Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 1268
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
§ 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 2 EStG sperrt die Besteuerung nach § 20 Abs 1 EStG, soweit eine Besteuerung nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG erfolgt ist. Nach dem Wortlaut tritt somit an die Stelle der Besteuerung nach § 20 Abs 1 EStG die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes des Dividendenscheins oder des sonstigen Anspruchs nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG. Dadurch wird eine Doppelbesteuerung der Dividendenzahlung und zusätzlich des Veräußerungserlöses aus der Übertragung des Gewinnanspruchs vermieden.
Nur in Fällen, in denen vom Inhaber des Stammrechts der Veräußerungserlös nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a EStG zu versteuern ist, wird die Dividendenzahlung nicht mehr besteuert. Die Sperrwirkung des § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 2 EStG für die Besteuerung der Dividenden nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG nach der im Jahr 2013 geltenden Fassung tritt auch dann ein, wenn der Gewinn aus der Veräußerung der Dividendenansprüche nicht stpfl ist (BFH vom 15.11.2022, VIII R 21/19, BStBl II 2023, 567).
Rn. 1269
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Im Falle der beschränkten StPfl kommt es zu keiner Sperrwirkung des § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 2 EStG. Gewinne aus der Veräußerung von Dividendenansprüchen iSd § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a EStG begründen keine beschränkte StPfl des Veräußerers nach § 49 Abs 1 Nr 5 EStG. Denn § 49 Abs 1 Nr 5 Buchst a EStG verweist auf § 20 Abs 1 Nr 1 EStG und § 49 Abs 1 Nr 5 Buchst b EStG iVm § 43 Abs 1 S 1 Nr 10 EStG verweist lediglich auf § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst b EStG. Dem § 49 Abs 1 Nr 5 EStG ist keine Verweisung auf § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a EStG (auch nicht über § 43 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG) zu entnehmen. Das Ergebnis ist konsequent, da es hier an einer Nahebeziehung der Besteuerung zum deutschen Hoheitsgebiet (sog genuine link) fehlen dürfte.
Dagegen schließt § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 2 EStG die beschränkte StPfl nach § 49 Abs 1 Nr 5 iVm § 20 Abs 1 Nr 1 EStG nicht aus. Im Fall der beschränkten StPfl unterbleibt eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns eines Dividendenanspruchs beim Veräußerer, wo hingegen die Besteuerung der Dividende erfolgt. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 2 EStG ist dieser Ausschluss aber nur auf Fälle der tatsächlichen Besteuerung des Veräußerungserlöses beschränkt (auch s BMF vom 26.07.2013, BStBl I 2013, 939). In diesem Fall muss die Besteuerung beim Anteilseigner erfolgen (nunmehr auch s Buge in H/H/R, § 20 EStG Rz 456 (Oktober 2019)).
Rn. 1270
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Die Sperrwirkung des § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 2 EStG tritt nur dann ein, "soweit" es zu einer Besteuerung nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG gekommen ist. Diese Vorschrift bewirkt eine Vorverlagerung der Besteuerung. Diese erfolgt hier bereits mit der Veräußerung des zivilrechtlichen Anspruchs auf einen Gewinnanteil oder den Zins und somit vor dessen Entstehung. Das Merkmal "soweit" ist hier teleologisch auszulegen. Auf die Höhe des Veräußerungspreises des Dividendenscheins kommt es nicht an, soweit der Veräußerungspreis nach kaufmännischen Gesichtsprunkten gegeneinander abgewogen ist. Die Regelung ist nicht so zu verstehen, dass eine Besteuerung der Dividende in der Höhe zu erfolgen hat, in der die Dividende den Veräußerungspreis des Dividendenscheins übersteigt. Bei einer teilentgeltlichen Veräußerung erfolgt dagegen eine Aufteilung des Geschäfts in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil (dazu s Rn 1272).
Rn. 1271
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
vorläufig frei