a) Allgemeines
Rn. 131
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
An die Kriterien der persönlichen Zurechnung knüpfen die Überlegungen an, die durch Verlagerung von Einkünften oder Übertragung von Einkunftsquellen Steuerersparnisse innerhalb eines Familienverbandes herbeiführen wollen. Einkünfte verlagert oder Einkunftsquellen überträgt nur der, dem es gelingt, den Einkünfteerzielungstatbestand auf den Erwerber überzuleiten. Wer Einkünfte aus VuV erzielt, verliert diese Position noch nicht dadurch, dass er einen anderen als Zahlstelle für die Mietzinsen benennt. Eine Überleitung des Einkünfteerzielungstatbestandes liegt aber darin, dass er dem Erwerber das Haus übereignet und ihn damit an Stelle des Veräußerers in die Position des Vermieters einrücken lässt (§ 566 BGB).
Rn. 132
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Der Einkünfteerzielungstatbestand kann verlagert werden durch:
- Auswechseln des bisherigen ArbN, Vermieters, Darlehensgläubigers.
- Aufspaltung der Gläubiger-/Gesellschafter-/Unternehmer-Stellung: Wer als Teilhaber in ein luf oder gewerbliches Unternehmen eintritt, an der Erzielung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit teilnimmt oder neben den ArbN (Job-Sharing), den Vermieter oder den Darlehensgläubiger in die Vertragsbeziehungen eintritt, erhält entsprechende Einkünfte zugewiesen. Zur Zurechnung von Einkünften bei Verteilungsstreitigkeiten zwischen Gemeinschaften oder Gesellschaftern s Wüllenkemper, FR 1993, 389.
Rn. 133
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Problematisch ist, inwieweit sich die Nießbrauchsbestellung dazu eignet, Einkünfte zu verlagern. Die Frage ist insbesondere bei Einkünften aus KapVerm (§ 20 EStG) und aus VuV (§ 21 EStG) bedeutsam. Dazu s Rn 135 ff und den Nießbrauchs-Erlass BMF v 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184. Zur Frage der Mitunternehmerstellung des Nießbrauchers s § 15 Rn 32ff (Bitz).
b) Einkünfte aus KapVerm
Rn. 134
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Einkünfte aus KapVerm erzielt nach st Rspr des BFH (grundlegend GrS BFH BStBl II 1983, 272/74; ebenso BFH BStBl 1988, 521; 1990, 539, s § 20 Rn 57ff (Möllenbeck)) derjenige, der das KapVerm gegen Entgelt zur Nutzung überlässt. Das ist derjenige, der die rechtliche und tatsächliche Macht hat, es entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen. Nach BFH BStBl II 1991, 38 sind, wenn ein typisch stiller Gesellschafter unentgeltlich einen Nießbrauch an seiner Beteiligung bestellt, ihm nach wie vor die Einkünfte zuzurechnen. Er "erzielt" die Einkünfte – also nicht der Nießbrauchsberechtigte. Der BFH BStBl II 1991, 38 begründet dies damit, dass § 20 Abs 1 Nr 4 EStG auf die Beteiligung abstellt, dh auf die Gesellschafterstellung, nicht auf die Abtretung von Gewinnansprüchen.
c) Einkünfte aus VuV
Rn. 135
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Einkünfte aus VuV sind demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand dieser Einkunftsart verwirklicht und dadurch Einkünfte erzielt (BFH BStBl II 1987, 322; Nießbrauchs-Erlass BMF v 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184 Rz 1), dh, wer die rechtliche und tatsächliche Macht hat, die in § 21 Abs 1 EStG genannten WG einem anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen (BFH BStBl II 1986, 605; BFH/NV 2004, 1075) bzw wer Träger der Rechte und Pflichten eines Vermieters ist (BFH BStBl II 1992, 506; Nießbrauchs-Erlass BMF v 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184 Rz 1. Diese Definition stimmt mit der oben genannten (s Rn 134) bei den Einkünften aus KapVerm überein. Dazu s § 21 Rn 106ff (Nacke).
Dies bedeutet: Bestellen Eltern ihren minderjährigen Kindern den Nießbrauch an einem Grundstück, sind die Einkünfte den Kindern zuzurechnen, wenn ua zu ihren Gunsten ein zivilrechtlich wirksames Nutzungsrecht begründet wurde, ein bloß obligatorisches Nutzungsrecht genügt ebenfalls (BFH BStBl II 1984, 366; 1986, 605; überholt BFH BStBl II 1969, 706). Zivilrechtliche Wirksamkeit bedeutet ua: Bei minderjährigen Kindern als Nießbrauchsberechtigte ist wegen §§ 1629 Abs 2, 1795 Abs 1 Nr 1 BGB idR ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) zu bestellen (BFH BStBl II 1981, 297; Nießbrauchs-Erlass BMF v 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184 Rz 4, 5). Das sollte nach BFH BStBl II 1995, 506 auch gelten, wenn das Vormundschaftsgericht die Bestellung des Ergänzungspflegers für nicht erforderlich hielt, was mE die Anforderungen überspannte (zutreffend daher Nießbrauchs-Erlass BMF v 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184 Rz 5: Ergänzungspfleger in diesem Fall nicht nötig; Kulosa in Schmidt, § 21 EStG Rz 84, 40. Aufl 2021 für Mietverträge).
Die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft während der gesamten Dauer des Nießbrauchs ist aber nicht nötig, nur für den Zeitpunkt der Bestellung ist sie erforderlich (BFH BStBl II 1981, 295; Nießbrauchs-Erlass BMF v 30.09.2013, BStBl I 2013, 1184 Rz 4).
Rn. 135a
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Ein Nießbrauch unter Widerrufsvorbehalt oder Befristung ist nur dann schädlich, wenn darin ein Eingriff in die Dispositionsbefugnis des Nießbrauchsberechtigten zu sehen ist (BFH BFH/NV 2004, 1079).
Rn. 136
Stand: EL 159 – ET: 08/2022
Der Nießbrauch kann ausgestaltet sein als (BFH BStBl II 1981, 299; s § 21 Rn 122 (Nacke)):
Netto-Nießbrauch |
Brutto-Nießbrauch |
Dh, Nieß... |