Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 227
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Neben Gewinnanteilen und Ausbeuten gehören auch sonstige Bezüge aus Anteilen der in § 20 Abs 1 Nr 1 EStG genannten Gesellschaften zu den Einnahmen aus KapVerm. Als sonstige Bezüge gelten alle Beträge, die die Gesellschafter einer noch nicht in Liquidation getretenen KapGes von dieser unbeschadet des Grund- oder Stammkapitals und ohne Verpflichtung der Anrechnung auf ihre Einlage erhalten, soweit sie nicht unter den Begriff der Gewinnanteile oder Ausbeuten fallen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die sonstigen Bezüge aus dem Bilanzgewinn, dh aus dem Jahresüberschuss, Gewinnvortrag oder den Rücklagen resultieren.
Handelsrechtlich ist die Haftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft auf das Grund- oder Stammkapital beschränkt. Dementsprechend dürfen Gewinne oder sonstige Bezüge nur ausgeschüttet werden, wenn das Vermögen die Haftsumme übersteigt (zB s § 30 Abs 1 GmbHG). Werden aber entgegen diesen handelsrechtlichen Schutzbestimmungen dennoch Gewinnanteile oder sonstige Bezüge aus dem Vermögen ausgeschüttet, sind sie gemäß § 20 EStG stpfl (s Rn 213). Maßgebend ist allein, dass Vermögen von der Gesellschaft auf den Gesellschafter übergeht und dabei die Anteilsrechte in ihrem Wesen unverändert bleiben (s RFH v 30.03.1933, RStBl 1934, 570).
Die sonstigen Bezüge können – im Unterschied zu den offen ausgeschütteten Gewinnanteilen – bereits vor Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung zufließen. Voraussetzung ist, dass die Auszahlung in Form einer Vorabausschüttung beschlossen wurde und die Gesellschafter über den Auszahlungsbetrag verfügen können. Übersteigt hingegen die Vorabausschüttung das tatsächliche Ausschüttungsvolumen für das abgelaufene Wj, entsteht eine Rückzahlungsverpflichtung des Gesellschafters, die nicht zu negativen Einnahmen, sondern zu einer Einlage im VZ der Rückzahlung führt (s auch BFH v 14.07.2009, BFH/NV 2009, 1815; BFH v 29.08.2000, BStBl II 2001, 173; BFH v 29.05.1996, BStBl II 1997, 92; BFH v 03.08.1993, BStBl 1994, 561).
Rn. 228
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Abgrenzung zwischen den sonstigen Bezügen gemäß § 20 Abs 1 Nr 1 EStG und den besonderen Entgelten oder Vorteilen gemäß § 20 Abs 3 EStG ist vorwiegend theoretischer Natur. Der Vorschrift in § 20 Abs 3 EStG wird nur klarstellende Bedeutung zur Abgrenzung der Zuflüsse nach Abs 1 beigemessen. Dem folgt auch die Rspr (BFH v 14.02.1984, BStBl II 1984, 580; v 11.02.1981, BStBl II1981, 465). Demzufolge ist der Begriff der sonstigen Bezüge aufgrund der Klarstellung in § 20 Abs 3 EStG weit auszulegen. Danach kommt es nicht auf die Bezeichnung der Erträge an; zu den Einkünften aus KapVerm zählen vielmehr alle Vorteile, die neben den in § 20 Abs 1 und 2 EStG bezeichneten Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden.
Zu den sonstigen Bezügen gehören gemäß § 20 Abs 1 Nr 1 S 2 u 3 EStG vGA (s Rn 282ff) sowie gemäß § 20 Abs 1 Nr 1 S 4 EStG Dividendenkompensationszahlungen (s Rn 444), nicht jedoch zurückgewährte Einlagen (s Rn 415).
Werden einem StPfl Nachzahlungsbeträge im Zusammenhang mit Anteilen an KapGes zugewiesen und ist die Rechtsnatur der Zahlungen nicht eindeutig erkennbar, hat die auszahlende Stelle im Zweifelsfall die Erträge als KapErtr iSd § 20 Absatz 1 Nr 1 EStG zu behandeln (s BMF v 19.05.2022, BStBl I 2022, 742 [Einzelfragen zur AbgSt] Tz 1).
Rn. 229–230
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
vorläufig frei