die Methoden zur Ermittlung des Gewinns sind von den Methoden zur Ermittlung eines Veräußerungsgewinns (vgl § 6b Abs 2, § 16 Abs 2, § 17 Abs 2 EStG) – eines gesondert ermittelten, in die Jahresrechnung eingehenden Postens – zu unterscheiden.
Rn. 160
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Es gibt vier Wege der Gewinnermittlung:
(1) |
Gewinnermittlung durch BV-Vergleich, § 4 Abs 1 EStG mit Spezialregelungen in § 5 EStG für kraft Gesetzes Verpflichtete oder freiwillig bilanzierende Gewerbetreibende. |
(2) |
Gewinnermittlung durch Gegenüberstellung der BE und BA, § 4 Abs 3 EStG. |
(3) |
Gewinnermittlung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr, § 5a EStG (sog Tonnagebesteuerung, zu deren Verfassungsmäßigkeit s § 5a Rn 5f (Weiland)). |
(4) |
Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen im Bereich der LuF, § 13a EStG. Dazu s Rn 155. |
Rn. 161
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
§ 162 AO eröffnet keinen 5. Weg: Die Vorschrift erlaubt nur, die Besteuerungsgrundlagen (zB BE/BA) zu schätzen, nicht aber den Gewinn selbst (s Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rz 19 ff, Oktober 2017). Auf die durch Schätzung ermittelten Besteuerungsgrundlagen sind je nach Lage die drei oben genannten Techniken anzuwenden. Entsprechendes gilt auch für die Überschusseinkünfte (s Rn 181).
Rn. 162
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Alle vier Wege der Gewinnermittlung (s Rn 160) wollen das BV des StPfl erfassen. Der Begriff des BV setzt den Begriff des Betriebs voraus. Von Betrieb wird im EStG in zweierlei Sinn gesprochen:
(1) |
als die auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit iRd drei ersten Einkunftsarten. |
(2) |
als die diese Tätigkeit unterstützende und ermöglichende organisierte Wirtschaftseinheit. |
Rn. 163
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Das dem Betrieb gewidmete Vermögen ist das BV. Dabei ist zu unterscheiden zwischen
(1) |
notwendigem BV,
- dh WG, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des StPfl genutzt werden oder dazu bestimmt sind (R 4.2 Abs 1 S 1 EStR 2012); diese WG sind auch dann notwendiges BV, wenn sie nicht in der Buchführung und der Bilanz ausgewiesen sind (R 4.2 Abs 1 S 2 EStR 2012)
- bei jeder Gewinnermittlungsart möglich
|
(2) |
gewillkürtem BV, |
Dazu folgende Übersicht (s R 4.2 Abs 1 S 4–6 EStR 2012):
Notwendiges BV |
Gewillkürtes BV |
Notwendiges PV |
WG wird zu mehr als 50 % betrieblich genutzt |
WG wird zwischen 50 % und bis einschließlich 10 % betrieblich genutzt |
WG wird nur zu weniger als 10 % betrieblich genutzt |
Rn. 164
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Im Bereich der Mitunternehmerschaft wird ferner noch unterschieden zwischen (R 4.2 Abs 2 EStR 2012):
(1) |
Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, dh, die WG stehen zivilrechtlich im Eigentum der Gesellschaft, |
(2) |
Sonder-BV der Gesellschafter, dh, die WG stehen zivilrechtlich im Eigentum aller, mehrerer oder eines Gesellschafters. Dabei kann das Sonder-BV entweder unmittelbar dem Betrieb der PersGes (dann Sonder-BV I) oder unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der PersGes (dann Sonder-BV II) dienen. |
Dazu s § 15 Rn 7ff (Bitz).
Rn. 165
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Entfaltet ein StPfl Aktivitäten, die unter mehrere Einkunftsarten fallen, so ist im Bereich der Gewinneinkünfte für jede Tätigkeit ein eigener Betrieb anzunehmen. Der StPfl, der gewerblich tätig wird, aber zugleich auch Einkünfte aus LuF und aus selbstständiger Arbeit bezieht, hat also mindestens drei Betriebe. § 15 Abs 3 Nr 1 EStG (Abfärbetheorie, s § 15 Rn 152ff (Bitz)) gilt nicht für Einzelunternehmer. Aber auch innerhalb derselben Einkunftsart kann ein StPfl mehrere Betriebe unterhalten. Für jeden der Betriebe ist dann das BV gesondert festzustellen.
Die Gewinnermittlung bezieht sich jeweils nur auf den einzelnen Betrieb (vgl BFH BStBl II 1986, 719 zu § 2 GewStG). Die Gewinne verschiedener Betriebe innerhalb derselben Einkunftsart oder innerhalb verschiedener Einkunftsarten zusammenzurechnen, ist kein Vorgang, der noch zum Bereich der Gewinnermittlung gehört. Denn das ESt-Recht kennt weder eine einheitliche Gewinnermittlungsrechnung für alle Betriebe einer Einkunftsart noch eine die Einkunftsarten übergreifende Ermittlung des Gesamtgewinns aus den drei ersten Einkunftsarten.