Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 561
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Zinsen aus Lebensversicherungen waren bis VZ 1974 keine Einnahmen aus KapVerm, da sie nach Ansicht des BFH v 20.02.1970, VI R 11/68, BStBl II 1970, 314 weder Ertrag einer Kapitalbeteiligung noch das Entgelt für die Überlassung von Kapital, sondern Rückzahlung im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses darstellten. Sie waren demzufolge nach Ansicht des BFH von den abziehbaren SA abzusetzen.
Durch das EStReformG v 05.08.1974 (BGBl I 1969) wurden als Nr 6 des § 20 Abs 1 EStG außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus Sparanteilen, die in Beiträgen zu Lebensversicherungen enthalten sind, der Besteuerung unterworfen. Die Vorschrift erfasst nach § 52 Abs 22 EStG 1984 die nach dem 31.12.1974 zugeflossenen Zinsen aus Verträgen, die nach dem 31.12.1973 abgeschlossen wurden. Die Zinsen unterliegen gemäß § 43 Abs 1 Nr 4 EStG der KapSt.
Eine Erweiterung der StPfl durch das SteuerreformG 1990 (BStBl I 1988, 224) wurde durch das Steuerreform-ÄnderungsG (BStBl I 1989, 251) wieder rückgängig gemacht.
Das StÄndG 1992 (BStBl I 1992, 146) brachte schließlich die Einschränkungen der Steuerfreiheit beim Einsatz von Lebensversicherungen iRd Finanzierung mit Wirkung v 14.02.1992.
Durch das JStG 1997 (BStBl I 1997, 1523) wurde ein S 3 eingefügt, wonach Zinsen aus sog "Gebrauchtpolicen" (unentgeltlicher Erwerb des Versicherungsvertrages von einem Dritten) der Besteuerung unterliegen. Der bisherige S 3 wurde zu S 4, der bisherige S 4 zu S 5.
Mit Urt BVerfG v 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618 hat das BVerfG die unterschiedliche Behandlung von Renten und Pensionen als mit dem GG unvereinbar angesehen. Infolgedessen wurde die steuerliche Behandlung von Altersbezügen im AlterseinkünfteG v 05.07.2004 (BGBl I 2004, 1427) neu geregelt. Dies wirkt sich iRd des § 20 Abs 1 Nr 6 EStG auf die Besteuerung von Erträgen aus Lebensversicherungen in Kapitalauszahlungsfällen und nur für den Erlebensfall aus. Die Neuregelung gilt gemäß § 52 Abs 36 EStG aF für Erträge aus nach dem 31.12.2004 abgeschlossenen Versicherungsverträgen (sog Neuverträge).
Durch das mit dem UntStRG 2008 (BGBl I 2007, 1912) eingeführte AbgSt-System wurde an der Erfassung der laufenden Erträge aus Lebensversicherungen grds nichts geändert, Abs 1 Nr 6 wurde lediglich um den S 3 ergänzt, der die Übermaßbesteuerung bei einem StPfl, der den Anspruch auf
eine Versicherungsleistung vom ursprünglichen Rechtsinhaber entgeltlich erworben hat, verhindert. Der bisherige S 3 wurde S 4. Im § 20 Abs 2 Nr 6 EStG wird unter den Veräußerungstatbeständen bestimmt, dass Gewinne aus der Veräußerung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen (Gebrauchtpolicen) zukünftig stpfl ist.
Mit dem JStG 2009 (BGBl I 2008, 2794) werden – im Hinblick auf die privilegierte Besteuerung von Lebensversicherungsverträgen – mit Einfügung des S 5 in § 20 Abs 1 Nr 6 EStG vermögensverwaltende Versicherungsverträge von den allg Besteuerungsregelungen für Versicherungsverträge ausgeschlossen; S 1–4 sind nicht anzuwenden. Weiterhin werden mit dem JStG 2009 in S 6 steuerliche Mindeststandards für die Anforderungen an die Risikoleistung aus einer Kapitalversicherung eingeführt.
Mit dem KroatienAnpG vom 15.07.2014 (BGBl I 2014, 1266) wurde in § 20 Abs 1 Nr 6 S 7 und 8 EStG der Zweiterwerb bestimmter Lebensversicherungen der Besteuerung unterworfen.
Durch das InvStRefG vom 19.07.2016 (BGBl I 2016, 1730) wurde in § 20 Abs 1 Nr 6 S 9 EStG eine teilweise Steuerbefreiung von Investmenterträgen bei fondgebundenen Lebensversicherungen eingeführt.