Rn. 1255

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Der Anspruch des Aktionärs auf Auszahlung des auf seine Beteiligung entfallenden Gewinns aufgrund des Gewinnverwendungsbeschlusses der Hauptversammlung kann veräußert und übertragen werden, auch wenn die den Gewinnanspruch vermittelnde Aktie nicht mitveräußert wird. Der Anspruch kann auch bereits vor seiner Entstehung durch den Gewinnverwendungsbeschluss als künftiger Anspruch übertragen werden. Entsprechendes gilt auch für den Anspruch auf Zinszahlung aus einer dazugehörigen Schuldverschreibung.

§ 20 Abs 2 S 1 Nr 2 S 1 EStG regelt

  • zum einen, dass der Gewinn aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts, wenn die dazugehörigen Aktien oder sonstigen Anteile nicht mitveräußert werden (§ 20 Abs 2 S 1 Nr 2 S 1 Buchst a EStG), und
  • zum anderen, dass der Gewinn aus der Veräußerung von Zinsscheinen und Zinsforderungen durch den Inhaber oder ehemaligen Inhaber der Schuldverschreibung, wenn die dazugehörigen Schuldverschreibungen nicht mitveräußert werden (§ 20 Abs 2 S 1 Nr 2 S 1 Buchst b EStG),

der Besteuerung unterliegen. Gegenstand der Besteuerung ist somit die Veräußerung des zivilrechtlichen Anspruchs auf einen Gewinnanteil oder den Zins und nicht die Veräußerung der Beteiligung an einer KapGes oder der Schuldverschreibung an sich.

Die Regelung des § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 S 1 EStG gilt auch entsprechend, wenn die dazugehörigen Anteilsrechte oder Schuldverschreibungen nicht in einzelnen Wertpapieren verbrieft sind (§ 20 Abs 2 S 1 Nr 2 S 2 EStG; s Rn 1297) sowie bei der Abtretung von Zinsansprüchen aus Schuldbuchforderungen (§ 20 Abs 2 S 1 Nr 2 S 3 EStG; s Rn 1299).

 

Rn. 1256

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

§ 20 Abs 2 S 1 Nr 2 EStG bewirkt eine Vorverlagerung der Besteuerung, diese bereits mit der Veräußerung des zivilrechtlichen Anspruchs auf einen Gewinnanteil oder den Zins und somit vor dessen Entstehung.

Sind die Zins- oder Dividendenansprüche hingegen bereits entstanden, so erfolgt eine Besteuerung alleine nach § 20 Abs 1 Nr 7 oder Nr 1 EStG.

 

Rn. 1257

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Systematisch führt die Veräußerungsbesteuerung des § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 EStG dazu, dass nicht der Anteilseigner bzw der ursprüngliche Inhaber des Zinsscheins die nach der Veräußerung entstehenden Dividenden bzw Zinsen zu versteuern hat, sondern der Erwerber. Ohne diese Regelung würde der Anteilseiger iSv § 20 Abs 5 EStG oder der ursprüngliche Inhaber des Zinsscheins die Dividende bzw die Zinsen zu versteuern haben, auch wenn die KapErtr diesem gar nicht mehr zufließen.

Die Regelung ist durchaus mit § 21 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG vergleichbar. Diese Vorschrift regelt den Fall der Veräußerung von Miet- und Pachtforderungen. In Vergleich zu § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 EStG geht § 21 Abs 1 Nr 4 EStG weiter, da hier auch die Miet- und Pachtzinsforderungen erfasst werden, die im Veräußerungspreis des Grundstücks mit enthalten sind, wohingegen iRd § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 EStG das Stammrecht bzw die Schuldverschreibung nicht mit veräußert werden darf.

 

Rn. 1258–1259

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

vorläufig frei

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